Fleischmann öffnet sein Archiv für die Flößerei

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Gerd Fleischmann zeigt Beiträge seines Buches, das im Oktober erscheinen soll.Foto: Alexander Löffler
Gerd Fleischmann zeigt Beiträge seines Buches, das im Oktober erscheinen soll.Foto: Alexander Löffler
Flößer im Jahr 1958 beim Bau einer Kuppel, eines Floßes.
Flößer im Jahr 1958 beim Bau einer Kuppel, eines Floßes.
 
Mitglieder der vier heimischen Floßgemeinschaften waren mit dem so genannten Hallstadter Stück, ein 75 Meter langes Floß, eine Attraktion beim Tag des offenen Denkmals in Bamberg.
Mitglieder der vier heimischen Floßgemeinschaften waren mit dem so genannten Hallstadter Stück, ein 75 Meter langes Floß, eine Attraktion beim Tag des offenen Denkmals in Bamberg.
 
Ein Flößer im Jahr 1958
Ein Flößer im Jahr 1958
 
Ein so genanntes Mainfloß, mit dem die Flößer aus dem Frankenwald auf dem Main unterwegs waren.
Ein so genanntes Mainfloß, mit dem die Flößer aus dem Frankenwald auf dem Main unterwegs waren.
 
Tourismusflößerei bei Wallenfels
Tourismusflößerei bei Wallenfels
 
Gerd Fleischmann hinter dem Modell eines Floßes.
Gerd Fleischmann hinter dem Modell eines Floßes.
 

Der Stockheimer Gerd Fleischmann arbeitet derzeit an einem Buch über die Flößerei im Frankenwald. Es enthält zum Teil noch nicht veröffentlichtes Material.

Gerd Fleischmann ist ein leidenschaftlicher Sammler von historischen Informationen. Ob Bilder oder Texte, jedes interessant erscheinende Detail wird vom 69-Jährigen abgeheftet oder auf einer Festplatte gespeichert.
"Ich habe insgesamt 50 000 Bilder und Negative archiviert", betont Fleischmann, der in seiner Funktion als Kreisheimatpfleger in den vergangenen Jahren wertvolle Kontakte knüpfen konnte, um sein Archiv ständig zu erweitern. "Du musst wie ein Detektiv auf Spurensuche sein", sagt er lächelnd. Aber was nutzt die ganze Archivierung, wenn man es nicht weiterträgt?", fragt Fleischmann.


Von Begeisterung überzeugt
Damit all die wertvollen Informationen nicht im Verborgenen bleiben, hat sich Fleischmann entschlossen, ein Buch über die Flößerei zu schreiben.
Der Titel: "Die Frankenwald flößer zwischen gestern und heute." Es ist nicht das erste Buch, an dem der Stockheimer schreibt. Mit Werken über die heimische Glasproduktion und den Steinkohlebergbau hat er bereits vor Jahren den Nerv vieler Landkreis-Bürger getroffen. Dass auch sein aktuelles Buch erfolgreich sein wird, steht für den 69-Jährigen außer Frage. "Ich weiß, die Leute werden begeistert sein."

Bogen gespannt
"Es ist das erste Mal, dass die Flößerei im Landkreis Kronach komplett abgedeckt wird. Da besteht Nachholbedarf", erklärt Fleischmann, der in seinem Buch einen Bogen zwischen Gestern und Heute spannt. Dabei dürfen sich die Leser auf größtenteils bislang noch nicht veröffentlichtes Bildmaterial freuen: "Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte." Deshalb werden in dem rund 180 Seiten umfassenden Buch 174 Fotos zu sehen sein, anhand derer die Thematik grafisch illustriert wird. Umrahmt werden die Fotos von jeweils kurzen Artikeln. Fleischmann hat sich, wie er selbst sagt, auf das Wesentliche beschränkt. Dadurch will er jeden noch so kleinsten Anflug von Langeweile im Keim ersticken.

Die Themenbereiche, die vom 69-Jährigen veranschaulicht werden, sind vielfältig. In seinem Rückblick lädt der Stockheimer zu einer facettenreichen Reise durch die Geschichte der Flößerei ein. Fleischmann wandelt dabei auf den Spuren der Kronacher Floßherren oder beleuchtet die Flößerei im Tettauer Winkel ebenso wie das harte Leben der Floßknechte. Viel Wert hat der Autor auf die sozialen Verhältnisse gelegt, die er als "teilweise dramatisch" bezeichnet. Festgemacht wird dies unter anderem in einem Artikel, der sich mit der Situation in Wallenfels im Jahre 1949 auseinander setzt, als 75 Prozent der Einwohner arbeitslos waren. Bürgermeister mussten damals Armutszeugnisse ausstellen, damit die Flößer von der Floßkasse überhaupt Geld bekamen. Der 69-Jährige sieht darin eine Botschaft an die heutige, junge Generation, wie "brutal und einfach das Leben damals war".

Wirtschaftliche Bedeutung
Mit der sozialen Situation eng verbunden ist auch die wirtschaftliche Bedeutung der Flößerei mit den Schneidmühlen: "Die ist völlig unterschätzt worden. Der halbe Landkreis war in diesem Bereich tätig", erklärt Fleischmann, der als Presseberichterstatter vor 40 Jahren erstmals mit der Flößerei zu tun hatte. Seit dieser Zeit hat er alles Wissenswertes darüber gesammelt: "Mein Archiv ist unendlich", sagt er und lächelt. Auch wenn er mit dieser Aussage etwas übertreibt, umfassend ist es allemal. 14 Ordner und 15 Schnellhefter sind prall gefüllt mit historischem Material über die Flößerei. Dazu gehören auch Zeitungsnotizen aus dem Zeitraum von 1860 bis 1930, denen Fleischmann ein eigenes Kapitel widmet. Erstaunlich dabei ist, dass ein Wirtshaus aus Aschaffenburg in einer Kronacher Zeitung Neujahrsgrüße übermittelt hat - heute undenkbar.

Literarisches Denkmal
Fleischmann liefert nach eigenem Bekunden eine umfassende Aufklärung, zu der auch ein wissenschaftlicher Beitrag von Thomas Gunzelmann beiträgt. Einen breiten Raum räumt Fleischmann den Mitgliedern der vier Floßgemeinschaften Wallenfels, Unterrodach, Friesen und Neuses ein, denen er sein Buch widmet. "Wenn du lange genug mit der Materie verbunden bist, kommt irgendwann das Bedürfnis, diesen Leuten ein literarisches Denkmal zu setzen", erklärt er seinen Antrieb.

Auch wenn er seine Informationen über Jahrzehnte hinweg zusammengetragen hat, erst im November 2012 hat er die Arbeit an seinem Buch aufgenommen. Danach war er allerdings nicht mehr zu bremsen. "Selbst an Weihnachten und Silvester habe ich gearbeitet. Ich habe mich da richtig in Ekstase geschrieben", erzählt Fleischmann und berichtet von über Tausend Stunden, die er seitdem investiert hat. "Das geht schon auf Kosten der Gesundheit", blickt er zurück, ist aber mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Aktuell ist er damit beschäftigt, seinen Texten den letzten Feinschliff zu verpassen. Im Anschluss geht das Rohmaterial an den Verlag, der sich um das Layout kümmert. Schon jetzt kann es Gerd Fleischmann kaum erwarten, das erste Exemplar in den Händen zu halten: "Das wird ein ergreifendes Gefühl sein."