Cranachs Welt in Wittenberg - Einblicke in die Künstlerfamilie

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5.Wer die Stadtkirche St. Marien in Wittenberg betritt, wird sofort gefangen genommen von dem großen Reformationsaltar, den Vater und Sohn Cranach geschaffen haben. Foto: Marioan Krüger-Hundrup
5.Wer die Stadtkirche St. Marien in Wittenberg betritt, wird sofort gefangen genommen von dem großen Reformationsaltar, den Vater und Sohn Cranach geschaffen haben. Foto: Marioan Krüger-Hundrup
Diese Deckenmalereien aus der Cranach-Werkstatt wurden im Zuge der Sanierung des Cranach-Hauses freigelegt. Foto: Krüger-Hundrup
Diese Deckenmalereien aus der Cranach-Werkstatt wurden im Zuge der Sanierung des Cranach-Hauses freigelegt. Foto: Krüger-Hundrup
 
Diese Tafel an der Cranach-Apotheke kündet vom Geburtsort Kronach des Vaters Lucas Cranach. Foto: Krüger-Hundrup
Diese Tafel an der Cranach-Apotheke kündet vom Geburtsort Kronach des Vaters Lucas Cranach. Foto: Krüger-Hundrup
 
Die Cranachs haben das Bild des Reformators Martin Luther - hier vor dem Alten Rathaus in Wittenberg - nachhaltig geprägt. Foto: Krüger-Hundrup
Die Cranachs haben das Bild des Reformators Martin Luther - hier vor dem Alten Rathaus in Wittenberg - nachhaltig geprägt. Foto: Krüger-Hundrup
 
Wittenbergs Zentrum mit Altem Rathaus und der Stadtkirche St. Marien, in der zahlreiche Cranach-Werke beheimatet sind. Lucas Cranach der Jüngere ist darin begraben. Foto: Krüger-Hundrup
Wittenbergs Zentrum mit Altem Rathaus und der Stadtkirche St. Marien, in der zahlreiche Cranach-Werke beheimatet sind. Lucas Cranach der Jüngere ist darin begraben. Foto: Krüger-Hundrup
 
Das Cranach-Haus am Markt 4 war Wohnhaus und Werkstatt der Künstlerfamilie. Foto: Krüger-Hundrup
Das Cranach-Haus am Markt 4 war Wohnhaus und Werkstatt der Künstlerfamilie. Foto: Krüger-Hundrup
 

Im Rahmen der Landesausstellung Sachsen-Anhalt "Lucas Cranach der Jüngere 2015" gibt es auch faszinierende Einblicke in das Wohnhaus und die Werkstatt der Künstlerfamilie mit Kronacher Wurzeln.

Die Lutherstadt Wittenberg atmet Geschichte. Reformationsgeschichte natürlich, aber auch Kunstgeschichte vom Feinsten. Vor dem Alten Rathaus grüßen Martin Luther und Philipp Melanchton von ihren Podesten, unweit davon ragen die beiden Türme der Stadtkirche St. Marien in den Himmel, einstige Predigtkirche Luthers und inzwischen Unesco-Weltkulturerbe. Und am Markt 4 zeigen sich die "Cranach-Höfe" in sanierter Pracht: Der kursächsische Hofmaler Lucas Cranach der Ältere (1472 bis 1553) besaß die Höfe seit 1511 und unterhielt darin seine erfolgreiche Werkstatt.

Im Rahmen der Landesausstellung Sachsen-Anhalt "Lucas Cranach der Jüngere 2015" laden die Höfe dazu ein, sich ein authentisches Bild eines Werkhofes des 16. Jahrhunderts zu machen. An diesem historischen Ort - seit 2007 anerkanntes Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung - eröffnet sich "Cranachs Welt", eine Ausstellung zu Leben und Werk der Künstlerfamilie mit Kronacher Wurzeln.

In dem verwinkelten Gebäudeensemble lässt sich erahnen, wie umtriebig es in dem Cranach-Haushalt mit fünf Kindern und ständigen Besuchern zuging. Die miteinander durch Gänge, Treppen und Höfe verbundenen Häuser sind selbst schon ein Exponat, das fasziniert.

Geflügelte Schlange war ihr Signet

Zudem entstand darin unter den geschickten Händen von Vater Lucas und seinen Söhnen Hans und Lucas sowie etlicher Gesellen ein an Themen und Motiven reiches malerisches Werk mit dem Signet der geflügelten Schlange.

"Etwa 1000 Gemälde sind erhalten, die Cranachs haben in 80 Jahren eine erstaunliche Produktivität entfaltet", erklärt Marlies Schmidt von der Cranach-Stiftung bei einem Rundgang durch "Cranachs Welt".

