Im Kronacher Stadtrat wird es künftig eine andere Sitzverteilung geben. Während SPD und CSU Sitze verloren haben, konnten Freie Wähler, Frauenliste und auch die Grünen einen Erfolg verbuchen. Im Artikel finden Sie außerdem einen Kommentar von Alexander Löffler.
Während CSU und SPD bei der Stadtratswahl Verluste verzeichnen mussten, ist die Freude bei den kleinen Parteien um so größer. Jeweils zwei Sitze mussten die beiden großen Volksparteien abgeben. Profitiert haben auf der anderen Seite Freie Wähler, Frauenliste und auch die Grünen. Aber trotz der Verluste bei CSU und SPD, der Schmerz darüber hält sich in Grenzen.
"Mit dem Ergebnis war zu rechnen, wenn man keinen eigenen Bürgermeisterkandidaten als Zugpferd stellt", begründet CSU-Fraktionsvorsitzender Bernd Liebhardt den Verlust von zwei Sitzen. Dennoch ließ er keinen Zweifel daran, dass es die richtige Entscheidung gewesen sei, auf einen Bewerber um den Bürgermeistersessel zu verzichten. Dabei räumt er ein, dass es in der Partei durchaus zwei Meinungen dazu gegeben habe, wenngleich die Entscheidung am Ende einstimmig gewesen sei. "Geht es rein um den Parteierfolg oder darum, die Stadt weiter voranzubringen?", stellt Liebhardt eine Frage, die sich die CSU längst beantwortet hat.
Umstellung hilft kleinen Parteien
Deshalb wurde auch Amtsinhaber Wolfgang Beiergrößlein (FW) unterstützt. "Es geht nicht um des Kandidieren willens", erklärt der CSU-Fraktionsvorsitzende und sieht angesichts der guten Zusammenarbeit mit den Freien Wählern die Möglichkeit, "eine erfolgreiche Politik fortsetzen" zu können. "Mit welcher Begründung hätten wir auch sagen sollen, wir wollen Wolfgang Beiergrößlein nicht mehr?" Die CSU hat bekanntlich keine Gründe gefunden. Und laut Liebhardt hätten viele Wähler dafür Verständnis aufgebracht.
Dass die CSU jetzt Verluste einfahren musste, führt Liebhardt aber auch auf eine Umstellung bei der Berechnung der Sitzverteilung zurück, die nun kleinere Parteien bevorzugt. Das Ergebnis der Frauenliste und der Grünen ist laut Liebhardt ein Beleg dafür. Besonders ärgert er sich aber über die geringe Wahlbeteiligung von 58 Prozent (2008 waren es rund 64 Prozent): "Das bereitet mir Sorge", sei der Bürger doch bei einer Kommunalwahl direkt betroffen. Doch das ist eine andere Baustelle. Jetzt will sich Liebhardt mit seiner Partei darauf konzentrieren, Kronach weiterhin als gestaltende Kraft voranzubringen. Dabei geht er davon aus, dass Angela Hofmann (CSU) auch weiterhin Zweite Bürgermeisterin bleiben wird. "Sie ist und bleibt Zweite Bürgermeisterin. Es gibt überhaupt keinen Grund, das zu ändern."
So weit will Michael Zwingmann von den Freien Wählern (FW) jedoch noch nicht gehen. "Angela Hofmann macht einen guten Job. Deshalb ist es sicherlich vorstellbar, dass sie in ihrem Amt bleibt. Darüber werden wir aber in der neuen Fraktion erst reden müssen." Gleiches gelte für das Amt des Dritten Bürgermeisters, das derzeit Hans Simon (SPD) innehat.
Zwingmann freute sich auch noch einen Tag nach der Wahl über die gewonnenen zwei Sitze: "Das ist ein Erfolg unserer bodenständigen und sachorientierten Politik. Das geht bei uns vor Eigenprofilierung", so der Fraktionssprecher. Allein die Tatsache, dass seine Partei so viele Sitze hat wie die SPD, sei der Wahnsinn: "Darauf können wir stolz sein." Natürlich weiß Zwingmann, dass der Bürgermeister als Listenführer ein wichtiges Zugpferd gewesen sei. Nun gelte es, weiterhin zum Wohl der Stadt zu arbeiten. Trotz des Erfolges wollen die Freien Wähler nicht aufmüpfig werden: "Wir müssen weiterhin bedächtig agieren, denn die Zeiten werden nicht besser."
Bessere Zeiten hat auch schon die SPD gesehen, die wie die CSU zwei Sitze verloren hat. "Wir haben damit gerechnet, ein bis zwei Sitze zu verlieren. Einen hätten wir verschmerzt, der zweite tut uns aber schon weh", erklärt SPD-Fraktionsvorsitzende Marina Schmitt. Einen Sitz habe man an die Grünen abgeben müssen. Den anderen habe man nicht zuletzt deshalb verloren, weil die Freien Wähler auf ihrer Liste erstmals den amtierenden Bürgermeister als Zugpferd hatten.
Ein Zugpferd hatte die SPD in Bürgermeisterkandidat Sven Schuster eigentlich auch. Doch hier blieb der Effekt aus: "Er hat sein Bestes gegeben und viele Sympathien gewonnen. Aber die Wähler haben ihm das Vertrauen nicht geschenkt, weil er noch jung und relativ unbekannt ist. Aber das wussten wir. Er ist ein Aufbaukandidat. Und wenn er wieder antritt, wird er mit Sicherheit mehr Stimmen erhalten."
