Die bayerische Umweltministerin stellte am Freitag Vertretern aus der Politik und von Verbänden vor, wie die Bewerbung für einen Nationalpark verläuft.
Nichts ist in Stein gemeißelt! Das unterstrich Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) bei der Auftaktveranstaltung zu einem möglichen Nationalpark Frankenwald. Es gehe jetzt erst einmal darum, mit den vier Kandidaten-Regionen zu diskutieren. Vor Ort müssten sich die Menschen klar werden, ob sie den nächsten Schritt in diesem Prozess gehen wollen oder nicht. Aber selbst im Verlauf der folgenden Konzeptphase, die eine detailliertere Planung beinhaltet und im Juli eingeläutet werden soll, wäre ein Nein zum Park weiterhin problemlos möglich.
"Das Gemeinwohl profitiert wirklich in hohem Maß", ist Ulrike Scharf vom Konzept eines Nationalparks überzeugt.
Nachdem in Bayern seit 40, 50 Jahren nicht mehr über ein solches Schutzgebiet nachgedacht worden sei, sei der Vorstoß für einen dritten Park - es wäre der 17. in Deutschland - eine historische Entscheidung. Allerdings müsse jede Region für sich feststellen, ob sie dieses Angebot annehmen wolle. Was die Menschen bewegt - berechtigte Ängste wie auch vermeintliche Schwarzmalereien - sprach die Ministerin an, da sie diese auch aus den anderen Bewerbergebieten kannte. "Ein Nationalpark ist alles andere als eine Käseglocke", widersprach sie einem Vorurteil. Ein Nationalpark werde nach regionalen Bedürfnissen aufgestellt und solle den Menschen in die unberührte Natur bringen, ihn nicht aussperren.
Enteignungen soll es nicht geben
"Wir reden von Staatswald, nicht von Enteignung und nicht von Kommunalwald", führte sie weiter aus. Wenn jemand sich mit einem Kauf oder Tausch an einem Parkgebiet beteiligen möchte, werde das gerne geprüft. Doch niemandem werde sein Grund und Boden weggenommen.
Was Holzausfälle durch den stillgelegten Staatswald betrifft, so sieht Scharf durchaus Chancen, diese über den Privatwald zu kompensieren. Hier bot sie an, das Know-How aus dem Staatswald den privaten Waldbesitzern zur Verfügung zu stellen, um die Effizienz in deren Gebieten zu steigern und sie so zu unterstützen. Und was das nachgelagerte Gewerbe angehe, so starte ein Nationalpark sehr langsam in seine Entwicklung. "In den nächsten fünf, zehn, 15 Jahren würde das Thema Holzversorgung, gerade für die Region, kein Problem sein", versicherte Scharf.
Karl-Friedrich Barthmann, der Leiter des Referats Planungsstab, der aus dem Bayerischen Wald selbst zehn Jahre Praxisarbeit im Forst vorweisen kann, untermauerte die Aussagen der Ministerin. Die Kernzone eines Nationalparks umfasse 75 Prozent der anvisierten 10 000 Hektar. Diese würden aber aus einem kleinen Anfangsbereich über etwa 30 Jahre langsam entwickelt. In den Entwicklungszonen und später auch in den verbleibenden 25 Prozent Randzone sei menschliches Eingreifen zulässig. Im Kernbereich solle der Wald die Möglichkeit erhalten, seinen vollen Lebenszyklus zu durchlaufen.
"Privatwälder sind sicher"
Die Randzone gehöre auch zum Borkenkäfer-Management, das im Bayerischen Wald hervorragend funktioniere. "Der Schutz der Privatwälder ist sichergestellt", ist Barthmann fest überzeugt. Ein weiterer Aspekt: Unter anderem im Tourismus sei mit einem Zuwachs an Arbeitsplätzen zu rechnen.
