Pastoralreferent: Glaube kann greifbar und einfacher sein

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Franz von Assisi (rechts) prägt als Figur aus der Bibel nicht nur Hans Löffler persönlich, sondern die Jugendarbeit im Haus am Knock. Foto: Sarah Dann
Franz von Assisi (rechts) prägt als Figur aus der Bibel nicht nur Hans Löffler persönlich, sondern die Jugendarbeit im Haus am Knock.  Foto: Sarah Dann

Hans Löffler hat Theologie studiert, ist dann aber doch kein Pfarrer geworden. Der 57-Jährige arbeitet als Pastoralreferent. In den vergangenen 19 Jahren hat er seine "pastoralen Ansätze", von denen er gerne spricht, im Jugendbildungshaus Am Knock in Teuschnitz verwirklicht.

Fast 20 Jahre arbeitet Hans Löffler schon im Jugendbildungshaus Am Knock. Er war Bauleiter und ist Heimleiter und Seelsorger zugleich. Hin und wieder denkt der "Hausherr" auch daran, wie es im Ruhestand weitergehen wird. Bis zu seiner großen Auszeit begegnen dem Mann mit den pastoralen Ansätzen aber noch einige Schülergruppen, die er prägen darf.

Herr Löffler, warum sind Auszeiten so wichtig?
Zum einen geht es darum, zur Ruhe zu kommen, wieder aufzutanken. Zum anderen aber auch darum, Zeit zu haben, träumen zu können, Visionen entstehen zu lassen ... oder darum, dass was man tut, nochmal zu reflektieren und gegebenenfalls korrigieren zu können. Und durch die Auszeiten wieder dem, was wir Gott nennen, näherzukommen.

Sie sind als Heimleiter mit organisatorischen Aufgaben betreut. Wie viel Zeit bleibt für den Pastoralreferenten in ihnen?
Ich mach' da keine großen Unterschiede. Ich hab Theologie sicherlich nicht mit dem Gedanken studiert, ein Jugendhaus aufzubauen. Aber nach meinen neun Jahren in Kulmbach wurde Jugendarbeit immer wichtiger, und dann kam die Diözese Bamberg auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich dieses Haus in Teuschnitz aufbauen möchte. Wenn ich auf die 20 Jahre zurückblicke, war das ein durchgehend pastorales Projekt. Es hat gut getan, dafür Theologie studiert zu haben.
Ich möchte den Leuten hier den Rücken stärken, ich möchte ihnen Materialen und Hilfen mit auf den Weg geben, die sie daheim in ihren Pfarreien umsetzen können. Wir wollen das, was wir hier machen, nicht für uns behalten.

Was sind das für Leute hier?
Das ist ein spannender Punkt, den man in der Seelsorge immer wieder beachten sollte. In Kulmbach habe ich viel mit Realschülern und Gymnasiasten zusammengearbeitet. Als ich hierher gekommen bin und den Knock aufgebaut habe, haben viele mitgeholfen, die die Hauptschule abgeschlossen und eine Lehre angefangen haben, ... die konnten anpacken, die haben mitgemacht. Als das Haus fertig war, als es um Inhalte ging, waren sie plötzlich weg.
Als ich sie gefragt habe, warum, haben sie geantwortet: Dazu brauchst du jetzt die Schlauen, wir waren die Arbeiter. Da wurde mir klar, diesen jungen Leuten muss die Kirche helfen, die Phase zwischen Schule und Beruf zu überbrücken.

Gab es einen Meilenstein in ihrer Knock-Laufbahn?
Ein Meilenstein war sicher, dass unser Altbischof Karl Braun den Knock unter seine Fittiche genommen hat. Alles andere war wirklich ein Prozess. Und: Ich bin da sehr froh drum.
Zunächst war ich Bauleiter, dann durfte ich die Inhalte gestalten. Wir waren mit den Jugendlichen auf der Suche nach einer Figur in der Kirchengeschichte, die ihnen viel zu sagen hat und sind schnell auf Franz von Assisi gekommen.

Warum ausgerechnet diese Figur?
Weil vier inhaltliche Punkte gepasst haben: Gemeinschaft - auch heute ein sehr wichtiges Thema, denn das Reden wird immer weniger. Das Zweite ist der geschwisterliche Umgang mit der Schöpfung, den wir auch im Haus umsetzen wollen. So wie einen einfachen Lebensstil. Und wir wollen den Jugendlichen helfen, einen Platz in der Kirche zu finden. Jugendliche dürfen sich ruhig Zeit dafür nehmen. In diesen Situationen da zu sein, Wege aufzuzeigen oder nur mitzugehen, das finde ich eine sehr pastorale Geschichte.

