Gründerkultur, Netzwerke, neue Technologien: Im Kreistag ging es um Zukunftsvisionen für den Wirtschaftsstandort Kronach.
Einfach mal vorstellen: Sie stehen am Fahrbahnrand, an Ihnen fährt ein Auto vorbei; und am Steuer sitzt - niemand. Wenn Sie jetzt an einen Science-Fiction-Film denken, dann sei Ihnen gesagt: vielleicht nicht mehr lange!
Lenkrad, Schaltknüppel und Pedale sind schon bald Vergangenheit. Zumindest wenn es nach Thomas Kneitz geht. "Wir könnten morgen starten", sagt der Geschäftsführer des Campus Innovations Kultur (CIK) Kronach über seine Vision von fahrerlosen Shuttles auf Teststrecken im Landkreis Kronach.
"Wenn das kommt, schaut die Welt auf uns. Merkel und Juncker würden mit Platzkarten in der ersten Reihe sitzen", sagt Kneitz. Und nein, er ist kein fachfremder Träumer, sondern beschäftigt sich beruflich mit der Frage, welche Innovationen die Wirtschaft der Zukunft prägen könnten. Am Montag war er im Kreistag einer von mehreren Gastrednern, die ihre Programme und Ideen näherbrachten.
Der Mensch lenkt nicht mehr
Bereits seit Juni 2017 testet der Automobilzulieferer Valeo in Zusammenarbeit mit dem CIK das Fahren ohne menschlichen Einfluss. Mit einer Sondergenehmigung der Bundesregierung kurven vom Werk in Neuses bei Kronach aus Fahrzeuge durch die Region, deren Fahrer nur zur Sicherheit hinter dem Lenkrad sitzt - grundsätzlich aber die Arme gemütlich von sich streckt.
Der nächste Schritt sei nun das unbemannte Taxi-Fahrzeug, das den öffentlichen Nahverkehr stärken könnte. "Wir arbeiten an der Finanzierung", betont Kneitz. "Wir haben das fest geplant." Und das, obwohl die Finanzierung des CIK lange unklar war. Im November 2016 wurde der Verein Campus Innovationskultur e.V. gegründet, der Alleingesellschafter der CIK GmbH ist. Im Januar 2018 war Einzug im "Loewe Campus".
Zunächst musste Thomas Kneitz mit wenig Geld arbeiten. Bis Dezember 2017 sicherten lediglich die Kreisunternehmen Wiegand, Rauschert und Dr. Schneider den Bestand des CIK. Fördergelder des bayerischen Wirtschaftsministeriums in Höhe von 750 000 Euro waren daran geknüpft, die gleiche Summe an Eigenmitteln einzubringen.
In Gemeinnützigkeit umgewandelt
Dafür notwendige 250 000 Euro der Rainer-Markgraf-Stiftung, die sich für die Entwicklung Oberfrankens und der Oberpfalz einsetzt, waren aber an eine Gemeinnützigkeit der CIK geknüpft. "Deshalb haben wir die Struktur geändert und die Schülerseminare ausgebaut", erklärte der CSU-Kreisrat und Vorsitzende des Kronacher IHK-Gremiums, Hans Rebhan. Dabei drängte jedoch die Zeit. "Wir mussten 2017 fertig werden", erinnerte sich Rebhan. Letztlich überwies der Freistaat im Dezember.
Aufgaben gibt es für das CIK genug: Es soll sich um die Gründerszene genauso kümmern wie um bereits bestehende Unternehmen. Zum ersten Komplex gehören die gemeinnützigen Seminare für Schüler. 16 Teams werden in Kronach, Stockheim, Windheim und demnächst in Teuschnitz in Wirtschafts- und Unternehmerfragen beraten. Außerdem betreibt das CIK eine Datenbank mit über 1500 jungen Menschen unter 25 Jahren, die nach Ausbildung oder Studium in den Landkreis zurückgeholt werden sollen.
"Die gute Entwicklung des CIK fördert die heterogene Entwicklung unseres Landkreises", sagte Landrat Klaus Löffler (CSU) im Anschluss an die Expertenvorträge (siehe auch Artikel unten). Edith Memmel (Grüne) gab in der Frage- und Ausspracherunde zu bedenken, die Wohnraumsituation für junge Menschen nicht zu vernachlässigen. Thomas Kneitz antwortete: "Ja, das ist ein Widerspruch. Wir wollen, dass sie kommen, haben aber nicht immer passende Wohnungen. Das müssen wir lösen."
