Der Kronacher Schlachthof steht vor einer Weichenstellung. Der Obermeister der Metzgerinnung macht sich Gedanken über die künftige Ausrichtung.
Wenn's beim Kronacher Schlachthof weitergehen soll, muss eine Entscheidung gefällt werden: sanieren oder neu bauen. Auf jeden Fall muss eine Menge Geld in die Hand genommen werden. Das steht fest, nachdem der Streit mit dem Landratsamt um deutlich gestiegene Kosten für die Fleischbeschau beigelegt ist (wir berichteten) und Landtagsabgeordneter Jürgen Baumgärtner (CSU) mit eingeschaltet wurde, um Lösungen für ein zukunftsfähiges Konzept zu finden. Einen Ansatz hierfür gibt es inzwischen. Der Obermeister der Metzgerinnung, Eberhard Kraus, erzählt von einer Idee. Ein Neubau in Kooperation mit Kulmbach könnte aus seiner Sicht ein für beide Seiten erfolgversprechendes Modell sein.
Blick in die Geschichte des Schlachhofs
Doch drehen wir die Zeit erst einmal rund 20 Jahre zurück. "Bis 1995 war der Schlachthof kommunal", erinnert sich Kraus. Für die Stadt war das seinerzeit ein Drauflegegeschäft. Bis zu 400 000 Euro habe Kronach damals jährlich in den Schlachthof pumpen müssen. Darum brauchte es ein neues Geschäftsmodell.
Zwischenzeitlich waren eine Zusammenarbeit mit Sonneberg und ein Großschlachthof in Heubisch angedacht. "Das hätte sich nie gerechnet", ist der Obermeister überzeugt. Die Schlachtzahlen in Sonneberg sind später nämlich eingebrochen.
Letztlich kam es dann doch zum Neubau des heutigen Schlachthofs im Bereich Fröschbrunn. Der gesamte Stadtrat habe sich sehr dafür eingesetzt, erinnert sich Kraus. Der Platz neben der Kläranlage sei damals ideal gewesen. Durch den Einkaufsmarkt direkt daneben und auf Grund der hochwasserbedingt erhöhten Bauweise (diese gilt heute als unerwünscht) sei das inzwischen nicht mehr ganz so.
2012 drohte die Insolvenz
Die Probleme setzten sich allerdings fort. Mit dem Großvermarkter Heizer aus Weismain brach nach dem Tod des Firmenchefs und mehreren Insolvenzverfahren ein wichtiger Kunde weg. 2012 wurden vom Unternehmen endgültig die Segel gestrichen, und auch dem Kronacher Schlachthof drohte in der Folge die Insolvenz.
Damals sprangen die beteiligten Metzger in die Bresche. "Wir haben uns an einem Donnerstag getroffen und hatten bis Montag Zeit", sagt Kraus. Zeit, um eine sechsstellige Summe zusammenzubekommen und den Betrieb zu sichern. "Das ist uns in Form eines Darlehens gelungen." Seitdem haben die beteiligten Metzger den Schlachthof komplett unter sich. Sie sind Schlächter und Vermarkter. Und sie erreichen laut Kraus Jahresbilanzen mit einer schwarzen Null.
Durch die Vorgeschichte hat sich jedoch ein Investitionsstau gebildet, der durch stark gestiegene Vorgaben sowie das zunehmende Alter des Gebäudes noch verschärft wird. "Die Auflagen sind jetzt so hoch, dass wir das alleine nicht stemmen können", erzählt Kraus. "Man müsste rund eine Million Euro investieren oder neu bauen."
Suche nach der Perspektive
Kraus und seine Kollegen haben die vergangenen Wochen dazu genutzt, sich Gedanken zu machen. Der Innungsobermeister stellt uns ein Konzept vor, wie er den Schlachthof gerne neu aufstellen würde: "Kulmbach ist in der gleichen Situation. Es wäre sinnvoll, sich zusammenzutun."
