Ab 2018 soll die Versicherungsvermittlung neu geregelt werden. Bankkaufmann Christian Schwalb erklärt, welche Auswirkungen das auf uns Verbraucher hat.
Die Vertreter der Versicherungsbranche sind aufgewühlt: Ab 2018 soll die Versicherungsvermittlung neu geregelt und die EU-Richtlinie
IDD umgesetzt werden (siehe Infokasten). Ende März befasst sich der Bundestag mit der neuen Richtlinie. Für die mehr als 46 000 Versicherungsmakler in Deutschland würde der aktuell diskutierte Gesetzesentwurf massive Veränderungen bedeuten, weshalb die Branche dagegen mobil macht.
Christian Schwalb, gebürtiger Kronacher, Bankkaufmann und Gründer des Kronacher Finanz- und Versicherungsmaklers BSC machte nun mit einem Facebook-Post an mehrere Bundestagsabgeordnete auf die Probleme von IDD aufmerksam. Gemeinsam mit seiner Branchen-Initiative (
www.zukunftfuerfinanzberater.de) und dem Afw, Bundesverband-Finanzdienstleistung, versucht er diese Positionen den am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Mandatsträgern zu vermitteln. "Ich habe Bedenken, dass sich die Bundestagsabgeordneten mit dem Umfang dieses Gesetzes nicht tiefgreifend befassen und dann etwas ,durchwinken', bei dem sie sich der Tragweite, vor allem auch für den Verbraucher, nicht ganz bewusst sind", erklärt Christian Schwalb seine Initiative.
Die Versicherungsvermittlung soll 2018 neu geregelt werden. Was verbirgt sich dahinter?Christian Schwalb: Die EU ist bestrebt, die Vertriebssysteme in Europa besser zu harmonisieren. Aus diesem Grund soll knapp zehn Jahre nach der letzten Änderung der Versicherungsvermittlerrichtlinie, die IDD in deutsches Recht umgesetzt werden. Der deutsche Gesetzgeber will diese Änderung außerdem dazu nutzen, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Stärkung der Honorarberatung in die Tat umzusetzen.
Ihre Branchenverbände kritisieren den Gesetzesentwurf massiv und mobilisieren deutschlandweit alle Versicherungsvermittler. Können Sie uns einige Kritikpunkte etwas näher erläutern?Seit Jahren haben wir in Deutschland im Bereich der Versicherungsvermittlung eine Dreiteilung der Vertriebswege.
Im Vorfeld eines Beratungsgesprächs muss dem Kunden die jeweilige Basis der erbrachten Dienstleistung dargelegt werden. Es gibt aktuell den
Versicherungsvertreter: Er ist an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen gebunden und verfügt über eine eingeschränkte Produktauswahl. Derzeit sind circa 220 000 registriert.
Daneben gibt es den
Versicherungsmakler, der als "Sachwalter des Kunden" handelt und ungebunden die Interessen des Kunden gegenüber Versicherern vertritt. Er kann entweder vom Versicherer (Provisionen) oder vom Verbraucher direkt (Honorar) vergütet werden. Davon gibt es circa 46 000.
Der Dritte im Bunde ist der
Versicherungsberater, der zur außergerichtlichen Rechtsvertretung von Verbrauchern berechtigt ist. Seine Dienstleistung beschränkt sich ausschließlich auf die Beratung des Verbrauchers. Er vermittelt keine Produkte und wird ausschließlich vom Verbraucher vergütet. Circa 300 sind registriert.
Und was soll sich nun ändern?Dieses über Jahre gewachsene System will der Gesetzgeber nun neu ordnen: Um die Honorarberatung zu stärken, soll eine Provisionsbindung eingeführt werden. Jeder Versicherungsvermittler muss sich dann ab Februar 2018 für eine Form seiner Vergütung entscheiden.
Entweder kann er nur noch von Versicherungsunternehmen vergütet werden, oder ausschließlich auf Honorarbasis arbeiten, was einen der wesentlichen Kritikpunkte in diesem Gesetzgebungsverfahren darstellt.
