"Insgesamt scheint sich das Projekt sehr gelohnt zu haben", konstatiert der in Coburg geborene Archäologe. Der Grund: "Wir haben auf einem Areal von 5,7 Hektar, also einer ziemlich großen Fläche, gemessen. Dabei haben wir Grabenumwehrungen feststellen können, die das Siedlungsareal eingrenzen."
Bodendenkmal aus dem 12. Jahrhundert: Vermutlich gleich zwei Siedlungen nebeneinander
Die Besonderheit hierbei: Vermutlich setze sich das Bodendenkmal nahe Friesen aus zwei Teilbereichen zusammen. "Das eine ist wahrscheinlich ein kleineres Areal. Hinzu kommt ein zweites, größeres Areal, das mit einem anderen Graben eingefriedet war", sagt Schinkel. Die Quintessenz der neuen Entdeckung: "Es deutet viel darauf hin, dass da eine kleinere Siedlung - vielleicht schon aus dem frühen Mittelalter - später zu einer größeren Anlage ausgebaut wurde."
Doch damit nicht genug: "Innerhalb dieser Grabenstrukturen haben wir bei unserer Messung mehrere Gebäudestandorte feststellen können." Aus Forschungssicht eine spannende neue Erkenntnis. "Das heißt, wir haben nun neben den bereits ergrabenen Fundamenten Hinweise auf weitere Gebäude", unterstreicht Schinkel.
Durch das neu erlangte Wissen sei nun erstmals das ungefähre Ausmaß des Bodendenkmals bekannt geworden. "Wir können jetzt tatsächlich einschätzen, wie groß diese Siedlung ehemals war." Die kleinere - und womöglich ältere - der beiden Siedlungen dürfte demnach gut 1,5 Hektar groß gewesen sein. "Der spätere Ausbau muss dann bei mindestens 4,5 Hektar gelegen haben."
Hinweise auf mehrere bislang unbekannte Gebäude und Handwerksbereich
Das Interessante: "In dem größeren Ausbau deuten sich tatsächlich auch noch unterschiedliche Areale ab." Demnach entdeckten Schinkel und sein Team im Zuge ihrer Prospektion in dem einen Gebiet gleich mehrere Gebäude, die allesamt ähnlich ausgerichtet waren. "Sie sind auch ähnlich groß." Nach jetzigem Forschungsstand weise viel darauf hin, dass es in dem Areal westlich der vor rund 30 Jahren gefundenen Steinfundamente seinerzeit einen Handwerksbereich gegeben hat. "Dort hat wahrscheinlich in irgendeiner Form Metallverarbeitung stattgefunden", vermutetet der Projektleiter.
Schinkel zufolge seien Gregor Förtsch, dem einstigen Entdecker des Bodendenkmals, im Lauf der Jahre zudem unzählige Funde im Umfeld des Ackers geglückt. "Er hat an dem Fundplatz nicht nur mittelalterliche Funde gemacht, sondern teilweise auch erheblich ältere." Demnach wurden unter anderem auch Funde aus der späten Bronzezeit und sogar der Steinzeit getätigt. "Das zeigt, dass der Standort durch die Epochen hinweg interessant war und immer wieder genutzt wurde."
Auf Grundlage von Förtschs Entdeckungen habe man zwar schon vorher grob bestimmen können, welche Zeitstellungen vorliegen und an welcher Stelle sich der Siedlungsbereich ungefähr befand - "aber dass man jetzt wirklich konkret sagen kann, wo die einzelnen Gebäudestandorte und die äußeren Grenzen der Anlage zu fassen sind, ist vollkommen neu."
"Großer Vorteil": Geophysikalische Prospektion ermöglicht "zerstörungsfreie" Erkundung
Dies sei nun erstmals dank der angewandten Magnetometerprospektion möglich geworden. Dabei handelt es sich um eine geophysikalische Untersuchungsmethode. Im Gegensatz zu herkömmlichen archäologischen Ausgrabungen (mit Schaufel und Spaten) sei es hierdurch möglich, ein wesentlich größeres Gelände "zerstörungsfrei" zu erkunden. Der entscheidende Pluspunkt dieser Herangehensweise: "Ich kann archäologische Informationen sammeln, ohne den Befund ausgraben zu müssen." Auf diese Weise werde verhindert, dass das Bodendenkmal in irgendeiner Weise angegriffen werde. "Das ist der große Vorteil dieser Methode."
So aufregend die neu gewonnen Erkenntnisse über das Areal nahe Friesen bereits jetzt sind, für Philipp Schinkel und seine Fachfirma ist die Arbeit noch nicht beendet. Zwischen Ende Oktober und Anfang November soll noch eine sogenannte Bohrkernsondierung erfolgen. "Dabei sollen die einzelnen Anomalien, die wir gemessen haben - also zum Beispiel die Gebäudestandorte und die Grabenstrukturen - noch einmal nachgeprüft werden."
Im Zuge dessen werde erörtert, welche Sedimente (Akkumulationen von Lockermaterial) vorliegen. "Gibt es also beispielsweise Hinweise auf Brandschichten oder Ähnliches", erklärt Schinkel das Procedere. "Das Ganze ist wichtig, um die vorhandenen Strukturen noch ein wenig genauer interpretieren zu können."
Tourismus-Pläne: Historische Stätte soll Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden
Ein wesentlicher Punkt sei zudem die Frage, in welcher Form die archäologische Aufarbeitung und Dokumentation der Grabungen erfolge. Dies soll in Absprache mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege geschehen. "Das ist ein sehr bedeutsamer Fundplatz. Das weiß eigentlich jeder, der sich damit befasst."
Geplant sei aus diesem Grund außerdem, das geschichtsträchtige Gebiet einem breiten Publikum zugänglich zu machen. "Das Thema steht nun wieder auf der Tagesordnung und soll angegangen werden", sagt Projektleiter Schinkel. Derzeit werde anhand einer "Machbarkeitsstudie" geprüft, welche Möglichkeiten es vor Ort gebe, um die historische Stätte langfristig für den Tourismus zu erschließen.
"Es ist denkbar, dass man die ausgegrabenen Fundamente wieder ein bisschen anschaulicher gestaltet und vielleicht sogar teilweise ein Stück weit auch rekonstruiert." Geschichte zum Anfassen quasi.
Erst im Sommer war Archäologen im oberfränkischen Klosterlangheim ein überraschender Fund geglückt. Bei einer Grabung stießen sie auf ein bislang unbekanntes Mauerwerk.