Die Schüler der Klasse 4a der Mittelschule Windheim nehmen heute abend an der Gemeinderatssitzung teil. Sie wollen eine Fußgängerampel an der B 85.
Es kommt sicherlich nicht oft vor, dass Grundschüler bei einer Gemeinderatssitzung anwesend sind. Und es kommt noch seltener vor, dass ein Gremium über einen Antrag entscheiden wird, den Zehn- bis Elfjährige stellen. Und gerade das passiert am heutigen Dienstag um 19 Uhr in der Steinbacher Gemeinderatssitzung. Das Anliegen der Schüler der Klasse 4a der Mittelschule Windheim ist es, dass an der B 85 eine Fußgängerampel zur Querung der B 85 im Gemeindeteil Steinbach-Ort geschaffen wird. Dafür nehmen sie in Kauf, dass ihre Schule kein Spielgerät erhält. Einen entsprechenden und einstimmigen Beschluss fassten die Heranwachsenden im Unterricht.
Viele Lastwagen unterwegs
"Eine Ampel wär gut", meint Noah Ruß. Denn viele Steinbacher Kinder aus dem Ort müssen zur Schule "An der Wasserscheide" beziehungsweise zum Bahnhof laufen. Das sei gefährlich, da die Bundesstraße überquert werden müsse. "Die Sicherheit geht vor", meint Alexa Backer. Sie weist ebenso wie ihr Mitschüler Leo Vetter darauf hin, dass in Windheim vor allem ältere Kinder unterrichtet werden. Diese würden nicht jeden Tag ein Spielgerät, wie beispielsweise ein Klettergerüst nutzen. Man sollte auch bedenken, so Leo Vetter, dass es in Steinbach vor allem Grundschüler sind, die von Steinbach-Ort aus zu ihrer Grundschule in unmittelbarer Nähe des Rennsteigs laufen und dabei die B 85 überqueren müssen. Und auf dieser Straße fahren auch viele Lkws.
"Ich finde das faszinierend", ist die Klassenleiterin Silke Müller begeistert. Und: "Ich habe so etwas noch nicht erlebt, dass Schüler einen Antrag an einen Gemeinderat stellen!" Seit Jahren unterrichtet die Lehrerin Heimat und Sachunterricht (HSU). In der vierten Jahrgangsstufe geht es unter anderem darum, anhand von Beispielen die Bedeutung demokratischer Prinzipien wie Gleichberechtigung, Gleichheit, Rechte und Pflichten zu erläutern. Es geht auch darum, den Schülern demokratische Prozesse zu vermitteln. Was sind Wahlen, wie kommen politische Gremien zustande? Wie funktioniert eine Kommunalverwaltung etc.
In diesem Zusammenhang habe sie in ihrer Klasse eine Gemeinderatssitzung abgehalten, erklärte die Pädagogin. Der Klassensprecher fungierte als Bürgermeister, Schüler als Gemeinderäte oder auch als Mitarbeiter der Verwaltung. Diskutiert wurde in der Sitzung darüber, für welchen Zweck 10 000 Euro, die das Gremium zur Verfügung hatte, eingesetzt werden sollte. Es habe sich eine lebhafte Diskussion entwickelt, erinnert Müller. Angedacht war ein Spielgerät für die Mittelschule Windheim. Dann gab es aber den Einwand, dass im Steinbacher Gemeindeteil ab dem Rathaus in Richtung Norden keine Querungshilfe vorhanden sei. Fußgänger und Schüler, die auf der Westseite der B 85 wohnen und zur östlich der B 85 gelegenen Grundschule beziehungsweise Bahnhof laufen, müssen die stark frequentierte B 85 queren. Das sei mit Gefahren verbunden. Das Schülergremium kam schließlich einstimmig zu dem Beschluss: "Sicherheit geht vor Spielgerät!". Das Besondere sei nun, so Müller, dass die Viertklässler nach ihrer Beschlussfassung die Idee hatten, einen "richtigen Antrag" an den Bürgermeister Thomas Löffler und an seinem Gremium zu stellen.
Und dieser hat ein offenes Ohr. Er schlug vor, dass die Schüler die Gemeinderatssitzung besuchen sollten. Denn, so Bürgermeister Thomas Löffler, "ich finde es toll, dass sich Schüler in diesem Alter für Kommunalpolitik und kommunale Aufgaben interessieren!" Der Antrag stehe auf Punkt 1 der Tagesordnung, damit die Kinder auch rechtzeitig nach Hause kommen.
Auch seine Stellvertreterin Monika Barnickel freut sich über die seltenen Zuhörer. "Es ist wichtig, dass Kinder an kommunale Themen herangeführt werden!" Und sie erinnert an ihre Schulzeit. Damals blieben in der ehemals selbstständigen Gemeinde nach den Wahlen die Urnen in der Schule stehen. Ihr Lehrer habe am Tag nach der Wahl mit der Klasse Wahlen durchgeführt. Politische Diskussionen gab es auch im Elternhaus. "Das hat mich geprägt!". Die beiden Bürgermeister hoffen nun, dass sich der eine oder andere Schüler auch später kommunalpolitisch engagieren wird.
Für die Heranwachsenden der Klasse 4a ist das zurzeit kein Thema. Sie sind eher gespannt, ob der Gemeinderat ihren Antrag auf Errichtung einer Fußgängerampel zur Querung der B 85 im Verlauf der Ludwigsstädter Straße in Steinbach befürworten wird. Die Chancen dafür stehen gut. Und wenn es klappt, wird die Verwaltung den Antrag an die Straßenverkehrsbehörde im Landratsamt weiterleiten. Dann ist diese Behörde am Zug.