Katastrophen-Warnapp "Nina": Die smarte Art, zu warnen

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Wenn im Kreis Kronach der Katastrophenschutz oder der Wetterdienst warnen möchte, könnte zukünftig das Smartphone eine Alternative zu den bislang gängigen Kanälen darstellen. Foto: Marian Hamacher
Wenn im Kreis Kronach der Katastrophenschutz oder der Wetterdienst warnen möchte, könnte zukünftig das Smartphone eine Alternative zu den bislang gängigen Kanälen darstellen.  Foto: Marian Hamacher

Die Katastrophen-Warnapp "Nina" alarmiert in Ausnahmesituationen die Bevölkerung per Handy. Die Einsatzkräfte im Landkreis sind für die Innovation offen.

Mit einem kaum wahrnehmbaren Klicken springt der Zeiger um. Es ist Punkt 4 Uhr. Von der dunkelschwarzen Rauchwolke, die sich einen Kilometer entfernt ihren Weg in den noch trüben oberfränkischen Morgenhimmel bahnt, ahnt der Radiowecker nichts. Er hat seinen großen Einsatz erst in zwei Stunden - da kann der Radiomoderator seine Warndurchsage noch so oft wiederholen und dazu aufzurufen, Türen und Fenster bitte geschlossen zu halten.

Anders als empfohlen, werden die Fenster nicht geschlossen, sondern bleiben auf Kippstellung. Nicht gerade ideal bei starker Rauchentwicklung. Doch wie soll zu nachtschlafender Zeit gewarnt werden?

Die Lösung: per Smartphonne. Seit Juni diesen Jahres ist die Katastrophen-Warnapp "Nina" nach einem Relaunch in den App-Stores von Apple und Google kostenlos herunterzuladen. Der Name ist die Abkürzung für die etwas kompliziertere Schreibweise "Notfall-Informations und Nachrichten-App". Nina klingt da schon einfacher.


Handlungsempfehlungen

Entwickelt wurde das Programm vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK), das Mobilfunk-Nutzer mit einem Signalton darüber informiert, wenn in ihrer Nähe Gefahr droht. Sei es Hochwasser, Sturm oder eben giftiger Rauch. Gleichzeitig gibt die App konkrete Handlungsempfehlungen - wie bei starker Rauchentwicklung Türen oder Fenster geschlossen zu halten.

Nina ist Teil des satellitengestützten sogenannten Modularen Warnsystems (Mowas), das seit 2013 in Betrieb ist. Dabei handelt es sich um ein gemeinsames Projekt von Bund und Ländern und ist deren zentrales Warnsystem, kann aber auch von Kommunen für ihre Zwecke genutzt werden. Diese entscheiden dabei selbst, bei welchem Ereignis und in welcher Weise gewarnt wird. Durch das Mehrkanalwarnsystem sollen voneinander unabhängige Warnkanäle wie Radio, Fernsehen, Internet, Mobilfunk oder Pagingdienste angesteuert werden können, teilt die Sprecherin mit. Daher sei es auch im Krisenfall sehr ausfallsicher. "Die App ist hier nur ein zusätzlicher Warnkanal", teilt eine BKK-Pressesprecherin mit.

Die App warnt für verschiedene Orte, die vom Nutzer individuell eingestellt werden können. Auch der Kreis Kronach ist inzwischen in der App auswählbar. Bespielt werden kann sie in Bayern bislang aber lediglich in Regensburg und München, wo jeweils eine Mowas-Station installiert ist.

"Ich halte die App für eine zeitgemäße weitere Möglichkeit, die Bevölkerung zu warnen. Noch ist aber niemand auf uns zugekommen, so eine Station bei uns einzurichten", sagt Peter Kunzelmann, der kommisarische Leiter der Integrierten Leitstelle (ILS) in Coburg. In der Veste-Stadt werden auch für den Landkreis Rettungs- und Einsatzkräfte informiert. "Beim Katastrophenschutz sind wir unterstützend tätig und bringen die Einsatzkräfte zum Zielort", erklärt Kunzelmann.


Was äußerst selten ist

Sollte Mowas auch in Coburg eingesetzt werden, dürfe die zusätzliche Arbeit aber nicht dazu führen, "dass man beim ganzen befüllen der App das herkömmliche Alarmieren vergisst." Doch da sehe er keine Probleme. Generell kämen Katastrophen- oder Gefahrenmeldungen äußerst selten vor. "Seit die ILS 2010 eingerichtet wurde, haben wir nur drei Meldungen herausgeben müssen", so Kunzelmann. Zuletzt wegen eines Großbrandes in Lichtenfels. Bislang wurde "Nina" rund eine Million Mal heruntergeladen. Ein Großteil der Nutzer wohnt allerdings in Nordrhein-Westfalen, wo die App zuletzt mehr als ein Jahr lang gestestet wurde.

Genaue Zahlen für Bayern liegen nicht vor. "Daten haben wir nur für Nutzer, die der Verwendung anonymer Nutzungsdaten zustimmen", so das Bundesamt. Demnach hätten mehr als 200 000 Mal Nutzer für Orte, die in Bayern liegen, Warnungen eingestellt beziehungsweise abonniert. "Die echten Werte liegen wohl höher, sind für uns aber nicht bestimmbar."

Joachim Ranzenberger steht der neuen Technik ebenfalls offen gegenüber. "Wir werden uns dem nicht verschließen, wenn etwas von offizieller Seite kommt", sagt der Kreisbrandrat. Dass der klassische Alarm durch die zusätzliche Warnmöglichkeit ersetzt wird, kann er sich aber nicht vorstellen. "Bisher ist es so, dass die Polizei mit einem Lautsprecherwagen durch die Straßen fährt und Durchsagen macht", erklärt er. Auf die dürfe nicht verzichtet werden. "Viele haben schließlich gar kein Smartphone", gibt Ranzenberger zu bedenken.

Er besitze zwar ein Handy, das sei aber zwölf Jahre alt und gar nicht in der Lage, Apps herunterzuladen: "Die App wird die Sirene nicht ersetzen. Ich glaube nicht, dass in zehn bis 20 Jahren jeder eine hat. Es gibt ja auch viele alte Leute." Die App sei zwar ein Mosaiksteinchen zu mehr Sicherheit, auf die konventionellen Möglichkeiten müsse aber weiter gesetzt werden.


Für den Fall des Falles

Davor braucht er offenbar keine Sorge haben. "Im Katastrophen- oder Zivilschutzfall ist es wichtig, dass die Bevölkerung so schnell wie möglich gewarnt wird, um sich selbst schützen zu können", erklärt die BKK-Pressesprecherin. Daher sei es gut, wenn so viele Menschen wie möglich die App benutzen, um "im Falle eines Falles" rechtzeitig und verlässlich gewarnt zu werden.