In der aktuellen Exposition darf natürlich der großformatige Stammbaum der Familie nicht fehlen. Selbstredend, dass darauf der Geburtsort Kronach von Lucas Maler, wie der Renaissancekünstler ursprünglich hieß, verzeichnet ist. Sein zweiter Sohn Lucas, dem die Landesausstellung insgesamt gewidmet ist, wurde vor 500 Jahren, am 4. Oktober 1515, in diesem Wittenberger Haus Markt 4 geboren.

Vater Cranach war mit Martin Luther befreundet

Das erste Obergeschoss ist Lucas Cranach dem Älteren gewidmet. Gezeigt wird eines seiner frühesten bekannten Holzschnitte, das "Olmützer Messbuch", das um 1501/02 während der Wiener Jahre entstand. Selbstverständlich fehlen auch nicht einige "Bildnisse Luthers", Porträts des Reformators und engen Freundes von Vater Lucas.

Er und sein Sohn Lucas der Jüngere haben schließlich bis heute nachhaltig das Bild Luthers wie auch der Reformation insgesamt geprägt. "Das wir Martin Luther heute auf der Straße erkennen würden, wenn er uns begegnete, verdanken wir vor allem der Kunst von Vater und Sohn Cranach", merkt Stefan Rhein an, Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt.

Eigene Druckerei betrieben

Eine Druckerpresse belegt anschaulich, wie die Cranachs ab 1522 ihre eigene Druckerei betrieben. Daraus ging etwa Luthers sogenanntes "Septembertestament" hervor, die erste Luther-Bibel, die Vater Lucas nicht nur mit 21 Holzschnitten illustrierte, sondern auch maßgeblich finanzierte. Auch diese Kostbarkeit gehört zu den Ausstellungsobjekten in den Cranach-Höfen.

Ferner können die bisher umfangreichsten Wand- und Deckenmalereien aus der Cranach-Werkstatt aus den Jahren 1536/37 bewundert werden, die im Zuge der Sanierung freigelegt wurden.

Fast erschlagend wirkt der Bildersaal, eine Zusammenschau von Gemälden (Fotos), die in aller Welt zerstreut sind. Die Fülle gewährt einen Eindruck von der begehrten Cranach-Werkstatt in turbulenten reformatorischen Zeiten und von einem unverkennbaren Stil.

Die Cranachs porträtierten die Mächtigen und Reichen, statteten Kirchen mit Tafelbildern oder Epitaphen aus - und beflügelten erotische Fantasien: Die nackten Körper von Liebesgöttin Venus und von Quellnymphen sind pure Verlockung.

Frauen-Bilder waren Bestseller

Diese laszven Frauenbilder wurden zu den Lieblingsmotiven des Adels und verhalfen den Cranachs zu einem enormen Erfolg. "Bilder-Bestseller" würde man neudeutsch dazu sagen.

Überhaupt waren die Cranachs nicht nur viel gefragte Maler, sondern auch gewiefte Unternehmer. Marlies Schmidt, die weiter auf dem Rundgang begleitet, erzählt vom Privileg des Weinausschanks in der Studentenstadt Wittenberg, das die Cranachs innehatten. Oder vom Betrieb der einzigen Apotheke am Ort sowie umfangreichem Grund- und Immobilienbesitz.

"Die Cranachs gehörten zu den reichsten Bürgern Wittenbergs", weiß die Expertin und weist auch darauf hin, dass Vater und Sohn zudem als Ratsherrn, Kämmerer und Bürgermeister politisch engagiert waren.

Integriert in die Ausstellung im Cranach-Haus am Markt ist die Sonderschau "Cranach und Luther - Aufbruch in die neue Zeit" mit Leihgaben der Hamburger Sammlung "Atelier und Stiftung August Ohm".

Für die Darstellung der in der Renaissance erwachenden Individualität stehen eindrucksvolle italienische und deutsche Gemälde, die das Bewusstsein von einem unerhörten Aufbruch, vom Beginn einer neuen Epoche spiegeln: Madonnenbilder von Botticelli und Tintoretto, Porträts von Veronese - und natürlich Luther- und Melanchton-Bildnisse von Lucas Cranach dem Älteren.

Eine Weltpremiere

Lucas Cranach der Jüngere übernahm 1550 die Werkstatt von seinem Vater. Nach dem Tod des Sohnes am 25. Januar 1586 kam auch die Werkstatt an ihr Ende, die im Laufe der Jahre in das Anwesen Schlossstraße 1 umgesiedelt war. Doch das besondere Wirken von Lucas II. ist eine eigene Geschichte. Ihr ist die Landesausstellung im Augusteum am Lutherhaus und den Korrespondenzorten Dessau und Wörlitz gewidmet. Sie ist übrigens eine Weltpremiere. Denn bisher hat sich noch nie eine Ausstellung nahezu ausschließlich mit dem Leben und Werk des jüngeren Cranach beschäftigt.

Weitere Informationen auf der Website www.cranach2015.de.