Silke Wolf-Mertensmeyer: "Ich bin keine Super-Feministin"

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Silke Wolf-Mertensmeyer Foto: Corinna Igler
Silke Wolf-Mertensmeyer  Foto: Corinna Igler

Silke Wolf-Mertensmeyer, die neue Vorsitzende der Kronacher Frauenliste, hat mit uns über ihre Ziele und die Rolle der Frau gesprochen. Und dabei hat sie verraten, dass auch emanzipierte Frauen gute Ehefrauen sein können.

Seit einem Vierteljahr ist sie die neue Vorsitzende der Frauenliste Stadt und Landkreis Kronach: Silke Wolf-Mertensmeyer. Wir haben mit ihr über ihre neue Aufgabe und über das Bild der Frau heutzutage gesprochen.

Wie sind Sie denn überhaupt zur Frauenliste gekommen?
Silke Wolf-Mertensmeyer: Das war im Herbst letzten Jahres. Ich bin von einigen Vertreterinnen der Frauenliste damals auf das Thema Frankenwaldklinik angesprochen worden, weil ich durch meine Tätigkeit beim Bürgerpatientenforum die Kontaktdaten von Renate Hartwig hatte. Und irgendwie habe ich mich bei der Frauenliste sofort wohlgefühlt und deshalb spontan entschieden, mit der Frauenliste weiterzumachen.

Das ging dann ja ganz schön schnell, nach nicht einmal einem Jahr als Mitglied wurden sie Vorsitzende.
Ja, das war am 14. Juli.
Ich habe von Anfang an aktiv mitgearbeitet. Und dann bin ich angesprochen worden, ob ich mir nicht vorstellen könnte, den Vorsitz zu übernehmen, weil wir zur Entlastung der Mandatsträgerinnen Amt und Mandat trennen wollen.

Wollten Sie sich denn schon immer politisch engagieren? Und warum fiel Ihre Wahl ausgerechnet auf die Frauenliste?
Politisch interessiert war ich schon immer, habe das Geschehen in den Medien verfolgt. Und dabei habe ich auch gemerkt, dass es mit der Frauenliste eine Gruppierung gibt, die Themen kontrovers und mit viel Mut zur Diskussion bringt.

Streben sie selbst denn auch ein politisches Mandat an?
Wir werden sehen, wie sich das entwickelt. Ein politisches Mandat möchte ich nicht grundsätzlich ausschließen, letztendlich ist es ja die politische Arbeit, die uns begeistert.

Braucht es denn heutzutage noch eine Gruppierung, die nur aus Frauen besteht und sich für die Gleichberechtigung der Frau einsetzt oder ist das längst schon passiert?
Die Frauenliste ist ja ein Zusammenschluss politisch interessierter Frauen. Auch wenn sich in den vergangenen Jahren vielleicht schon Vieles verändert hat, ist es, denke ich, nicht verkehrt, wenn es noch den Zusammenschluss von Frauen noch gibt, um das Erreichte, wofür unsere Mütter gekämpft haben, zu erhalten. Wir müssen auch heute noch aufpassen, dass uns eben dies nicht abgesprochen wird oder wir einen Rückschritt erleben. Aber die Frauenliste steht ja nicht nur für die Gleichberechtigung von Frauen. Wir wollen auf die Weiterentwicklung von Stadt und Landkreis hinwirken, uns für das Gemeinwohl einsetzen und auf die spezifischen Belange in Stadt und Landkreis reagieren.

Was ist denn Ihr Ziel mit der Frauenliste?
Tragfähige Konzepte für eben diese Belange zu entwickeln, die nachhaltig sind. Wir wollen aber nicht zu fest an einem genau definierten Ziel festhalten, immerhin unterliegen wir einer ständigen Veränderung und wir sollten uns deshalb vorbehalten, flexibel reagieren zu können.

