Loewe-Roboter sind per Mausklick zu haben

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Auf dem Online-Flohmarkt Ebay-Kleinanzeigen verkauft ein Zwischenhändler seit Mitte November Maschinen, die zuvor in der Verpackungsstrecke von Loewe eingesetzt wurden. Foto: Marian Hamacher
Auf dem Online-Flohmarkt Ebay-Kleinanzeigen verkauft ein Zwischenhändler seit Mitte November Maschinen, die zuvor in der Verpackungsstrecke von Loewe eingesetzt wurden.  Foto: Marian Hamacher

Auf einem Online-Flohmarkt sind seit gut einem Monat Maschinen zu finden, die zuvor vom TV-Hersteller Loewe genutzt wurden. Dabei wollen die beiden potenziellen Investoren die Produktion schon bald wieder hochfahren.

Ein CD-Ständer, der aussieht wie eine alte, englische Telefonzelle: 10 Euro. Ein regenfester Bundeswehr-Schlafsack mit Überzug und Ärmeln: 100 Euro. Ein blaues Yamaha-Motorrad, das gerade einmal 60 Kilometer auf dem ledernen Buckel hat: 4990 Euro. Angebote, die es in einer solchen Kombination wohl nur an einem Ort gibt. Auf dem Flohmarkt. Oder aber der digitalen Version davon.

Wer seine Suche auf dem Online-Portal Ebay-Kleinanzeigen auf Angebote im Kronacher Stadtgebiet eingrenzt, kann sich theoretisch durch fast 7000 Anzeigen klicken. Interessante, kuriose, witzige - oder überraschende. Etwa, wenn auf dem Bildschirm plötzlich Teile des ehemaligen Arbeitsplatzes auftauchen.

So erging es in den vergangenen Wochen vermutlich einigen der gut 400 entlassenen Angestellten des insolventen Kronacher TV-Herstellers Loewe. "ABB-Industrie-Roboter IRB 6400/S/2.9-120 S Knickroboter" heißt es ein wenig umständlich in der Artikelbeschreibung. Preis: 7490 Euro. Mehr als drei Meter dürfte der beigefarbene Hydraulikarm, der auf dem Bild zu sehen ist, sicher groß sein. "Hierbei handelt es sich um einen Roboter für das Umsetzen der TV-Geräte", erklärt ein ehemaliger Loewe-Mitarbeiter, der lieber anonym bleiben möchte.

Keine kuriose Ausnahme

Eine kuriose Ausnahme ist der Roboter in den Ebay-Kleinanzeigen nicht. Wie an seinem alten Arbeitsplatz in der Industriestraße ist der Roboter auch auf dem Portal umringt von seinen ehemaligen metallenen Kollegen. Daher hält es der ehemalige Loewe-Mitarbeiter für unwahrscheinlich, dass in Kronach wieder eine Produktion anlaufen kann. Abgegeben wurden nach Informationen unserer Redaktion bislang allerdings keine für die Produktion benötigten Maschinen, sondern lediglich solche, die Teil der Verpackungsstrecke waren. Darauf eingehen wollte die Kanzlei des Insovenzverwalters Rüdiger Weiß auf FT-Anfrage zwar nicht, bestätigte aber, dass tatsächlich "ein Teil des Sachanlagevermögens verkauft" wurde.

Dabei handele es sich um Geräte, an denen keiner der potenziellen Investoren Interesse bekundet habe. "Wir haben uns von allen mitteilen lassen, was sie denn gerne haben würden, sofern der Deal mit ihnen zustande käme", erklärt ein Sprecher des Insolvenzverwalters. "Und nur bei den Sachen, die bei niemandem auf der Liste standen, haben wir dann schon die Verwertung eingeleitet."

Noch kritischer als möglicherweise fehlende Produktionsmittel beäugt der ehemalige Loewe-Mitarbeiter jedoch die mittlerweile durch die Kreisstadt schwirrenden Zeiträume, nach denen auf dem Loewe-Gelände schon wieder erste Produkte vom Band rollen sollen. Schon nach drei Monaten will der chinesische Elektronikkonzern Hisense wieder Geräte ausliefern. Jedenfalls dann, wenn er den Zuschlag erhält und Loewe übernehmen darf. Rund 100 Mitarbeiter würden dafür wieder eingestellt werden, kündigte Hisense an (wir berichteten).

Am Montag zog auch der auf Zypern und in der Slowakei ansässige Mitbieter Skytec mit. Dieser kündigte in einer Pressemitteilung an, in Kronach mit der Arbeit an neuen Produkten sogar schon wenige Wochen nach einer erfolgreichen Übernahme beginnen zu wollen. Das Beteiligungsunternehmen plant dafür, mehr als 30 Arbeitsplätze zu schaffen (wir berichteten).

So kurzfristig könne eine Produktion allerdings gar nicht anlaufen, ist der ehemalige Loewe-Mitarbeiter überzeugt. Weder in wenigen Wochen noch in drei Monaten. "Das ist technisch und logistisch gar nicht möglich." Ganz so pessimistisch ist Jörg Schlüchtermann nicht. "Ich kenne das genaue Konzept natürlich nicht, aber von außen betrachtet klingt das von den Rahmenbedingungen her sehr plausibel und nicht wie ein völlig abenteuerliches Unterfangen", sagt der Inhaber des Lehrstuhls für Produktionswirtschaft und Industriebetriebslehre an der Universität Bayreuth. Eine Produktion innerhalb von drei Monaten wieder hochzufahren, sei dennoch "sportlich".

Alte Kooperation als Vorteil

Entscheidend sei, welche Produkte hergestellt werden sollen. "Wenn es auf einer Komponentenbasis passiert, ist es bei der Fernsehproduktion schon möglich, auch innerhalb eines kurzen Zeitraums wieder produktiv tätig zu sein", erklärt der 58-jährige Professor. Beginnen dürfe man die frisch anlaufende Produktion also etwa nicht mit einer Reihe von Fernsehern, sondern mit einzelnen Komponenten.

Zuliefererprodukte müssten dann möglichst selbst zur Verfügung gestellt und Mitarbeiter eingestellt werden, die schon vorher angestellt waren. Im Fall von Hisense sieht er den Vorteil, dass der Elektronikkonzern seit 2013 bereits eine Kooperation mit Loewe hat. "Die wissen also, was Loewe kann und was dort bisher gemacht worden ist."

Stellt sich nur die Frage, wie viele Mitarbeiter für solch ein Vorhaben nötig wären? Reichen 100 aus? "Wenn für eine bestimmte Produktreihe zentrale Komponenten gefertigt werden können, dann geht das schon", meint Schlüchtermann. "Hisense will ja auch einen Teil seiner Forschung nach Kronach verlegen. Es ist ein typischer Prozess, dass man die Aktivitäten schrittweise ausbaut."

Sechs Jahre lagen beim Kronacher Traditionsunternehmen zwischen der ersten und der zweiten Insolvenz. Nicht nur entlassene Loewe-Mitarbeiter dürften sich fragen, wie lange es dauert, ehe ein ähnlicher Schritt zum dritten Mal bevorsteht? Wie realistisch ist es, dass Loewe tatsächlich dauerhaft auf die Beine kommt? "Wenn sie einen sehr finanzkräftigen Partner an ihrer Seite haben, der auch wirklich die Idee hat, dass die Marke Loewe wieder aufblüht, dann ist das schon möglich", sagt Schlüchtermann. "Von daher kann man ruhig ein wenig optimistisch sein."