Ein Start wartet auf Fortsetzung
Doch am Freitag dann kamen die Gerüstbauer tatsächlich. Allerdings war die Freude nur kurz - denn sie bauten nur einen Teil auf - um am Montag und Dienstag erneut mit Nichtanwesenheit zu glänzen."Wir haben zwischenzeitlich einen Sturmschaden an einem unserer Gerüste hereinbekommen. Das hat dann Priorität", sagt Reinhold Hohner, Geschäftsführer der Jawurek GmbH. "Am 15. Juni hätten wir ohne Probleme aufbauen können, jetzt sind wir durch andere Verträge gebunden."
Hohner zeigt zwar in gewisser Weise Verständnis für die Beweggründe des Landratsamtes als Bauherrn und betont, dass er eine einvernehmliche Lösung anstrebt. Er wirbt aber auch für seine Position. "Eine gewisse Verzögerung kann immer vorkommen. Hierbei ist es wichtig, Fristen zu setzen."
Und genau mit diesen gesetzlichen Klauseln, festgeschrieben in der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB), befasst sich derzeit auch Sonja Witzgall, die diesbezüglich im Austausch mit Juristen steht. "Wir müssen jetzt eine Frist für das Enddatum setzen, eventuell im Anschluss noch eine Nachfrist. Das ist leider eine langwierige Sache." Eines stellt sie stellvertretend für das Landratsamt aber klar: "Wir lassen uns das nicht mehr gefallen. So geht es nicht weiter."
Gerne hätte diese Zeitung auch gehört, wie der Bauleiter der Firma Spindler+ zu der Situation zu sagen hat. Äußern wollte er sich allerdings nicht und erschien auch nicht zu einem bereits vereinbarten Treffen auf der Baustelle.
Gute Konjunktur hemmt Bauboom: "Situation wie seit 70ern nicht mehr"
Die Volkshochschule ist beileibe kein Einzelfall: "Quer durch alle Gewerke herrscht derzeit eine schwierige Situation am Bau", sagt Winfried Lebok. Der Kronacher Stadtrat ist Architekt beim Architekturbüro Lauer + Lebok mit Hauptsitz in Lichtenfels - und kennt daher die Probleme, die Bauherren derzeit haben.
"Das ist unser täglich Brot. Es bedarf derzeit doppelt und dreifacher Anstrengung, um Zeitpläne einzuhalten." Denn die gute Konjunktur sorgt dafür, dass Auftragsbücher der Bauunternehmen mehr als gut gefüllt sind. "Meistens erhält man kaum Angebote auf Ausschreibungen", sagt Lebok. "Und die, die kommen, haben keine vernünftige Kostenberechnung. Oft sind sie 30 Prozent teurer als noch vor zwei Jahren."
Förderprogramme kommen dazu
Die Situation werde durch die guten Förderprogramme verstärkt. "Welche Kommune will sich schon einen Zuschuss von 90 Prozent entgehen lassen?"
Die Zinsen seien derzeit sehr günstig, um zu bauen. Jedoch werde dies durch die hohen Preise der Unternehmen oft wieder ausgeglichen, weiß Lebok.
Christian Dietz, Geschäftsführer der Weismainer Baugesellschaft Dietz, kann den Worten Leboks teilweise folgen, fügt aber an: "Nicht alle Auftragsbücher quellen über. In einigen Bereichen, wie etwa beim Spezialtiefbau, braucht es auch Fachwissen, das nicht jeder hat."
Die höheren Baupreise führt er auf drei Entwicklungen zurück. Zum einen habe die Baubranche durch mangelnden Nachwuchs in den vergangenen Jahren 20 Prozent ihrer Mitarbeiter verloren. Zum anderen würden mittlerweile gute Löhne gezahlt, Facharbeiter erhielten etwa 15,10 Euro pro Stunde. Und drittens ließen behördliche Auflagen die Kosten steigen.
Umgang in der Praxis
Winfried Lebok muss sich mit diesen Rahmenbedingungen auseinandersetzen. Er hat Verständnis für die Baufirmen, Kündigungen sind für ihn nicht das geeignete Mittel. "Sie beschleunigen das Ende der Baustelle in der Regel nicht, ganz im Gegenteil", sagt Lebok, der für kreative Lösungen wirbt. "Wir lassen Gerüste meistens vom Zimmerer mit aufbauen."
Kommentar von Andreas Schmitt: Verlässlichkeit ist wichtig
Die Lage am Bau ist dramatisch. Die Baufirmen sind überlastet. Und wenn es irgendwo zwickt, hat das Auswirkungen auf den, der danach ran soll. Ein Teufelskreis, bei dem die Baufirmen nicht immer an allem Schuld sind.
Eines aber darf nicht sein: Dass Baufirmen denken, sie hätten einen Freifahrtschein. Das versprochene Wort muss weiterhin zählen. Und wenn es nicht eingehalten werden kann, liegt es an der Baufirma, dies zu entschuldigen. Einfach nicht kommen, ist keine Lösung! Zwar wird das Gerüst an der VHS wohl auch nicht eher stehen, wenn das Landratsamt den Auftrag kündigt.
Eine andere Firma schnell zu finden, wird nicht leicht. Dennoch ist es richtig, dass das Amt ein Zeichen setzt. Gerade in schwierigen Zeiten muss man sich aufeinander verlassen können.