Ist es für Sie eine Chance oder eine Herausforderung, dass Teuschnitz als strukturschwache Gegend kämpft?
Eine absolute Chance. Ich sehe das Haus für die Region als einen Segen. Mir wurde am Anfang auch immer wieder gesagt, "du bist doch ein Spinner und des wird hier nie was". Manchmal war's auch so. Ich hatte Phasen, in denen ich am liebsten auf und davon wäre. Gerade deshalb wünsche ich der Region Leute, die Durchhaltevermögen beweisen. Mittlerweile hat der Knock jährlich fast 12 000 Übernachtungen. Das Haus kann ein Leuchtturm für die Region sein.

Ein Leuchtturm, der noch größer werden soll?
Wir haben ein wunderschönes Haus mit wunderschönen Gruppenräumen und einer faszinierend guten Küche. Was ansteht, ist der Bettentrakt, der vor 20 Jahren gebaut wurde. Damals waren Gemeinschaftszimmer und -bäder ganz normal. Das hat sich verändert. Fast alle Jugendhäuser haben in Richtung Appartements mit Bad im Zimmer umgebaut. Das wird für mich nochmal eine Aufgabe, damit der Knock für die Zukunft gerüstet ist.

Was macht "ihren" Knock aus?
So ein Haus muss auf drei Säulen stehen: Das Essen muss gut, das Haus sauber, und das Personal nett sein.

Tut die Vorstellung weh, den Knock irgendwann abzugeben?
Ja klar. Herzblut ist immer noch da, und die Arbeit mit Jugendlichen hält jung. Aber ja, der Gedanke an Ruhestand kommt auch so langsam auf. Ich möchte sicher nicht hier in der Gegend bleiben, sonst kriege ich den Gedanken ans Haus nicht los. Inzwischen tut es aber nicht mehr weh. Ich hab seit vier, fünf Jahren mein Workaholic-Leben abgelegt. Es ist was Schönes, wenn man sich sein Haus bauen, mit Inhalten füllen und seine Mitarbeiter aussuchen durfte. Viele Leute sind von Anfang an dabei, das wird sicherlich in zehn Jahren nochmal anders werden, wenn Leute kommen, die "nur" hier arbeiten.

Wie schwierig ist es, cool zu sein?
Also ich bin ja noch ein Mensch, der sein Abitur mit Rechenschieber gemacht hat. Ich muss ehrlich sagen, die Computerwelt ist nicht meine. Unsere jungen Leute verlernen das Reden, so wie sie das Rechnen in den letzten Jahrzehnten verlernt haben.
Im sportlichen Bereich zeige ich den Jugendlichen aber zum Beispiel noch ganz gerne, dass ich mithalten kann. Auf Fahrradtouren zum Beispiel bin ich ihnen dann ganz nah. Manchmal muss man einfach nur Weggefährte sein, sich Zeit lassen, nicht immer gleich eine Lösung finden. Nicht immer gleich eine Antwort haben. Wirken lassen, was man von den Jugendlichen erfährt. Vieles muss ich gar nicht verstehen. Jeder Lehrer muss bis zu seinem 65. Lebensjahr mit den Schülern zurechtkommen. Hier ist das ähnlich, und das geht auch ganz gut und es macht auch immer noch Spaß.

Sehen Sie die sozialen Medien als Chance für den Glauben?
Ich denke, man darf die Augen davor nicht verschließen. Mein Gott, wir werben auch übers Internet. Das gehört einfach dazu. Kinder und Jugendliche wachsen damit auf. Ob es die große Werbegeschichte für Glauben ist, da bin ich mir nicht ganz so sicher. Das wird man sehen müssen.

Ist Kirche "am Bröckeln"?
Die traditionelle Kirche, was wir mit dem Gottesdienstbesuch am Sonntag kennen, die ist gewaltig am Bröckeln. Ich erlebe viele Jugendliche, die zu diesen Formen kaum mehr einen Weg finden. Ich denke, wenn wir es hier am Knock schaffen, dass die Jugendlichen sich am Abend eine Viertelstunde Zeit nehmen, um still zu werden, mal zu überlegen, was war heute gut, was schlecht, für was darf ich Danke sagen, bei wem muss ich mich auf dem Weg ins Bett vielleicht noch entschuldigen, wenn wir es dann noch hinbekommen, ein Vater Unser zu beten, um damit nochmal dem lieben Gott zu danken, ist das eine ganze Menge.
Manchmal macht es mich traurig, wenn ich sehe, dass die Jugendlichen hier eine Woche gute Erfahrungen mit dem Glauben machen, aber ich nicht weiß, wo sie in der Gemeinde mit ihren Erfahrungen andocken dürfen? Ich habe aber auch keine Lösungen. Früher war man Ministrant und ist in der Gemeinde gewachsen. Diese Geschichten sind einfach weg. Nichtsdestotrotz: Wenn junge Leute spüren, dass da einer ist, der sich Zeit für sie nimmt - auch wenn er schon auf die 60 zugeht - kann man da Türen öffnen. Wie es mit Kirche weitergeht, ich bin gespannt.