Der Lions Club Kronach hat 20 Fahrräder an die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge gespendet, die im Kronacher Bürgerspital untergebracht sind. Damit sind die Jugendlichen nicht nur ein Stück mobiler geworden. Sie schulen auch ihr handwerkliches Geschick.
Haben hat jetzt ein Fahrrad. Haben ist zudem der Name eines 17-jährigen Jungen aus Eritrea, der seit vier Monaten im Gebäude des Bürgerspitals lebt. 20 Jugendliche aus fünf Nationen sind dort untergebracht. Sie alle haben jetzt Fahrräder - dank einer Spendenaktion des Kronacher Lions-Clubs. Und dank der Hilfsbereitschaft des Teams von Radsport Dressel sind die Drahtesel bald auch alle fahrtüchtig.
Der junge Mann mit den schwarzen Locken beobachtet still. Fahrradmechanikermeister Stefan Frickhofen geht mit ihm die Teile des dunkelblauen Herrenrads durch, das in einer kleinen Garage am alten Spital steht. Der Experte zeigt, wie man eine Kettenschaltung einstellt. "Schaltung ist ein bisschen schwer", gibt Haben in makellosem Deutsch zu. Ansonsten kennt er sich ganz gut aus. Einen Reifen flicken, eine Bremse einstellen - sowas hat er schon oft gemacht. In Eritrea hatte der 17-Jährige ein Fahrrad. In den vergangenen sieben Monaten in Deutschland allerdings nicht. Umso glücklicher ist er jetzt, wieder fahren zu können, denn: "Radfahren ist mein Hobby." Künftig auch ein Mittel, um zum Einkaufen, zu Freunden oder zur Berufsschule zu kommen.
Fahrradreparatur als Erfolgserlebnis
Mehr Mobilität ist ein Aspekt, den der Kronacher Lions-Präsident Stefan Pfadenhauer und sein Club für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in der Spital-Unterkunft erfüllen wollten. "Aber sie sollen auch etwas haben, für das sie Verantwortung übernehmen können", sagt Pfadenhauer. Praktisch alle Räder, die der Lions Club nach einem Spendenaufruf von Privatleuten aus dem Landkreis bekommen hat, bedürfen der Reparatur: Ein platter Reifen, ein defektes Licht, eine rostige Kette ... Jedes Rad muss auf seine Verkehrssicherheit untersucht und überarbeitet werden. Das sollen die 20 Jugendlichen mit fachkundiger Unterstützung selbst leisten. "Damit bekommen sie eine schöne Beschäftigung und haben hoffentlich Erfolgserlebnisse", sagt Clubpräsident Pfadenhauer. Welcher Jugendliche welches Rad bekommen hat, wurde übrigens ausgelost - damit keine Konkurrenz um die beliebtesten der sehr unterschiedlichen Modelle entsteht.
Auf einem Reifenstapel in der gekachelten Garage hat Stefan Frickhofen eine Auswahl an Werkzeug ausgebreitet. Ein paar Schraubenzieher und Schlüssel, Aufsätze, Kettenfett ... "Alles werden wir nicht machen können, aber zumindest Schrauben nachziehen oder einen Reifen flicken", sagt er. Fünf Räder sollen an diesem Nachmittag überarbeitet werden, was nicht direkt machbar ist, notiert der Fachmann. Die weiteren Fahrräder kommen bei den nächsten Terminen unter den Schraubenschlüssel.
Nicht jedes Rad ist zu retten
Der Experte sieht ein Rad ohne Licht, ein anderes mit völlig ramponiertem Reifen. "Da werden wir Ersatzteile brauchen." Die zahle der Lions Club, sagt Präsident Pfadenhauer, solange das im Verhältnis zum Wert des Rades stehe. Das ein oder andere Rad, so sieht es aus, sollte besser ersetzt werden. Vielleicht finden sich ja in den kommenden Wochen noch ein paar Spender. Damit die jungen Menschen der Unterkunft im Bürgerspital etwas mobiler werden.
Wie lange die Jugendlichen aus Eritrea, Afghanistan, dem Kosovo, Gambia und Somalia von ihren Fahrrädern profitieren werden, steht auf einem eigenen Blatt. Die meisten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Deutschland werden nur geduldet - ein Zustand, der widerrufen werden kann. Wenn sie volljährig sind, kommt es darauf an, dass sie die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel erfüllen, damit sie bleiben dürfen. Haben hofft: "Ich würde gerne hier bleiben, arbeiten." Vielleicht mit Fahrrädern.