Zum ersten Entwurf eines möglichen Gebiets für einen Nationalpark Frankenwald (siehe Seite 9) versicherte der Fachmann, dass es sich nur um eine grobe Überlegung handelt, wo sich ein solches Territorium ansiedeln ließe. Erst in der nächsten Phase müsste es im Detail definiert werden, um für die Region maßgeschneidert zu sein.
"Der Dialog ist hervorragend gestartet", freute sich Initiator MdL Jürgen Baumgärtner (CSU) über das sachliche Klima im Saal, als die Ministerin ihre Überlegungen vorstellte. Nun werde die Diskussion fortgesetzt. Am Ende, dafür plädierte er, müssten die Menschen die Entscheidung über ein Ja oder Nein zu einem Nationalpark treffen. Möglich wäre das aus seiner Sicht zum Beispiel durch einen Bürgerentscheid.
Welche Meinung hatten die Zuhörer? "War mir zu seicht" Klaus Siegelin (Bauernverband) : Während Kreisobmann Erwin Schwarz vor den Türen des Hotel Rebhan die Demonstranten anführte, hörte sein Stellvertreter Klaus Siegelin im Konferenzraum zu, was Umweltministerin Ulrike Scharf mitzuteilen hatte. "Die Veranstaltung war mir zu seicht", zog er ein skeptisches Fazit.
Ihm habe etwa gefehlt, dass klargemacht wird, wo die "vermeintlichen" Vorteile eines Nationalparks liegen sollen. "Es wurde nur über die Minijobs in der Tourismusbranche gesprochen. Entweder gibt es keine weiteren Vorteile oder es wurden keine genannt", sagte der Schweinebauer. Positiv bewertet er, dass Fragen beantwortet wurden, Scharf sei aber "noch einiges schuldig geblieben".
"Im Dialog bleiben"
Peter Hagemann (Forstbetriebsl.): Mit einem Nationalpark Frankenwald würde es Peter Hagemanns Beruf in der bisher existierenden Form nicht mehr geben. Entsprechend aufmerksam hörte der Leiter des Forstbetriebs Rothenkirchen zu, was die Ministerin erzählte. "Es war eine informative Veranstaltung aus der ich den ersten Entwurf der Planung mitgenommen habe", sagte Hagemann.
Er habe genau die Informationen erhalten, die er im Vorfeld erwartet hatte zu bekommen. "Die sind aber noch lange nicht ausreichend", sagte der Förster. Scharf brauche von den Staatsforsten noch Details zu den Holzmengen und den Gewinnen. "Die werden wir natürlich liefern und dann auch im Dialog bleiben", verspricht er.
"Etwas Klarheit"
Georg Konrad (WBV): Am Ende wurde der Vorsitzende der WBV Kronach-Rothenkirchen fast etwas philosophisch. "Ich denke es ist wichtig, dass man Informationen auch verarbeitet. Der Weg vom Kopf bis zum Herzen, bis man etwas auch emotional tragen und einbeziehen kann, ist ein sehr weiter", so Konrad.
Von der Veranstaltung nehme er mit, dass nun "etwas Klarheit" herrsche, was die Gebietseingrenzung betrifft, da erklärt wurde, welche Gebiete im Fokus sind. Von den anderen Punkten hingegen sei vieles schon über das Internet erfahrbar gewesen. Wichtig sei ihm aber auch die Versicherung gewesen, "dass der Privatwald nicht angegriffen wird, es sei denn, man will sich mit einbinden".
"Sind ergebnisoffen"
Michael Pöhnlein (Bürgermeister von Nordhalben): Es werde sicher noch einige Zeit dauern, ehe sich eine Meinung gebildet werden kann", sagte der Bürgermeister von Nordhalben. "Es war ein guter Dialog, jeder redet miteinander und das ist wichtig. Wir sind da ergebnisoffen."
