Meckernd kommt man nicht weit

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Susanne Daum arbeitet in Kronach und lebt im Teuschnitzer Ortsteil Rappoltengrün. Foto: Sarah Dann
Susanne Daum arbeitet in Kronach und lebt im Teuschnitzer Ortsteil Rappoltengrün.  Foto: Sarah Dann

Susanne Daum ist Diplom-Sozialpädagogin, Politikerin und Wahl-Fränkin. Vom Niederrhein verschlug es die 47-Jährige der Liebe wegen in den Frankenwald. Jetzt ist sie aus der Rappoltengrüner Bürgerschaft nicht mehr wegzudenken. Sie erzählt, was sie alles ändern will.

Nach Teuschnitz und noch ein bisschen weiter. Dort, im kleinen Örtchen Rappoltengrün lebt Susanne Daum mit ihrer Familie. Zum Gespräch haben wir sie aber in Kronach getroffen. Dort arbeitet sie beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF). Das ist aber nicht ihre einzige Beschäftigung ... Ihr Tag hat zwar auch nur 24 Stunden, ihre Energie reicht aber für über 40 Stunden Arbeit in der Woche. Susanne Daum "lebt jetzt und hier, nicht hinten oder vorne". Diese Euphorie trägt sie durch sämtliche Posten ...

Was hat sie denn nach Rappoltengrün verschlagen?
Mein Mann ist dort geboren, dort steht sein Elternhaus. Ich komme eigentlich vom Niederrhein, aus Nordrhein-Westfalen,  ... ganz weit weg ...

Und wie lange sind Sie schon hier?
In Oberfranken seit 1995, da haben wir geheiratet, in Rappoltengrün seit 2000. Durch die Familienbindung ist man da schnell verwurzelt. Unsere beiden Kinder sind ja auch hier geboren.

Würden Sie nochmal wegziehen?
Nö. Auf keinen Fall.

Jetzt sind sie ja im Stadtrat, ...
Das ist fei noch nicht alles.

Dann zählen Sie mal auf.
Also ich bin im Pfarrgemeinderat, dann bin ich in Rappoltengrün für die Kirche verantwortlich, also quasi die Mesnerin. Dann bin ich stellvertretende CSU-Vorsitzende und im Kreisvorstand ... also keine Langeweile.

Welches Amt liegt Ihnen am meisten am Herzen?
Der Stadtrat. Weil es da einfach wirklich um die Belange der Stadt geht und man was entscheiden - Richtungen festlegen - kann.

Und wie kam es dazu, dass Sie die 625-Jahr-Feier federführend mit organisiert haben?
Ich bin durch den Stadtrat im Festausschuss. Der Festausschuss muss sich noch ums Altstadtfest und alle möglichen Sachen kümmern, deshalb hat sich da noch so ein Extra-Ausschuss entwickelt. Ich mach so was gerne. Ich hab auch die Dorffeste in Rappoltengrün organisiert und dann hat sich das alles so ergeben ...

Dorffest, das klingt ja urig. Wie viele Einwohner gibt's denn dort?
Paar 40  ...

Genießen Sie es, dass man sich auf dem Land "halt kennt"?
Einerseits finde ich es ganz schön, andererseits gibt's halt so die Eingesessenen, die manchmal auch ein bisschen auf Abstand gehen. Das ist dann eine eigene Mentalität, aber ich will das gar nicht bewerten. Ich bin eben der Typ, der gerne auf Leute zugeht, wenn das aber jemand nicht will, dann ist das so. Aber generell kann man in Teuschnitz viel mit Leuten reden. Das hat sich auch beim Fest gezeigt. Wenn man erstmal anfängt, verselbstständigt sich das Ganze ...

Mittlerweile sind sie ja von den Leuten in den Stadtrat gewählt. Gab es am Anfang irgendwie Schwierigkeiten, anzukommen?
In Teuschnitz weniger, in Rappoltengrün schon eher. Als Zugezogene (Anm. d. Red.: ...lacht...). Aber ich sag immer: So, wie ich auf die Leute zugehe, so kommt es auch zurück. Wenn ich garstig bin, dann sind's die Leute auch. Aber ich bin da einfach anders. Ich bin ja auch Sozialarbeiterin ... (lacht noch einmal) ... und ich rede ja auch gerne und viel.

