Marter steht für Glück und Wohlstand

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Zu einem Erinnerungsfoto an die Wiederaufstellung der Marter stellten sich (v. r.) Johann, Heinrich und Edeltraud Fischer-Weiß mit Tochter und Bildhauer Heinrich Schreiber. Fotos: Archiv Roland Graf
Zu einem Erinnerungsfoto an die Wiederaufstellung der Marter stellten sich (v. r.) Johann, Heinrich und Edeltraud Fischer-Weiß mit Tochter und Bildhauer Heinrich Schreiber. Fotos: Archiv Roland Graf
Aufsatz mit Bildnische und Sandsteinrelief der alten Marter von 1707
Aufsatz mit Bildnische und Sandsteinrelief der alten Marter von 1707
 

Eigentlich sollte nur eine Sandsteinmarker abgebaut werden. Doch dann decken Baggerfahrer einen großen Fund auf.

Die Sandsteinmarter im südlichen Ortsteil von Dörfles ist in alten Kartenwerken verzeichnet. Bei der Neuanlage von Plänen war ihr Standort ordnungsgemäß in die neuen Pläne übernommen worden, so dass für jeden ersichtlich war, dass sich dort ein historisches Denkmal befand. Umso überraschter war ich deshalb im Juli 1980 über einen Telefonanruf vom Stadtbaumeister Messelberger, dass die Marter in Dörfles unverzüglich abzubauen sei, denn die Straße werde verbreitert und ein Standstreifen angelegt.
Die Baufirma sei vor Ort und wolle mit der Arbeit beginnen. Aber stehe die "Marter im Weg". Was nützte mein Argument, dass wohl jemand den Plan falsch gelesen habe, denn sonst wäre es nicht zu dieser plötzlichen Eile gekommen.
Um die Angelegenheit zu klären, nahm ich von meiner Dienststelle Überzeitfrei und begab mich vor Ort. Mit Einverständnis des Besitzers, der Familie Fischer-Weiß in Dörfles, erklärte ich mich bereit, den Abbau zu organisieren und von Bildhauer Heinrich Schreiber ausführen zu lassen. Gleichzeit vereinbarte man, eine Renovierung in Auftrag zu gegeben. Der Vorschlag wurde angenommen und die Marter in ihren Einzelteilen nach Kronach ins Atelier transportiert. Beim Abbau kam es zu einer Überraschung, als der Baggerfahrer der Anweisung nachkam und mit der Baggerschaufel tiefer ins lose Fundament eingriff. Denn zum Vorschein kam der fast unbeschädigte Aufsatz einer älteren Marter, den man als Rollierung in das Fundament geworfen hatte.
Auffallend bei diesem Zufallsfund war eine, in die Vorderseite eingetiefte Nische mit einem rundbogigen Abschluss. Beim Anblick des alten Steines mit seiner Nische äußerte der Besitzer Fischer-Weiß, dass er ein Sandsteinrelief verwahre, das genau in diese Nische passen müsste. Umgehend nahmen wir das Relief in Augenschein und waren erfreut, dass die Aussage des Besitzers zutraf. Die Relieftafel zeigt eine Marienkrönung und als Stiftungsjahr die eingemeißelte Jahreszahl 1707.
Diese neue Erkenntnis führte zu einer Richtigstellung der bisher vorherrschenden Altersbestimmung. So darf man festhalten: Die heutige Marter verkörpert zwar den Stil des 18. Jahrhunderts, ist aber erst im 19./20. Jahrhundert geschaffen worden. Lediglich der Sockel könnte noch von der ersten Marter stammen. Mit großer Wahrscheinlichkeit stammen Schaft, Kapitell und Aufsatz von Bildhauer Matthäus Burger aus Friesen, der ähnliche Martern, unter anderem in Friesen, geschaffen hat, die zur Typologie herangezogen werden können.
Ebenso interessant ist die Beobachtung, dass sich hier in den Darstellungen und in der Inschrift am Pfeilerschaft ein Ereignis widerspiegelt, das sich hier zugetragen hat. Die Überlieferung berichtet davon, dass Vorfahren der Familie Wich-Fischer-Weiß im Umfeld der Marter ein weinendes Findelkind wahrnahmen. Als die Suche nach der Mutter des Kindes erfolglos blieb, entschloss sich die Familie, das Findelkind anzunehmen. Hatte man bis zu diesem Zeitpunkt wenig Glück in der Familie und in der Landwirtschaft, so änderte sich dies fortan. Alles was man unternahm, war vom Glück begünstigt und die Familie kam zu Wohlstand. Als sichtbares Zeichen der Dankbarkeit ließ man anstelle der ruinös gewordenen Marter aus dem Jahre 1707 die heutige anfertigen und widmete sie der Heiligen Familie.
Die Inschrift am Schaft: "Zur Ehre der Heiligen Familie errichtet", darüber am Aufsatz das Relief mit der Hl. Familie und seitlich demütige Stifter unter dem Kreuz bekräftigen die mündliche Überlieferung, die heute noch in der Familie Fischer-Weiß lebendig ist. Mit Freude verfolgten Besitzer und Heimatpfleger die Wiedererrichtung der renovierten Marter im Jahre 1981, wie sie in unmittelbarer Nähe des alten Standortes ihren angestammten Platz wieder einnahm.