Jürgen Fischer ist ein milder "Bischof" ohne Bart

2 Min
Der große Nikolaus, Jürgen Fischer, verschenkt Miniaturen, die mit kleinen Gaben gefüllt sind, an die Johannisthaler Kinder. Fotos: Hendrik Steffens
Der große Nikolaus, Jürgen Fischer, verschenkt Miniaturen, die mit kleinen Gaben gefüllt sind, an die Johannisthaler Kinder.  Fotos: Hendrik Steffens
Fischer erklärt die Bischofsgewänder und warum er sie trägt.
Fischer erklärt die Bischofsgewänder und warum er sie trägt.
 
 
 
 
 
 
 

Jürgen Fischer aus Kronach schlüpft regelmäßig am Freitag vor dem Nikolaustag in die Rolle des Gabenbringers. Dabei hat er klare Vorstellungen von seiner Art aufzutreten. Und die reichen zurück bis in die eigene Kindheit.

In zivil, lächelnd mit Pulli, Brille und gelockten Haaren sitzt Jürgen Fischer im Turnraum des Johannisthaler Kindergartens zwischen aufgeregten Mädchen und Jungs. Bischofsgewänder hängen auf Bügeln an der Sprossenwand, ein Stab lehnt daneben. Wenig später hat Fischer Mantel, Stab und Mitra angelegt, aber immer noch keinen Bart. Den lässt er bewusst weg.

Bei einem Gespräch wenige Tage zuvor denkt Fischer zurück. Als Kind hatte er gehörigen Respekt vor dem Nikolaus. "Weil ich gehört hatte von der Rute und dem Sack, in den unartige Kinder gesteckt werden", sagt Fischer. Vielleicht auch, weil er nicht immer brav gewesen sei.

Einige Jahrzehnte ist das her. An einem Dezembertag fuhr der Nikolaus - damals noch auf dem Schlitten - über die verschneite Jakob-Degen-Straße in Kronach, wo Fischers Familie wohnt. Statt Freude entfachte die Ankunft des Gabenbringers ein flaues Gefühl bei dem Jungen. Die Schritte der Stiefel habe er gehört, das Klingeln der Glöckchen und dann die tiefe Stimme. "Da war ich wirklich eingeschüchtert", erinnert sich Fischer.


Legende vom Kornwunder

Als er dann doch nicht in den Sack verfrachtet wurde, sondern ein Geschenk bekam, entspannte sich der Junge zwar. "Aber das war ein Erlebnis, das mir verdeutlicht hat: So soll es nicht sein", sagt er. Seit etwa zehn Jahren schlüpft der Diakon für den Pfarreienverbund Kronach Süd selbst in das Bischofsgewand des Nikolaus' von Myra. Und Fischer möchte, dass die Kinder den Nikolaus "als den sehen, der er war". Nämlich ein Bischof, der um das 4. Jahrhundert wirkte. Und der Kinder nicht bestraft, sondern sie gern gehabt und der vielen Menschen geholfen habe. Davon berichten Legenden des heiligen Nikolaus, und das möchte Fischer den Kindern nahebringen.

An diesem Freitag im katholischen Kindergarten St. Theresia erzählt er die Legende vom Kornwunder: Während einer großen Hungersnot erfuhr der Bischof von Myra, dass ein Schiff im Hafen vor Anker lag, das Getreide für den Kaiser in Byzanz geladen hatte. Er bat die Seeleute, einen Teil des Kornes auszuladen, um in der Not zu helfen. "Sie wiesen zuerst die Bitte zurück, da das Korn genau abgewogen beim Kaiser abgeliefert werden müsse", sagt Fischer den Kindern. Erst als Nikolaus ihnen versprochen habe, dass sie für ihr Entgegenkommen keinen Schaden nehmen würden, hätten sie zugestimmt. "Der Bischof Nikolaus ließ die Bürger vom Korn nehmen, doch wundersamer Weise wurde es nicht weniger." Als er die Geschichte erzählt, trägt Fischer keine Mitra, ist jederzeit als er selbst zu erkennen. So will es sein Konzept: "Ich komme auch immer ohne Kostüm an, damit die Kinder wissen, dass ich es bin", sagt er. Fischer erklärt den Kindern den Sinn hinter den Kleidern, die Geschichte des heiligen Nikolaus' und des Nikolaustags. Die teils negativen Erinnerungen, die er mit dem Gabenbringer verbindet, will Jürgen Fischer nicht weitergeben. Für ihn geht es an dem Tag darum, Freude zu schenken.

Als er alle Gewänder angelegt hat und den Stab hält, fehlt ein Bart. "Darauf lege ich großen Wert, weil ich die Kinder anlächle, wenn ich ihnen etwas schenke. Mit Bart würden sie das nicht sehen", sagt Fischer. Auch so nehmen ihn die Kinder jetzt anders war. Da steht nicht mehr der Diakon und Angestellte der Kronacher Kirchenverwaltung, sondern der Nikolaus. Trotzdem bleibt eine gewisse Vertrautheit, ohne die Anonymität des Rauschebarts. Genau das will der 56-Jährige bezwecken - kein Kind soll eingeschüchtert werden.


Kein Coca-Cola-Weihnachtsmann

Mit dem Weihnachtsmann aus der Coca-Cola-Werbung hat Fischers Interpretation des Nikolaus nichts zu tun. "Da muss man schon unterscheiden", sagt er. Ärgern würde ihn die kommerzialisierte Darstellung des dicken roten Zipfelmützenträgers Santa Clause, die in Amerika populär ist, zwar nicht. Er freue sich aber, wenn die echte Geschichte um den 6. Dezember, die des Bischofs von Myra, nicht in Vergessenheit gerate. "Ich möchte die Kinder einfach glücklich machen an dem Tag und ihnen eine kleine Freude bereiten. Kein Kind soll Angst vor mir haben." Und in Zukunft? Für Anfragen ist Jürgen Fischer offen. "Gerne. Aber ohne Bart."