Fester Bestandteil des mehrtägigen Programms der Kirchweih in Neuses war wieder das historische Bulldog- und Motorradtreffen am Sonntag. Auch historische Feuerwehrfahrzeuge waren vertreten. Mit dem Hahnenschlag klingt am Dienstagabend die Kerwa aus.
Kräftig kurbelt Marco Fleischmann auf dem Neuseser Flößerplatz seinen Hubraum-Riesen an. Schon nach wenigen Augenblicken erwacht der Motor zum Leben und ein charakteristisches Tuckern ist zu hören - Musik in den Ohren der vielen Gäste, deren Blicke auf dem Liebhaberstück ruhen.
Wer nun aber - angesichts des Alters der Maschine - einen ohrenbetäubenden Knall erwartet hatte oder ein Rauchen, Schnaufen und Wackeln, als wolle das massige Gefährt jeden Moment zum Mond aufbrechen, wird eines anderen belehrt. Das "Schätzchen" mit seinen eckigen Formen, Lichtern wie Kulleraugen und dem Original-Holzlenkrad läuft wie am Schnürchen - erstaunlich, handelt es sich dabei doch um einen Fendt F 18, Baujahr 1939.
Das Schmuckstück ist nicht nur der älteste Schlepper des Treffens auf der Neuseser Kirchweih, sondern - laut Zulassungsstelle - auch der älteste zugelassene Schlepper im ganzen Landkreis.
"Ich wollte schon immer ein solches Modell. Das ist nämlich der allererste, der von Fendt in industrieller Herstellung gebaut wurde", erzählt der 35-Jährige, der aus Haßlach bei Kronach kommt.
Nach langer Zeit der Suche war er im Internet fündig geworden und zwar bei der österreichischen Online-Anzeigenplattform willhaben.at. "Der Fendt war nur einen einzigen Tag online. Ich habe sofort zugeschlagen, bevor er weg gewesen wäre", erzählt der Bulldog-Fan voller Begeisterung. Er lieh sich einen Bus mit Anhänger und holte sein "Schätzchen" in Österreich etwa 20 Kilometer hinter Graz ab. Dessen Besitzer war ein älterer Herr, der aufgrund gesundheitlicher Probleme seine ganze Sammlung auflöste - darunter auch der Fendt F 18, den er seit 1986 im Besitz "gehegt und gepflegt" hatte. Der Schlepper war deshalb in einem sehr guten Zustand.
Billig war die Rarität nicht, aber, wie Fleischmann erzählt, habe er ihn dennoch unter Wert erstanden. Dem damaligen Inhaber sei es darum gegangen, dass der Fendt wieder in gute Hände kommt. Und in guten Händen ist er bei dem Haßlacher auf alle Fälle. Das Mitglied der Bulldog-Freunde Knellendorf hat seine neue Errungenschaft zunächst über einen Zeitraum von zwei Wochen abgeschliffen. Eine Woche brauchte er etwa fürs Lackieren in grauer Farbe. "Als ich ihn gekauft habe, war er grün - wie wohl alle Fendts nach dem Krieg. Ich wollte ihn aber so, wie er davor war, nämlich grau", erzählt Fleischmann. Nach der Restauration habe er dem ehemaligen Inhaber, mit dem er noch heute in Kontakt steht, einige Bilder geschickt. Er sei begeistert gewesen.
Den Fendt lässt Fleischmann alljährlich von April bis Oktober zu.
Er wäre auch noch voll funktionsfähig, wofür er aber seinem Inhaber viel zu schade ist. Ab und an unternimmt er mit ihm mal eine Spazierfahrt. Zum Einsatz kommt er fürs Gartenmähen und beim Transport des Schnittguts in die Kompostanlage nach Glosberg. Neuses war das erste Treffen, bei dem die Rarität zu sehen war. Übrigens hat der Bulldog-Freund gar keine landwirtschaftlichen Fläche zu versorgen. "Die Leidenschaft für Schlepper habe ich wohl von meinen Opa", lacht er.