Von der Veranstaltung habe er mitgenommen, dass die Konzeptphase die entscheidende ist. Ein ganz wichtiger Punkt ist für ihn, welche Folgen ein Nationalpark für die Holzindustrie hat. "Woher will man das Holz nehmen, das jetzt aus den Staatswaldflächen kommt", fragt er. Den Holzschlag in den Nachbarflächen zu erhöhen, um den Ertrag auszugleichen, halte er für ungeheuer schwierig. "Das alles zu ersetzten, wird interessant", so Pöhnein.
"Viele Zahlen"
Cordula Kelle-Dingel (LBV): "Es wurden sehr viele Zahlen über die Millionenbeträge genannt, die in die Infrastruktur und den Tourismus gesteckt werden sollen", fand Cordula Kelle-Dingel, die Kreisvorsitzende im Landesbund für Vogelschutz. Allerdings sei nicht genannt worden, welche Gelder in die wissenschaftliche Erforschung gehen sollen. Zudem habe ihr die Beurteilung der Voraussetzung der ökologischen Kriterien in der Region gefehlt.
Der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer warf die Frage auf, was mit dem Schwarzstorch passiere, wenn die Fichte wegen des Borkenkäfers als Brutort ausfalle. In anderen Regionen niste der Schwarzstorch zum Beispiel auch auf Buchen, hieß es als Antwort.
"Keine Verlierer"
Klaus Löffler (Landrat): Löffler betonte gegenüber der Ministerin, dass es keine Verlierer in und nach der Diskussion um einen Nationalpark geben dürfe. "Die Veranstaltung zeigt, wie wichtig es ist, dass alle Gruppen mit ihren berechtigten Fragen in den Prozess eingebunden werden."
Dass die Ministerin Chancen und Vorteile eines Nationalparks aufgezeigt hatte, wertete der Landrat als wichtigen Schritt. Ebenso bat er aber darum, dass sie auch die Bedenken aus der Diskussion mitnimmt. Löffler ist sich unter dieser Maßgabe sicher, dass der Frankenwald dann weiter am Dialog teilnehmen wird. Eines lag ihm dabei noch am Herzen: "Unsere Region braucht Zeit für eine Entscheidung."
Fragen von Zuhörern Ministerin Ulrike Scharf und ihre Mitarbeiter stellten sich 40 Minuten lang den Fragen der Diskussionsteilnehmer. Hier einige Auszüge aus ihren Antworten:
Werden die Industrie oder die Landwirtschaft im Kreis Kronach durch einen Nationalpark beeinträchtigt? Es gibt keine negativen Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in der Industrie. Aber durch eine Steigerung der Lebensqualität könnte die Region attraktiver als Wohnort für benötigte Fachkräfte werden. Auch auf die Landwirtschaft gibt es keine direkten Auswirkungen.
Wie ist es angesichts der Talsperre um die Wasserversorgung und die Trinkwasserqualität bestellt?Die Talsperre steht bei der Konzeption natürlich im Blick. Für derartige Anlagen besteht ein Bestandsschutz. Durch ein maßgeschneidertes Konzept ließe sich eine negative Beeinträchtigung des Trinkwassers verhindern.
Wird Thüringen sich an einem Nationalpark beteiligen?Thüringen wirkt "nicht unaufgeschlossen" gegenüber solchen Vorhaben. Eine mögliche Beteiligung im konkreten Fall müsste aber erst noch abgeklärt werden.
Wäre ein Biosphärenreservat nicht die bessere Maßnahme für den Frankenwald? Aktuell geht es um die Diskussion um einen Nationalpark. Wenn der Prozess abgeschlossen ist, kann man weitere Überlegungen vornehmen. Der Dialog dient auch als Anstoß, sich neue Gedanken über die Zukunft einer Region zu machen.
Wird ein Nationalpark die Wander- und Radwege kappen? Ein Nationalpark soll das Naturerlebnis auf verschiedenste Arten ermöglichen. Dafür wird auch einiges Geld in die Hand genommen. Im Bayerischen Wald gibt es beispielsweise 350 Kilometer Wanderwege und über 200 Kilometer Radwege im Park.