Übernahme, Bettenabbau auf der Überwachungsstation und Ärztewechsel - der Ruf der Frankenwaldklinik ist schon lange nicht mehr der beste. Ein halbes Jahr nach der Übernahme durch Helios zieht man dort aber keine schlechte Bilanz.
Die Helios-Frankenwaldklinik will transparenter werden. Das ist das Fazit aus einem Pressegespräch am Mittwochvormittag mit dem Ärztlichen Direktor Eike Dedow, Geschäftsführer Florian Aschbrenner und Pressesprecher Heiko Leske. Ein halbes Jahr nachdem Helios die Frankenwaldklinik von Rhön übernommen hat, zogen die drei eine erste Bilanz.
"In der ersten Mitarbeiterversammlung im März konnten wir vieles noch nicht beantworten", sagt Heiko Leske. Bei der jüngsten am vergangenen Montag habe das schon anders ausgesehen, immerhin habe sich doch in der Zwischenzeit einiges "geruckelt". Und damit meint er nicht nur den bevorstehenden Stellenabbau in der Verwaltung, den Helios vor gut einer Woche mitgeteilt hat.
Nein, auch von medizinischer Seite habe man Veränderungen seit der Übernahme bemerkt, erklärt der Ärztliche Direktor Eike Dedow. Am Anfang habe man nicht wirklich gewusst, was durch die Übernahme auf einen zukomme, gibt Dedow offen zu. Noch zu Rhön-Zeiten seien Zahlen von Helios präsentiert worden, von denen man nicht gewusst habe, "was dahinter steckt". Mittlerweile könne er anhand sogenannter Qualitätsindikatoren erkennen, dass die Frankenwaldklinik "ganz gut dasteht" für ein Haus der Grund- und Regelversorgung, das ein breites medizinisches Spektrum vorhalte. Die Mediziner würden unter Helios mehr als unter Rhön in die Gesamtausrichtung des Hauses eingebunden. So gibt es beispielsweise einen medizinischen Beirat. Außerdem gehört jeder Chefarzt einer Fachgruppe an, die jeweils zweimal im Jahr tage und die Standards in der medizinischen Versorgung festlege, beispielsweise was die Auswahl der zu verwendenden Produkte oder Vorgehensweisen angeht. Auch im Bereich der Pflege gibt es eine solche Fachgruppe. Dedow sieht in diesem Austauch mit den anderen Helios-Häusern den Vorteil, dass man auch wissenschaftliche Projekte auf den Weg bringen könne, was bei einem Einzelhaus nicht möglich sei.
Umgedreht habe Helios aber auch von Rhön gelernt, so übernimmt man das sogenannte CIRS-System, ein Berichtssystem über kritische Vorkommnisse, um herauszufinden, welche Veränderungen in den Abläufen vorgenommen werden müssen.
Geriatrie wird ausgebaut Natürlich bedeute das alles für einen Chefarzt auch einen gewissen bürokratischen Mehraufwand, räumt Dedow ein. "Aber wenn es hilft, dass dadurch vielleicht einer mehr überlebt, hat es sich gelohnt", geht er auf die Qualitätsindikatoren ein. Hierbei wird unter anderem der Anteil der Todesfälle in den einzelnen Kliniken bundesweit verglichen. Umso mehr ein Krankenhaus die bundesweite Rate unterbietet, umso mehr Qualitätspunkte erreicht es. Ein Haus der Grund- und Regelversorgung wie die Frankenwaldklinik kann 36 von 46 solcher Punkte erreichen. Von diesen 36 Punkten sollte man etwa 80 Prozent erzielen, die Frankenwaldklinik liegt derzeit bei 72 Prozent, wie Heiko Leske erklärt.
Im Bereich der Todesfälle aufgrund von Herzinfarkten liegt das Kronacher Krankenhaus mit 7,5 Prozent aller Todesfälle besser als der bundesweite Schnitt von 9,3 Prozent.
Jeden Todesfall hat der jeweilige Chefarzt schriftlich einzuschätzen, heißt konkret: War es Schicksal oder gibt es Verbesserungspotenzial bei der Behandlung? In der Folge gibt es dann Konferenzen, in denen Konsequenzen abgeleitet werden. Und das bezieht sich nicht nur auf Todesfälle, sondern allgemein auf Behandlungen, die vielleicht besser hätten laufen können.