Ob es ein Fehler war, sich für einen so jungen Kandidaten zu entscheiden? "Nein. Wir haben bewusst auf ihn gesetzt, weil wir auch in die Zukunft blicken müssen", betont Marina Schmitt, die dabei sicherlich schon die nächste Bürgermeisterwahl 2020 im Hinterkopf hat. Was den Posten des Dritten Bürgermeisters betrifft, so hofft sie darauf, dass dieser weiterhin bei der SPD bleiben wird. "Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass sich daran nichts ändern wird." Allerdings schwingt eine gewisse Skepsis in ihrer Stimme mit, und sie verweist dabei auf die Unterstützung für Beiergrößlein durch die CSU: "Man wird sehen, was der Preis dafür ist."
Wunsch geht in Erfüllung
Ohne überheblich werden zu wollen, sieht Cilly Volk ihr Wahlergebnis und damit auch das der Frauenliste als Erfolg ihrer Arbeit in den vergangenen Jahren. "Das tut richtig gut", freut sie sich nicht zuletzt, dass sie künftig mit Angela Degen-Madaus eine Mitstreiterin neben sich sitzen hat. "Das war für mich ein sehr großer Wunsch." Es sei zu zweit viel leichter, Entscheidungen zu treffen. "Das war bislang nicht immer einfach. Ich habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen. Ich habe mir aber immer sehr viele Gedanken gemacht. Das hat auch richtig Energie gekostet." Umso dankbarer sei sie nun, dass sie nicht mehr die einzige Vertreterin der Frauenliste im Stadtrat ist. "Das ist eine große Bereicherung."
Groß ist die Freude auch bei Peter Witton (Grüne), der auch Montagvormittag noch völlig perplex über seine Wahl in den Stadtrat war. "Mein Ziel war es, dass wir mit einem Sitz im Gremium vertreten sind. Aber dass ich das sein werde, damit hätte ich nicht gerechnet." Eigentlich war er davon ausgegangen, dass Elisabeth Hoffmann den Sprung ins Gremium schafft, nun ist er es, der die Grünen in der neuen Wahlperiode im Kronacher Stadtrat vertreten wird. "Ich muss das erst einmal wirken lassen." Engagiert habe er sich nicht zuletzt wegen der Diskussion um den Verkauf der Frankenwaldklinik: "Wie sich dabei viele Politiker verhalten haben, das hat mich zutiefst geschockt." Deshalb will er sich im Rahmen der Gesundheits-, aber auch der Energiepolitik - wenn auch auf kleiner Ebene - intensiv einbringen. Nachdem der Arzt im August in Rente gehen wird, wird er seine Aufgabe ein Stück weit leichter in Angriff nehmen können. Sein Engagement beim Ausbau der Palliativversorgung im Landkreis Kronach soll darunter aber auf keinen Fall leiden.
Kommentar: CSU muss aufpassen
Dass die Freien Wähler vom Bürgermeister als Zugpferd auf ihrer Liste profitieren werden, war klar. Herausgekommen ist aber eine Konstellation, die unterm Strich weder der CSU als Unterstützerin Beiergrößleins noch der SPD, die jetzt nur noch genauso viele Sitze hat wie die Freien Wähler, gefallen dürfte.
Nur noch drei Sitze mehr hat die CSU, die ein gefährliches Spiel eingegangen ist. Möglicherweise hat es einen Deal zwischen der Union und den Freien Wählern gegeben. Frei nach dem Motto: Wir stellen jetzt keinen Kandidaten und unterstützen euch. Dafür verzichtet ihr im Gegenzug in sechs Jahren auf einen Bürgermeisterkandidaten. Natürlich ist das Spekulation, aber wohl durchaus denkbar.
Beiergrößlein wird es egal sein. Er kann in den nächsten und damit letzten sechs Jahren als Bürgermeister ruhig agieren, weiß er doch um eine breite Mehrheit in seinem Rücken. In dieser Zeit können die Freien Wähler ihr Profil weiter schärfen. Eine erfolgreiche Stadtpolitik wird in erster Linie dem Stadtoberhaupt zugesprochen. Welche Mehrheiten sich hinter den Entscheidungen verbergen, wird dem Bürger relativ gleichgültig sein. Die CSU wird angesichts dessen aufpassen müssen, dass sie das Heft des Handelns nicht aus der Hand gibt.
Sven Schuster, der für die SPD einen engagierten Wahlkampf geführt hat, wird in der neuen Wahlperiode weiter Gas geben, um bei einer erneuten Bürgermeisterkandidatur eine wesentlich bessere Ausgangsposition zu haben. Die CSU wird deshalb doppelt aufpassen müssen. Mit Angela Hofmann steht eine Kandidatin bereits in den Startlöchern. Ihr Wahlergebnis von 8629 Stimmen - nur Beiergrößlein hatte rund 340 Stimmen mehr - ist beeindruckend und zugleich ein Auftrag. Die Bürger trauen ihr definitiv mehr zu als "nur" das Amt der Zweiten Bürgermeisterin. Will sie ihren Vorsprung gegenüber Schuster nicht verlieren, wird sie sich stärker in den Vordergrund stellen und die Wortführung ihrer Fraktion im Stadtrat übernehmen müssen.
Und letztlich ist es nicht ausgeschlossen, dass auch die Freien Wähler in sechs Jahren einen Bürgermeisterkandidaten stellen werden. Absprachen hin und her - bis 2020 kann viel passieren. Aber das ist alles nur Spekulation.