Politiker im Kreis Kronach müssen bald Flagge zeigen

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Die Diskussion um den Frankenwald als möglicher Nationalpark wird in den kommenden Wochen vor allem die Kreispolitiker berühren. Im Juli sollen die vier Bewerberregionen Stellung nehmen, ob sie in die nächste Planungsphase eintreten möchten. Foto: Archiv
Die Diskussion um den Frankenwald als möglicher Nationalpark wird in den kommenden Wochen vor allem die Kreispolitiker berühren. Im Juli sollen die vier Bewerberregionen Stellung nehmen, ob sie in die nächste Planungsphase eintreten möchten.  Foto: Archiv

Wird der Landkreis Kronach in die nächste Phase der Nationalpark-Bewerbung eintreten? Darüber könnte eventuell der Kreistag entscheiden.

Die Frage, ob der Frankenwald einen Nationalpark bekommen soll oder nicht, hat eine emotionale Diskussion ausgelöst. Zwischen allem Pro und Kontra müssen die Parteien ihre Positionen finden; schon in einigen Wochen geht es ja darum, ob der Frankenwald in die nächste Phase der Planungen eintritt. Und dabei dürften die politischen Vertreter des Landkreises ein entscheidendes Wort mitreden.

Momentan läuft die so genannte Dialogphase. In deren Kern stand zunächst der Besuch von Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) am vergangenen Freitag in Neukenroth. Dort gaben sie und ihre Fachreferenten den Vertretern von Vereinen, Verbänden, Institutionen und Kommunen einen Einblick über die Situation und eine erste Grobplanung für einen Nationalpark an die Hand.


Grundsatz der Freiwilligkeit

Weiterhin soll die Stimmungslage in der Region ausgelotet werden. Der Landrat und die Bürgermeister könnten in solchen Fällen wichtige Ansprechpartner vor Ort für sie sein, meinte die Ministerin. In dieser Phase gelte der Grundsatz der Freiwilligkeit. "Wir machen ein Angebot, wir eröffnen eine herausragende Perspektive - aber wir zwingen zu nichts."

Das gilt auch für den folgenden Abschnitt: die Konzeptphase. Im Juli soll bei den vier Bewerberregionen (Frankenwald, Spessart, Rhön, Donauauen) abgeklopft werden, ob sie diesen Schritt mit dem Freistaat gemeinsam gehen wollen. Auch das verpflichtet die Bewerber zu nichts. Am Ende kann die Region immer noch abwinken - ohne dass Kosten entstanden sind.

Doch worum geht es in der Konzeptphase? In diesem Schritt werden die bestehenden Überlegungen viel stärker ins Detail geführt. Der erste Plan für ein mögliches Parkgebiet soll dann auf die Gegebenheiten vor Ort maßgeschneidert angepasst werden, wie die Fachleute vom Ministerium in Neukenroth unterstrichen. Das bezieht sich auf die betroffene Fläche ebenso wie auf Fragen der Infrastruktur (zum Beispiel Schutz der Trinkwasserversorgung durch die Talsperre).


Der entscheidende Schritt

Erst wenn auch diese Phase absolviert wurde und eine Region grünes Licht aus München erhält, muss sie sich verpflichtend zur Teilnahme am Projekt oder zur Ablehnung des Vorhabens erklären. Für den Frankenwald brachte Initiator MdL Jürgen Baumgärtner (CSU) hierfür einen Bürgerentscheid in die Diskussion ein. Doch bis dahin ist der Weg noch weit.

Zunächst muss sich der Landkreis erst einmal klar darüber werden, ob überhaupt in die Konzeptphase eingetreten wird. Wer diese Entscheidung trifft, ist gar nicht einmal so einfach. Das Landratsamt wurde von der Staatsregierung bisher noch nicht in den Prozess einbezogen, weshalb zurzeit noch keine Aussage der Behörde dazu möglich war.


Keine konkrete Regelung

Auf Nachfrage bei Baumgärtner war zu erfahren, dass es hierfür keine konkrete Regelung gibt. Der Abgeordnete hat aber eine Idee: "Ich werde dem Landrat vorschlagen, dass der Kreistag entscheiden soll." Für eine Entscheidung mit solcher Tragweite brauche es eine möglichst breite politische Basis - "auch wenn dieser Schritt weder ein Ja noch ein Nein zum Nationalpark bedeutet." Zunächst bleibe aber abzuwarten, ob der Landrat seinem Vorschlag überhaupt folgen werde.

Auch ein Sprecher des Umweltministeriums nahm am Mittwochabend auf unsere Anfrage noch Stellung: "Zum Ende der Dialogphase hin wird gemeinsam mit den im jeweiligen Landkreis politisch Verantwortlichen zu bewerten sein, wie es um die Voraussetzungen für einen dritten Nationalpark steht und ob die Bereitschaft zur Fortsetzung des Verfahrens in der Region gegeben ist. Es ist das Ziel des Umweltministeriums, im Juli eine Entscheidung durch den bayerischen Ministerrat herbeizuführen, mit wem der Dialog zum dritten Nationalpark fortgesetzt wird."