"Wir haben auch vorher schon viel besprochen, aber viel voran gebracht haben wir nicht", blickt Dedow auf die Zeit vor Helios. Dies sei nun anders. Und das liegt, laut Geschäftsführer Florian Aschbrenner, nicht zuletzt auch an dem offenen Austausch mit den anderen Kliniken in dem Helios-Verbund.
Durch eben diesen habe man in Kronach nun auch Hilfestellung beim Ausbau der Geriatrie bekommen. Zu den 20 bestehenden Betten kommen ab 1. Oktober nochmal zehn hinzu. "Die Geriatrie ist aus demografischen Gründen ein wichtiges Thema in der Region", erklärt er die Erweiterung.
Während dort die Bettenzahl erhöht wird, hört man allerdings, dass sie auf der IMC-Station, auch Überwachungsstation genannt, und der Intensivstation reduziert worden sei. Darauf angesprochen, erklärt Eike Dedow, dass die Bettenzahl auf der IMC-Station unter Rhön im Jahr 2008 auf 28 Betten erweitert worden sei, belegt worden seien nur 24. Auch wenn diese 28 Betten "physisch noch da" sind, brauche ein Haus der Grund- und Regelversorgung nicht so viel Überwachungskapazität. Deshalb würden derzeit lediglich noch zehn Betten belegt. Auf der Intensivstation habe man mittlerweile wieder von sieben auf neun Betten erhöht.
Keinen Hehl machen die drei Klinik-Vertreter daraus, dass diese Stationen teuer sind, nicht zuletzt wegen der Geräte und des Personals, das man dort vorhalten muss. "Man muss immer fragen, inwieweit der Patient das braucht. Wenn er es braucht, bekommt er es", versichert Aschbrenner und verweist darauf, dass auch auf der Normalstation eine sehr gute Versorgung gewährleistet sei und nicht jeder Patient zwingend auf der Überwachungsstation liegen müsse.
Mehr Transparenz Schließlich gelte es ja auch, Behandlungen gegenüber den Krankenkassen zu vertreten. Wenn diese eine Behandlung für nicht nötig hält, werde diese auch nicht bezahlt. Ähnlich verhalte sich das mit dem Entlassungszeitpunkt. Jeder Tag, den der Patient im Krankenhaus verbringt, müsse mit medizinischen Gründen belegt werden.
Reservekapazitäten Eike Dedow wartet derweil noch auf Zahlen, die den Bedarf ermitteln sollen, wie viel Reservekapazitäten man für Notfallpatienten vorhalten muss. Weiß er doch davon, dass es in letzter Zeit öfter - als es sein sollte - vorgekommen ist, dass die Frankenwaldklinik abgemeldet war, sprich keine Notfälle mehr hat aufnehmen können. "Wir sind gerade an der Zahlenerfassung dran. Wenn es mehr Bedarf gibt, belegen wir selbstverständlich auch wieder mehr Betten."
Natürlich haben solche Faktoren, beispielsweise dass die Klinik abgemeldet war, ein Notarzt sie nicht anfahren konnte, oder einige Ärzte die Klinik verlassen haben, Vertrauen gekostet. Dessen ist sich Dedow bewusst. Aber man sei dabei, dies zu ändern.
Was den Ärztewechsel angeht, erklärt er, dass es einige Weggänge gegeben hat, die man bedauert habe. Allerdings stehe bei der Auswahl neuer Ärzte die Medizin stärker denn je im Vordergrund. So seien bei den Bewerbungsgesprächen neben dem Geschäftsführer auch ein Vertreter der jeweiligen Fachgruppe sowie der ärztliche Direktor dabei. "Das hat ein Gewicht, wenn zwei Mediziner dabei sind", so Dedow. Und Aschbrenner ergänzt, dass neue Kollegen auch neue Kenntnisse mitbrächten und sich schnell in die Abläufe einarbeiteten.
Die drei Klinik-Vertreter sind sich einig, dass die Frankenwaldklinik transparenter werden und man auch mit den niedergelassenen Ärzten mehr ins Gespräch kommen muss.
"Wenn die Leute das Gefühl haben, dass wir nicht hinterm Berg halten, dann wird über kurz oder lang auch das Vertrauen wieder wachsen", ist sich Leske sicher. Die Klinik werde oft schlechter geredet als sie ist, meint er. Das belegten die Qualitätsindikatoren, die ab dem kommenden Jahr über die Helios-Homepage übrigens auch für alle einsehbar sein sollen.