In einer solchen Kooperation sähe Kraus eine Win-Win-Situation - wenn die Kulmbacher mitziehen würden und ein neuer, gemeinsamer Schlachthof in Kronach angesiedelt werden würde. Der Schlachthof in der Cranach-Stadt sei zum einen mit etwa 4000 Schweinen und 250 Stück Großvieh pro Monat stärker ausgelastet, nennt Kraus einen Pluspunkt für seinen Wunschstandort. Zum anderen habe Kronach seine Kundschaft bis nach Thüringen hinein, während dem Kulmbacher Betrieb der nicht weit entfernte Bayreuther Schlachthof im Nacken sitze. Und dass in den Nachbarkreisen Kronach und Kulmbach zwei neu gebaute Schlachthöfe Sinn machen, daran zweifelt Kraus stark.
Für seine Idee wirbt Kraus daher nicht nur gegenüber den Kulmbachern, sondern auch bei den Politikern und Verbrauchern. "Die Politik sollte ein Zeichen setzen, dass sie nicht nur für die Großschlachthöfe da ist, wo bis zu 25 000 Schweine am Tag geschlachtet werden." Es gehe hierbei um Regionalität, um Qualität und um ein Stück Handwerkskultur, das in Europa immer mehr aussterbe.
In einem regionalen Schlachthof, von örtlichen Metzgern betrieben, werde das Augenmerk ganz stark auf das Tierwohl gelegt, versichert Kraus. Das sei die Vorbedingung, um als Metzger gute Qualität liefern zu können. Und das wiederum liege ganz im Interesse der Menschen. "Ein Verbraucher sollte wissen, woher das Fleisch kommt", sagt Kraus und appelliert: "Die Leute müssten viel bewusster mit ihrer Ernährung umgehen. Man muss nicht jeden Tag Fleisch und Wurst essen, aber wenn man es tut, sollte man auf die Qualität achten!"
Das sagen der Kulmbacher Oberbürgermeister und der Abgeordnete
Mit der Idee von Metzger-Innungsobermeister Eberhard Kraus erstmals von uns konfrontiert, signalisiert Kulmbachs Bürgermeister Henry Schramm eine grundsätzliche Gesprächsbereitschaft. Mit den Kronachern funktionierten Kooperationen schon auf anderen Ebenen sehr gut, etwa bei den Sparkassen. "Die Kronacher sind Leute, mit denen man reden kann", stellt er fest.
"Einer Partnerschaft verschließen wir uns nicht. Man müsste sich halt zusammensetzen", so das Stadtoberhaupt. Schramm unterstreicht aber auch, dass die Kulmbacher Position klar ist. Wenn aus Kraus' Gedanken tatsächlich eine Zusammenarbeit erwachsen sollte, dann pocht Kulmbach auf seinen Standort, der auch noch Kapazitäten biete.
Vieles richtig gemacht
Dort habe sich in den vergangenen Jahren vieles positiv entwickelt. Zum einen habe sich Kulmbach zum Lebensmittelstandort entwickelt. Ein Beispiel hierfür sei das Max-Rubner-Institut, das sich sogar finanziell in den Schlachthof-Betrieb einbringe. Zum anderen sei es durch eine klasse Teamarbeit gelungen, das frühere Defizit von rund einer halben Million Euro auf 100 000 Euro zu senken. "Wir sind auf einem guten Weg", zieht Schramm Bilanz und verweist auf die gerade erhaltene EU-Zulassung für den Schlachthof.
MdL Jürgen Baumgärtner (CSU) sieht sich mitten in der Ausarbeitung einer Lösung. Die Ideen für einen seiner Ansicht nach perspektivisch notwendigen, erzeugernahen Neubau beinhalten auch mögliche Kooperationen mit Nachbarkreisen. Da Schließung und Neubau eines Schlachthofes Zeit erfordern, Baumgärtner schätzt fünf bis acht Jahre, brauche es ein zweistufiges Konzept für einen vorläufigen Betrieb und die anschließende langfristige Lösung. Auch die Frage nach staatlichen Mitteln stellt er in den Raum, da andere Schlachthöfe ja kommunal geführt und finanziert werden. Seiner Ansicht nach übrigens ein guter Weg.
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