Bei der 625-Jahr-Feier haben Sie mit anpacken müssen. Wann ging es mit den Vorbereitungen los?
Im Januar. Was am Anfang ganz zäh war, war das Vorhaben, Kostüme auszuleihen. Eigentlich ist Teuschnitz ja eine Faschingshochburg. Aber erst nachdem die ersten beim Ausleih waren, hat sich die Idee verselbstständigt. Wir hatten immerhin über 150 Kostüme.

Man muss also erst Input liefern?
Auf jeden Fall. Man muss da erst so ein bisschen schieben und Ideen präsentieren ... ein bisschen auf dem Silbertablett. Und dann macht es irgendwann "klick".

Jetzt gilt Teuschnitz ja auch als eher strukturschwache Gegend...
Ich meine, sehen tun wir das auch mit den leer stehenden Häusern - und wir wissen es auch. Man sieht's an der Schule, die für 600 Schüler gebaut wurde und jetzt nur noch 68 Schüler hat. Das ist natürlich der Hammer. Insofern muss man überlegen, was man macht. Dadurch, dass unsere Bürgermeisterin super vernetzt ist und immer wieder Projekte an Land zieht, entwickelt sich Teuschnitz gut. Wir müssen nach Alternativen suchen.
Das ist zwar schwierig, weil manche Leute immer noch sagen, das wird doch eh nix, aber wenn wir gar nichts machen, dann können wir gleich einen Zaun drum ziehen und sagen, das war's. Das kann nicht sein ...

Teuschnitz hat also Potenzial?
Ja. Da sind genügend, die was machen wollen, die eine Perspektive sehen. Gerade mit dieser einen Woche "Lichtblicke"... Weil man etwas sehen konnte, gab es unglaublich viele Diskussionen in der Stadt. Immer nur drüber reden, das bringt nichts. Wenn man sieht, dass sich was tut, ändert sich auch die Einstellung der Leute. Da braucht es welche, die vorangehen.

Was wird jetzt umgesetzt von all den positiven Anstößen?
Als nächstes steht die Ausschreibung des Architekten-Wettbewerbs an. Die 625-Jahr-Feier war ein guter Aufhänger - war zwar viel und anstrengend - aber für mich war das jetzt auch ein Startschuss.

Können Sie sich Urlauber in Teuschnitz vorstellen?
Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Meine Eltern machen hier ja quasi auch Urlaub und sagen, wie schön es hier ist. Ich denke, es kommt drauf an, was man draus macht. Es gibt ja nicht nur die Arnika-Akademie, sondern auch genügend in der Region. Man muss sich überlegen, welche Pakete man schnürt.

Ist das nicht manchmal schwierig, selbst so viel zu geben, während andere sich gar nicht einsetzen?
Es gibt immer die Meckerer, die nichts machen. Aber ich habe so eine freie Schnauze, ich sage auch mal: Entweder ihr macht mit, dann können wir was verändern, oder ihr haltet den Mund. Ich rechne das nicht auf. Das bringt nichts. Meckern kann ich immer, aber da muss man auch ein Stück weit drüber stehen.

Ist da auf Landkreis-Ebene irgendwas anders?
Wir wollen den Kreis Kronach generell voranbringen. Es fehlen ja nicht nur in Teuschnitz Einwohner. Mir ist der soziale Wohnungsbau wichtig. Also die fehlenden Wohnungen für die Leute, die nicht viel Geld haben. Ich frage mich schon: Wo sollen die Leute denn hin? Oder: Was soll eine alte Dame in einem Dorf, in dem es keine Einkaufsmöglichkeit gibt? Das Thema Wohnungen ist mit Sicherheit erkannt, aber ich sehe noch keine Entwicklung.
In Teuschnitz haben wir ganz aktuell gesehen, was wir bewerkstelligen können, wenn wir nur wollen. Ich hoffe, dass diese Euphorie anhält. Jetzt müssen die Leute erkennen, dass es sich lohnt, (Frei)Zeit und Energie in die Heimat rein zu stecken.