Stimmen der Kreispolitiker

Bernd Liebhardt (CSU): Die CSU-Kreistagsfraktion wird sich in den kommenden Tagen treffen, um ihre Marschroute in der Nationalpark-Frage abzustimmen. Eines sei aber klar: "Wir bleiben bei einem sachlichen Kurs - und ergebnisoffen! Dazu gehört aber auch, dass man nicht von vornherein dagegen ist." Es wäre fahrlässig, die Diskussion vorzeitig abzuwürgen, so Liebhardt. Eine Totalablehnung vor einem Dialog könne es nur geben, wenn ein Projekt völlig absurd oder konzeptlos wäre. Das sei beim Nationalpark nicht der Fall. Das Vorhaben könnte vielmehr eine echte Chance für die Region sein. Also werde sich die CSU mit Ruhe und Sachlichkeit in die Gespräche einbringen und danach eine Entscheidung treffen.

Richard Rauh (SPD): Demonstration und die Infoveranstaltung der Ministerin - für Richard Rauh, Fraktionsvorsitzender der SPD, war der Freitag wichtig, um Informationen zu bekommen. Doch dabei höre man nur Leute, die komplett dafür oder dagegen sind. "Doch die Wahrheit liegt in der Mitte", meint Rauh. Bevor die Fraktion übernächste Woche über dieses Thema diskutieren will, will Rauh mit verschiedenen Interessensgruppen reden. "Ich bin mir sicher, dass es am Ende keine einstimmige Meinung in den Fraktionen geben wird." Er selbst sei momentan hin- und hergerissen und wolle nun die Gespräche abwarten. "Irgendwann müssen wir alle Farbe bekennen. Das dürfen wir nicht auf die lange Bank schieben."

Stefan Wicklein (FW): Die Freien Wähler müssten heute einen Schritt weiter sein, wenn es darum geht, wie sie sich in der Frage nach einem Nationalpark positionieren. Gestern Abend fand dazu ein Treffen von Kreistagsfraktion, Kreisvorstand und Vertretern der Fraktion aus dem Bayerischen Landtag statt, das aber erst nach Redaktionsschluss endete. "Es gibt Leute, die finden, dass es eine gute Idee ist, und andere, die finden es nicht so gut", erklärt Wicklein die Stimmungslage in den eigenen Reihen vor dem Gespräch. In der öffentlichen Diskussion versuche derzeit jeder, seine Interessen zu wahren, so sein Eindruck. "Deshalb darf man jetzt nicht aus dem Bauch entscheiden, sondern muss sachlich bleiben."

Edith Memmel (Grüne): "Was mich nachdenklich stimmt, ist, dass viele verschiedene Umweltorganisationen sagen, dass der Steigerwald und der Spessart für einen Nationalpark viel präsenter und vom Baumbestand her viel günstiger wären", sagt Edith Memmel, Kreisvorsitzende der Grünen. Doch welche Chancen sieht sie für einen Nationalpark Frankenwald? "Ich denke, das zu sagen, ist noch zu früh. Dafür brauchen wir noch mehr Informationen." Für sie ist es jetzt besonders wichtig, offen mit den Landwirten darüber zu reden. Bei einem Treffen der Partei am Sonntag wolle man alles noch einmal genauer bereden und auch den Vorschlag des Bundes Naturschutz in Sachen Biosphärenreservat diskutieren.

Petra Zenkel-Schirmer (FL): Die Kreisrätin der Frauenliste findet es bedauerlich, wie die Diskussion um den Nationalpark derzeit geführt wird. "Man hat das Gefühl, dass sich Pro und Kontra gegenüberstehen und der Streit eskaliert", so Zenkel-Schirmer. Die Frauenliste spreche nun mit Personen aus beiden Lagern. "In erster Linie aber mit den Gegnern wie Leuten, die Wald besitzen und sich Sorgen machen", erklärt sie. Für einen Nationalpark spreche eine Aufwertung des Frankenwaldes. "Wir befinden uns gerade in einer Phase, in der wir Pro und Kontra abwägen. Anfang Juli gibt es die nächste Sitzung der Frauenliste, erst dann werde entschieden, ob man für den Eintritt in die Konzeptionsphase ist.

Björn Cukrowski (FDP): Wie in der Bevölkerung sei ein möglicher Nationalpark Frankenwald auch in seiner Partei umstritten, sagt der FDP-Kreischef Björn Cukrowski. "Ganz so toll wie das Projekt immer dargestellt wird, ist es nicht." Daher müsse jetzt ergebnisoffen in die Konzeptionsphase eingetreten werden. "Ob daraus etwas wird oder nicht, steht auf einem ganz anderen Blatt." Dabei müssten alle Fragen, die bislang aufgeworfen wurden, auf den Tisch kommen. Es brauche nun einen konkreten Konzeptvorschlag. "Damit man weiß, worüber man spricht. Bis jetzt ist es ja eher nebulös", meint Cukrowski. Er begrüßt die Idee, eine endgültige Entscheidung per Volksentscheid treffen zu lassen.