Was würde diese Änderung denn für mich als Verbraucher bedeuten?Konkret würde die aktuelle Gesetzesvorlage bedeuten, dass der Versicherungsmakler in seiner Berufsausübung künftig nicht mehr frei sein wird. Er kann nicht mehr im bestmöglichen Interesse des Verbrauchers handeln, weil er durch die gesetzliche Provisionsbindung bestimmte Produkte, die nur gegen Honorar zu vermitteln sind, gar nicht vermitteln kann. Er müsste also einen Kunden bei einer gewünschten Honorarberatung, an einen Wettbewerber weiterempfehlen, sollte er sich für die Vergütung auf Provisionsbasis entschieden haben.
Gibt es noch weitere Kritikpunkte, die den Verbraucher betreffen?Aktuell wird noch eine generelle Beratungspflicht des Versicherungsunternehmens im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt. Dies würde nach aktuellem Stand die Aufhebung des Kundenschutzes für einen Versicherungsmakler bedeuten. Und zu einer gesetzlich verpflichtenden Doppelberatungspflicht von Verbrauchern führen, sofern man Kunde eines Versicherungsmaklers ist.
Das heißt konkret? Stellen Sie sich vor, Sie lassen sich morgen in einem Autohaus beraten und müssen im Nachgang vom Autohersteller noch einmal gesetzlich verpflichtend beraten werden - ist das noch gelebter Verbraucherschutz?
Welche Probleme sehen Sie bei der vom Gesetzgeber als Musterlösung favorisierten Honorarberatung?Das Problem liegt darin: Es werden künftig zahlreiche Versicherungsvermittler nur noch als Versicherungsberater agieren und sich vom Verbraucher vergüten lassen wollen.
Hierfür gibt es keinerlei Regelungen, wie es bei Steuerberatern oder Rechtsanwälten heute üblich ist.
Was wünschen Sie sich vom deutschen Gesetzgeber?Ich wünsche mir, dass sich der Gesetzgeber bei der Umsetzung der IDD auf die auf europäischer Ebene definierten Regelungen beschränkt, und diese nicht unnötig ausweitet. Ich wünsche mir auch, dass die Tätigkeit des Versicherungsmaklers, in seiner heutigen Form bereits Inbegriff des Verbraucherschutzes, geschützt bleibt.
Nur er kann als Sachwalter des Kunden gegenüber Versicherern agieren. Dabei sollte er in seiner Form der Vergütung frei bleiben. Ich bin für eine transparente Darlegung der Kosten eines Finanzproduktes, aber für eine freie Gestaltung der Vergütungsform. Wenn der Gesetzgeber die Honorarberatung in Deutschland stärken will, dann sollte er diese auch den 46 000 registrierten Versicherungsmaklern ermöglichen und nicht nur den 300 registrierten Versicherungsberatern.
Die Fragen stellte
Lisa KieslingerHans Michelbach will neue Richtlinie sauber aufarbeitenDer Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach (CSU) kann verstehen, dass die Versicherungsbranche wegen IDD aufgewühlt ist. "Heute habe ich in der Arbeitsgruppe darauf hingewiesen, dass die neue Richtlinie vom Wirtschaftsausschuss in den Finanzausschuss wechseln soll", erklärt Michelbach. Er ist seit 2009 Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion des Finanzausschusses.
Der Wirtschaftsausschuss könne eine fachliche Beratung nicht garantieren. "Die Kollegen tun sich mit diesem Thema schwer. Zudem sind wir für das gesamte Versicherungsaufsichtswesen zuständig. Wir wollen mehr fachliche Kompetenz in die Diskussion bringen. " Denn bisher sei das Thema fachlich nicht gut vorbereitet gewesen. "Wir drängen darauf, dass alles rund um das Thema IDD zu uns kommt."
Demnächst soll mit der Bundeswirtschaftsministerin darüber geredet werden. Ob jetzt Ende März über die neue Richtlinie im Bundestag beraten wird, ist laut Michelbach fraglich. "Wenn wir im April oder Mai die Schlussberatung machen, würde das auch noch ausreichen." Denn es gibt noch einige Fragen zu klären: Was ist marktkonform? Was kann der Versicherungsbranche zugemutet werden und was ist überhaupt zugelassen?
Gemeinsam mit einem Sachverständigen und der Finanzbranche soll eine gängige Lösung gefunden werden. "Wir wollen keine Hektik reinbringen, sondern das lieber sauber mit dem Gutachter abwickeln."