Oliver Skall (SPD) fragte, wo der Unterschied zwischen der CIK und der Wirtschafts- und Strukturentwicklungsgesellschaft (WSE) um Geschäftsführer Wolfgang Puff liege.
Thomas Kneitz: "Sie können Herrn Puff oder mich anrufen. Die Information wird von dem bearbeitet, der gerade Zeit hat." Und Landrat Löffler ergänzte: "Zwischen CIK, WSE und dem Regionalmanagement des Landratsamtes gibt es eine Vernetzung."
Frage nach Zuständigkeiten
Björn Cukrowski (FDP) fragte: "Wo ist die Abgrenzung zwischen CIK und IZK?" Die Antwort von Thomas Kneitz: "Das IZK rekrutiert Fördermittel und hält Veranstaltungen ab, wir beraten Unternehmen und stimulieren Gründer."
Landtagsabgeordneter Jürgen Baumgärtner (CSU) forderte: "Riskiert mehr, ruft neue Projekte ins Leben!" Sicherlich müssten manche - Baumgärtner nannte das Demografiezentrum Oberfranken - überdacht werden. Grundsätzlich sei es aber gut, "immer wieder Neues auszuprobieren, schlecht laufende Projekte zu beenden und gut laufende Projekte stark zu fördern."
Experten stellen Projekte vor
Neben Thomas Kneitz vom Campus Innovations Kultur Kronach stellten am Montag weitere Experten ihre Projekte und Institutionen vor. Den Anfang machten Alexander Rost, Ralf Reißing, Stefan Gast sowie Wilhelm Völker vom Technologietransferzentrum (TAC) Automotive der Hochschule Coburg.
Das Ziel der Einrichtung: Wirtschaft und Wissenschaft zu verknüpfen. Dabei denkt die Hochschule bewusst über Stadt und Land Coburg hinaus. "Wir arbeiten mit einigen Unternehmen aus dem Kreis Kronach bereits zusammen", sagte Völker. Landrat Klaus Löffler (CSU) appellierte: "Wendet euch direkt oder über das Landratsamt ans TAC, einen vertrauensvollen Partner."
Geschäftsführer Frank Ebert referierte über die Aktivitäten von "Oberfranken Offensiv" und des in Kronach ansässigen Demografiezentrums Oberfranken. Ebert stellte aktuelle Projekte wie zum Beispiel ein Kino für ältere Menschen vor. In Kronach fördert "Oberfranken Offensiv" Bauarbeiten am Landesgartenschau-Gelände. Außerdem könne der Landkreis ein möglicher Ort für einen geplanten Digitalen Dorfladen sein. Konkretes konnte Ebert aber noch nicht nennen.
Haushalt 2018: Einigkeit über Hebesatz
Kreiskämmerer Günther Daum stellte im Kreistag den Entwurf des Haushalts 2018 vor. Die geplanten Eckdaten: Insgesamt sind Investitionen in Höhe von 13 Millionen Euro geplant. Viel Geld fließt in die Bildung, etwa für die Sanierung der Volkshochschule 2,8 Millionen Euro. Außerdem werden hohe Summen für Kreisstraßen aufgewendet, zum Beispiel 1,1 Millionen Euro für die Ortsdurchfahrt Teuschnitz oder 1,85 Millionen zwischen Hirschfeld und Windheim. Das Haushaltsvolumen liegt bei 78,2 Millionen. Die Schulden verringern sich um eine auf 10,5 Millionen Euro.
Landrat Klaus Löffler (CSU) schlug vor, den Hebesatz der Kreisumlage 2018 und wenn möglich auch 2019 bei 41 Punkten zu belassen. "Wir haben mit VHS, Berufsschule, Kreisstraßen und dem Umbau des Landratsamts große Investitionen vor uns. Wir müssen die Projekte jetzt angehen", sagte er im Vorfeld der offiziellen Haushaltsberatungen, die in den kommenden Wochen anstehen.
Aus den Reihen der Kreisräte erhielt der Landrat Zustimmung. Reinhold Heinlein (CSU) sagte: "Das ist gerechtfertigt." Gerhard Wunder (CSU) sprach von einem fairen Ausgleich zwischen Geben und Nehmen." Timo Ehrhardt (SPD) betonte, dass das Geld ja im Kreis bleibe. "Der Kreis soll sich ja auch um viel kümmern." Stefan Wicklein (FW) äußerte sich ebenfalls positiv: "Vor allem die Berufsschule hat das Zeichen, das etwas gemacht wird, nötig."