Beim zweiten FT-Frühschoppen in der Kronacher Rosenbergalm befassten sich Experten mit Aspekten der Wirtschaft im Landkreis Kronach. Vor allem ging es um Ausbildung. Ein Ergebnis: Geld ist nicht alles.
Perspektive ist wichtiger als reiner Verdienst. Auch Arbeitskräfte Ü50 werden immer relevanter. Und der Kreis Kronach kann mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis punkten. Das sind einige der Erkenntnisse des zweiten FT-Frühschoppens in der Kronacher Rosenbergalm.
Eine Quintessenz des ersten FT-Frühschoppens vor zwei Wochen war: "Das A und O sind Arbeitsplätze." Hier knüpfte die zweite Veranstaltung an. Roland Raithel (Unternehmenssprecher Loewe), Cornelia Thron (Kreisgeschäftsführerin des Caritasverbands Kronach), Franz Seuling (Personalleitung Dr. Schneider), Stefan Löffler, (Geschäftsführer des Kronacher Jobcenters) und Eberhard Kraus (Obermeister der Kronacher Metzgerinnung) diskutierten über die Arbeits-, vor allem aber Ausbildungssituation im Kreis. Die Moderation übernahm die Leiterin der Kronacher FT-Lokalredaktion, Corinna Igler.
Stefan Löffler vom Jobcenter sorgte für Übersicht: Heuer suchten 512 Bewerber im Kreis Kronach eine Stelle. Darauf kamen 680 Ausbildungsstellen. Am beliebtesten seien bei Männern technische Berufe, Frauen wollen oft soziale Berufe lernen. Beide Geschlechter eint: "wichtiger als Geld sind Entwicklungsmöglichkeiten", meinte Löffler.
Einer, der es schwer hat, seine Stellen zu besetzen, ist Metzgermeister Eberhard Kraus. "Das liegt auch am Image des Berufs: Metzger, Fleisch, Blut, Tod. Das aber beileibe nicht mehr passt", sagt Kraus. Das Schlachten sei nur ein kleiner Teil der Fleischerei-Industrie. Und dafür gebe es eigene Azubis. In der Metzgerei sei es "ein schönes Arbeiten", das auch Platz für Kreativität biete.
Kraus hat mittlerweile eine Auszubildende für den Verkauf gefunden - eine ehemalige Praktikantin. Sie hat eine Leseschwäche. Aber "dafür Interesse an der Arbeit, kann gut rechnen und hat einen Führerschein", sagt Kraus. Vor allem der Spaß am Beruf sei entscheidend. Fachkompetenz könne man lernen.
Auch für das kommende Jahr 2015 hat der Metzgermeister schon eine Auszubildende für den Verkauf gefunden. Allerdings: "In der Metzgerei selber habe ich seit zwei Jahren keine ernst zu nehmende Bewerbung mehr bekommen."
Leicht hat es auch das Kunststoffunternehmen Dr. Schneider nicht, wie Personalchef Franz Seuling erläuterte. Gesucht würden immer wieder Mechatroniker, Verfahrensmechaniker und Werkzeugmacher. "Auch die Fertigung leidet unter einem schlechten Image", pflichtete Seulner seinem Vorredner kraus bei. Das Klischee sei: viel Dreck und Lärm zu überschaubarem Lohn. Weil das nicht mehr der Fall sei, versuche man, gegenzusteuern: Eine Werbekampagne, die vor allem an Schüler adressiert ist, soll Vorurteile abbauen. Doch zur Verzweiflung sieht Seuling noch keinen Grund: Die mehr als 40 angebotenen Ausbildungsstellen seines Unternehmens seien heuer alle besetzt. Auch für das kommende Jahr sehe es gut aus.
Bedarfsexplosion in der Pflege Es gibt Berufe, die scheinen wenig zukunftsfähig. Im Pflegebereich ist das anders. "Wir haben jetzt 80.000 Fachkräfte in Deutschland, 2030 werden es 200.000" sein, prognostizierte Caritas-Kreisgeschäftsführerin Cornelia Thron im Rahmen der Diskussion. Weil die Pflegebranche "in einer Gesellschaft, in der keiner alt sein will" aber nicht übermäßig beliebt sei, lasse man sich einiges einfallen, so Thron.
Sie spricht von Quereinsteigern und verkürzten Ausbildungen, um die Stellen zu füllen. Investitionen in unterstützende Technik müssten es zudem möglich machen, so Thron, dass die körperliche Belastung in Pflegeberufen gesenkt werde. Dann könne der Beruf noch attraktiver gemacht werden. "Vor allem für ältere Arbeitskräfte über 50, die wir in Zukunft sicher benötigen werden", so Thron.
Wenig mehr als ein Jahr nach der Unternemenspleite stellt auch Loewe wieder Azubis ein. Für das kommende Jahr sind zwölf Ausbildungsplätze geschaffen und schon besetzt. Von 500 Mitarbeitern hat das Unternehmen 50 Auszubildende. Auch für hochqualifizierten Nachwuchs wie Software-Entwickler oder Wirtschaftsjuristen seien wieder Angebote dabei. Einstellungen verliefen noch "moderat und sehr bedacht. Aber es geht in die richtige Richtung", sagte Unternehmenssprecher Roland Raithel.
Den Weg in die Zukunft des Unternehmens beschreibt Raithel als einen "zwischen Kontinuität und Wandel". Unter der neuen Unternehmensführung werde auf internationale Partnerschaften im operativen Geschäft - etwa mit einem großen chinesischen Anbieter - gesetzt.
Was macht Betriebe attraktiv? Geld mag ein entscheidender Faktor bei der Stellensuche sein. Aber der Wichtigste? Nein, glaubt Franz Seuling. Der Personalchef meinte bei der Diskussion, ein gutes Betriebsklima sei ebenso wichtig: "Die Angst vor dem großen Arbeitgeber muss verschwinden." Nur durch angenehmen Dialog käme ein gutes Arbeitsklima zustande. Und das sei wichtig, um Berufe für den nachwuchs attraktiv zu machen. Aber auch, um langjährige Kräfte - und damit ihre Expertise - im Betrieb zu erhalten oder neu zu gewinnen.
Das Vorurteil, dass Pflegekräfte schlecht verdienten, entkräftete Cornelia Thron: "Es hängt vom Arbeitgeber ab. Wohlfahrtsverbände zahlen nach Tarif. Andere nicht." Mit 1028 Euro Basisgehalt steigt bei der Caritas ein Auszubildender ein. Eine Pflegefachkraft verdiene nach zehn Jahren mehr als 3000 Euro.
Abschließend fragte Moderatorin Corinna Igler in die Runde, welche die Argumente dafür seien, gerade im Kreis Kronach einen Beruf zu ergreifen. "Weil's einfach schön ist", meinte Stefan Löffler lächelnd. "Durch den Frankenwald wandern, das ist ein Traum", fügte Kraus hinzu. Franz Seuling verwies auf die Heimatverbundenheit von Dr. Schneider und guten Perspektiven im Unternehmen. Außerdem sei: "Der Euro in Kronach mehr wert als der Euro in München."