Der Kabarettist Frank-Markus Barwasser gastierte mit seinem alter Ego Erwin Pelzig in Kronach.
Kabarettist Frank-Markus Barwasser alias Erwin Pelzig tourt vermehrt durch das Land, und am Donnerstagabend legte der gebürtige Würzburger einen Halt in
Kronach ein.Jetzt hatte er sein achtes Soloprogramm "Weg von hier" im Gepäck, sehr zur Freude s der rund 500 Besucher im Kreiskulturraum.
Am liebsten möchte man sagen: "Ach, wie ist es schön, wenn einiges beim Alten bleibt." Einen Erwin Pelzig möchte man gar nicht anders erleben: Er steht auf der Bühne in seinem Janker, rot-weißem Karohemd und seiner Herrenhandgelenktasche, in Rumpelstilzchen-Art verstreut er unter dem Cordhut kluge Gedanken in Richtung Publikum. Hinzu kam - Gott sei Dank - auch, dass er seine Stammtischbrüder, den süffelnden Protestanten Dr. Göbel und den schlichten Biergenießer Hartmut, mehrmals ins Programm einbaute.
"Dass ich heute hier bin, ist nicht selbstverständlich", sagt Pelzig. Nach einer längeren Pause habe er überlegt, ob er überhaupt wieder auf eine Bühne soll. "Aber", versichert er den Zuhörern, "auch nach stundenlangem Zeitungslesen gibt es bei mir noch viel Luft nach unten". So gibt er in dieser Situation, dabei eine Flasche Doppelkorn als Trostpflaster neben sich stehend, seine Kommentare zur Lage in Deutschland und der Welt ab. Der Konsonantenschinder, wie er sich selbst bezeichnet, wartet mit akribisch recherchierten Sachverhalten auf, wobei seine Befunde zur Lage teilweise vernichtend sind.
Dann outet sich Pelzig als treuer Tagesschau-Seher. Täglich sehe er die Nachrichten auf ARD-alpha, denn da werden die Ausgaben von vor 25 Jahren wiederholt. Damals war Bundeskanzler noch ein Helmut Kohl, den "der liebe Gott gnädig zu sich geholt und noch gnädiger aus der Gefangenschaft von Maike Kohl-Richter befreit hat". Schon ist Pelzig mittendrin und zieht über die heutigen Politiker los. So gebe sich Horst Seehofer gegenüber der Kanzlerin im Hinblick auf den Asylstreit wie Oberst von Stauffenberg mit der Aktentasche, Angela Merkl selbst werde wohl noch mit 90 Jahren im Amt sein, Markus Söders Kruzifix-Aktionen zeigten, welch schlichtes Denken bei der CSU vorherrsche und Peter Altmaier bringe in Talkshows Verstand und Stühle an die Grenze der Belastbarkeit. Etwas besser kommt da schon der Juso-Chef Kevin Kühnert weg. Er sei zwar zu Höherem berufen, jedoch scheitere dies schon an seinem Vornamen.
Dann geht es ins Ausland: "In den USA haben sie gar eine Abrissbirne zum Präsidenten gemacht", schimpft Pelzig, wobei er sich sicher ist, dass Donald Trump eine Art Reptilienwesen ist, das unbedingt aussehen möchte wie Marylin Monroe und "dessen dummen Gesichtsausdruck man aus Tierversuchen kennt". Schmunzelnd kritisiert Pelzig sich selbst. Er wisse, dass manche seiner Witze nichts brächten - aber manchmal tun sie einfach gut!
Gelegentlich nimmt Frank-Markus Barwasser den Hut ab und setzt sich an den Stammtisch. Da erörtern dann im sekundenschnellen Rollenwechsel der Preuße Dr. Göbel beim Rotwein, der Franke Hartmut beim Bier und Pelzig höchstselbst die Weltlage im Allgemeinen und Speziellen - das ist brüllend komisch, nah am Leben und eine unglaubliche Energieleistung des Kabarettisten, wie übrigens der gesamte furiose Abend.
Köstlich auch seine Präsentation der Walt-Disney-Methode, die angeblich auf den amerikanischen Filmproduzenten zurückgeht. Unschlüssige Menschen setzen sich demzufolge zunächst auf einen Träumerstuhl, der sie alles durch eine rosarote Brille erblicken lässt. Auf dem Kritikerstuhl sehen sie stattdessen nur die negativen Seiten, auf dem Realistenstuhl treffen sie letztendlich eine Entscheidung, mit der ein Erfolg einhergeht. Auf seinem Auftritt in der Cranach-Stadt bezogen sieht das wie folgt aus: Der Träumerstuhl ließ ihn zum Schluss kommen "Kronach ist schön", auf dem Kritikerstuhl kam ihm der Einwand "so schön auch wieder nicht" in den Sinn, während der Realistenstuhl ihn entscheiden ließ: Fahr hin, du musst ja nicht über Nacht bleiben."
Köstlich, wenn an späterer Stelle der "Freund vom Bosporus", der türkische Präsident Erdogan auf den Stühlen Platz nehmen darf. Was dabei herauskommt? Die Todesstrafe für alle drei Stühle.