Und welches politische Ziel haben Sie persönlich?
Keine bestimmte Position, aber ich möchte schon, dass sich die Frauenliste mit meiner Führung in der Kommunalpolitik weiter etabliert. Und ich möchte die Mandatsträgerinnen so weit stützen, dass sie in den Gremien verstärkt gehört werden.

Wie kann das gelingen?
Ein respektvoller Umgang ist die Grundlage jeder Diskussion. Das scheint mir noch nicht in den Köpfen aller Politiker angekommen zu sein. Ich bin keine Super-Feministin, aber ich bin für Gleichberechtigung - egal ob von Frauen und Männern oder von beispielsweise Homosexuellen. Und dazu gehört es auch, dem anderen Respekt entgegen zu bringen.

Wir haben bereits darüber gesprochen, dass sich das Rollenbild der Frau schon verändert hat, dennoch gibt es immer noch nicht so viele Frauen in der Politik wie Männer. Woran liegt das?
Das ist richtig, der Kreistag besteht beispielsweise zu 80 Prozent aus Männern und nur zu 20 Prozent aus Frauen. Das war in der letzten Periode ein bisschen anders, damals gab es noch etwas mehr Frauen im Kreistag.
Ein Grund dafür ist die Mehrfachbelastung von Frauen. Sie sind von einem Selbstverständnis geprägt, für alle Bürger zuständig und verantwortlich zu sein. Außerdem ist die Unterstützung durch die Familie wichtig. Überholte Rollenbilder und die ungleichgewichtige Aufgabenteilung zwischen den Geschlechtern stellen nach wie vor erhebliche Barrieren dar. Und auch die Parteien selbst müssen sich diesem Thema widmen. Sie sprechen Frauen meistens erst dann an, wenn die Kandidatur dazu da ist, eine verfahrene Situation zu beheben oder wenn die Situation für die betreffende Partei ohnehin aussichtslos erscheint.Doch mit dieser Haltung, diese hochqualifizierten Frauen zur "Spielmasse" zu machen, vergeben sich die Parteien Chancen.

Und wie sieht es heutzutage mit der Integration von Frauen im Berufsleben aus?
Auch im Erwerbsleben ist es noch schwer, sich als Frau mit Kind zu integrieren, gerade wenn die Kinder im Kindergarten- oder Grundschulalter sind. Je älter die Kinder sind, umso besser ist eine Integration möglich, nur müssen die Frauen dann den Sprung wieder schaffen. Immerhin zieht das ja auch Folgen nach sich, beispielsweise was die Rente betrifft. Sogar was die Gehälter angeht, bekommen Frauen noch immer 22 Prozent weniger als ein Mann, der die gleiche Arbeit macht.

Was kann man tun, um diesen Zustand zu ändern?
Auf kommunaler Ebene ist das natürlich schwierig. Aber man muss den Frauen Mut machen, dass sie sich gegen diese Ungerechtigkeiten wehren, Frauen fordern ihre Rechte immer noch zu wenig ein.

Wie bringen Sie selbst Familie, Beruf und Ehrenamt unter einen Hut?
Ich habe die volle Unterstützung von meinem Mann. Er hat zwar gesagt, dass ich die Mehrarbeit, die durch das Ehrenamt auf mich zu kommt, alleine tragen muss, weil er beruflich sehr engagiert ist. Aber er freut sich, dass ich etwas zum gesellschaftlichen Leben beitrage. Und ich kann auf andere Hilfen zurückgreifen, was die Kinderbetreuung angeht. Mittlerweile ist meine Tochter im Kindergarten, vorher war sie in der Tagesbetreuung der Muki und so kann ich mich Familie, Arbeit und Ehrenamt widmen. Auch bei meinem älteren Sohn habe ich, als er klein war, in Teilzeit gearbeitet. Ich war schon immer eigenverantwortlich, habe die Initiative ergriffen. Wenn man als Frau zum Wohlstand der Familie beitragen kann, profitieren letztlich alle davon. Und es heißt nicht, dass emanzipierte Frauen nicht trotzdem gute Ehefrauen sein können (lacht).