Der Fendt F 18 ist keineswegs sein einziger Schlepper. Insgesamt fünf solcher Schmuckstücke hat er zuhause - drei mit Baujahr 1952, eine aus dem Jahr 1949 und eben den F 18. Drei sind in einer Garage untergebracht. Damit die anderen beiden nicht unter freiem Himmel stehen müssen, hat er eigens einen Carport für sie gebaut. Noch einen will er sich aber nicht zulegen.
"Jetzt reicht´s, sonst bekomme ich Ärger mit meiner Frau", meint er lachend.
Und was ist nun das Besondere am F 18? Ihm gefällt die Optik, aber auch die Anlage. Der Schlepper habe eine für die damalige Zeit bemerkenswerte, fortschrittliche Technik - so beispielsweise zwei Einspritzventile für Anlage und Hauptbetrieb. Übrigens - so einfach, wie es aussah, war das Anlassen nun doch nicht. Das funktioniert über ein selbstzündendes Papier - ein Zündfix, das in den Zylinderkopf kommt. Die Kompression muss raus, dann wird kräftigt gekurbelt und die Kompression freigegeben. Erst dann springt er an ... und erfreut dabei jedes Mal seinen Besitzer und alle Fans wieder aufs Neue!
Mit seiner Vorliebe für historische Fahrzeuge ist Fleischmann nicht allein. Auch heuer stellten wieder jede Menge Gleichgesinnte ihre auf Hochglanz polierten "wahrgewordenen Kindheitsträume" zur Schau.
Am späteren Sonntagnachmittag starteten alle Teilnehmer des Treffens zu einer dampfenden Rundfahrt durch Neuses. Der Tag klang mit Unterhaltungsmusik mit der Flößerkapelle Neuses am Feuerwehrhaus aus.
Klüeßfraa, Bierkönikgin und "Promis" Auch heuer kann die nunmehr 81. Kerwa als voller Erfolg verbucht werden, der sehr viele, auch auswärtige Gäste anzog. Zum Gemeinschaftsprojekt hatten wiederum viele ihren Beitrag geleistet. So wurde am Samstag die neue Klüeßfraa-Statue enthüllt und von Pfarrer Baptist Schaffer feierlich eingeweiht. Abends erfolgte der Bieranstich durch die Bayerische Bierkönigin Tina-Christin Rüger. Der Kirchweihtanz mit Rainer Lohr zog heuer noch mehr Besucher als in den Vorjahren an. Auch einige Stargäste, darunter sogar Ministerpräsident Horst Seehofer (alias Martin Panzer), gaben sich die Ehre.
Der Sonntag begann mit dem Festgottesdienst in der Pfarrkirche.
Den Dieter Reinhard-Wanderpokal gewannen übrigens die Schlepperfreunde Schmölz. Sie sind von Anfang an zahlreich beim Bulldogtreffen vertreten. Zudem fand auch die Siegerehrung des Neuseser Vereinsschießens statt. Schützenkönig wurde Thomas Piontek, Erster Ritter Andreas Schmidt, Zweiter Ritter Patrick Popp. Beste Mannschaft war die Jugendfeuerwehr Neuses vor den Neusiche Hannla und der Feuerwehr Neuses I.
Beim Stimmungsabend mit Rainer Lohr hatte auch die "erste Neusiche Feuerwehrkapelln" (ähnlich der Altneuheuser Feuerwehrkapelln vom Frankenfasching) einen Auftritt. Es gab auch ein Rede vom "König von Bayern" Edmund Stoiber alias Martin Panzer, der von der Feuerwehrkapelln mit dem Lied der Franken begrüßt wurde.
Er sagte unter anderem, dass die Neuseser extra die Schulen geschlossen haben, um die Kultur in das nur zehn Minuten entfernte Kronach zu bringen. Die Kerwa klingt traditionell mit dem Hahnenschlag des FC Bayern Fanclubs Neuseser Flößer am heutigen Dienstag ab 18 Uhr am Feuerwehrhaus statt.
hs