Christine Witton bringt Asylbewerbern in Kronach Deutsch bei

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Christine Witton hofft, dass sich Bürger und Asylbewerber im Kreis Kronach annähern und austauschen. Foto: Hendrik Steffens
Christine Witton hofft, dass sich Bürger und Asylbewerber im Kreis Kronach annähern und austauschen.  Foto: Hendrik Steffens

Sie sollen sich besser verständigen können, wünscht sich die ehemalige Lehrerin. Wittig ist eine von vielen Menschen, die sich engagieren. Aber wenn es nach ihr ginge, dürften es noch weit mehr sein.

Integration ist ein Wort, das übertrieben oft gebraucht wird. Christine Witton nutzt es im Gespräch selten. Sie spricht von einem Austausch, den sie sich wünscht, zwischen Asylbewerbern und Kronacher Bürgern. Seit etwa drei Jahren ist die ehemalige Lehrerin eine von mehreren Ehrenamtlichen, die sich mit den Flüchtlingen im Kronacher Asylbewerberheim beschäftigen, um zwischen den Bewohnern und ihrer neuen Umwelt Brücken zu bauen.

Witton unterrichtet seit drei Jahren Deutsch für Asylbewerberin Kronach. Mal wird ihr Unterricht besser, mal schlechter angenommen. Das kann deprimierend sein, aber: "Ich habe drei Kinder großgezogen. Da darf man nicht so schnell aufgeben." Elmar Jonas vom Fachdienst für Migration und Integration der Diakonie in Kronach hat Witton vor drei Jahren gefragt, ob sie unterrichten wolle.
Er kannte sie aus der Zeit bis vor gut zehn Jahren, als sich regelmäßig ein Arbeitskreis Asyl in Kronach traf, dem Witton angehörte.

Ihr Kurs deckt das Nötigste ab. "Es geht nicht darum, ob es der oder die Auto heißt. Sondern darum, dass die Asylbewerber lernen, sich zu verständigen. Und darum, dass sie wahr- und ernst genommen werden. Dass wir versuchen, sie ins Kronacher Leben einzubeziehen", sagt Witton. Denn nur wer sich verständigen kann, könne am gesellschaftlichen Leben einer fremden Kultur teilnehmen.

Derzeit pausiert die frisch gebackene Großmutter mit dem Unterricht. Drei Jahre traf sie sich einmal die Woche mit Asylbewerbern im Oblatenkloster. In einem Raum mit Tafel, Tischen und Stühlen lehrte Witton ihre Schüler - meist junge Menschen aus Äthiopien - die deutsche Sprache mit Wortkärtchen und Bildern.

Aufraffen fällt manchmal schwer

Die Resonanz der Gestrandeten auf den Unterricht sei gemischt. Es gebe Höhen und Tiefen, sagt die Sprachlehrerin, "die sich nach den Höhen und Tiefen der Flüchtlinge richten". Mal kommen zehn, mal nur eine Hand voll.

Einige, die geflohen sind, haben Traumata zu verarbeiten. Sie brauchen psychologische Unterstützung, bevor an so etwas wie Sozialisation in der neuen Kultur zu denken ist. Andere geraten in einen Trott und können sich nur schwer zum Lernen aufraffen. "Die meisten Asylbewerber haben keinen festen Tagesablauf. Sie dürfen ja nicht arbeiten", weiß die Ehrenamtliche. Arbeit, findet sie, sollte eigentlich ein Menschenrecht sein.

Vor allem viele der jungen Männer litten darunter, dass sie einen Großteil des Tags nichts zu tun hätten. Witton wünscht sich deshalb mehr Kommunikation zwischen örtlichen Vereinen und Asylbewerbern, dass Fußballclubs auf die Jungs zugehen und sie zum Training einladen, Fahrdienste organisieren und zugewanderte junge Menschen aktiv integrieren. "Der Sport kann da so viel leisten", sagt sie.

Und man dürfe den Wert der Gekommenen auch in der Wirtschaft nicht unterschätzen. Viele Flüchtlinge haben studiert, abgeschlossene Ausbildungen oder schon lange in Branchen gearbeitet, die in Deutschland über Nachwuchssorgen klagen. Für solche, die nach ihrer Zeit als Asylbewerber dauerhaft in Deutschland bleiben dürfen, hat Witton "den halben Keller voll mit Geraffel", sagt sie, das sie für eine Wohnungsgründung hergeben könne.

Isoliert

Der kulturelle Austausch, meint Witton, kranke an unterschiedlichen Dingen. Die Sprachbarriere, gegen die sie jahrelang anging, sei nur ein Punkt. Ein anderer sei die fehlende örtliche Nähe: Das Kronacher Wohnheim mit seinen rund 40 Bewohnern liegt isoliert.

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist es nur bedingt zu erreichen, direkte Nachbarn gibt es nicht. "Es merkt draußen niemand, ob da jetzt eine Frau hochschwanger ist und eine Begleitung zum Arzt braucht oder ein junger Mann gern Fußball spielen würde."

Ob sie nach ihrer derzeitigen Pause weiter Deutsch lehren will, weiß Christine Witton noch nicht. Aber engagieren wird sie sich, wenn auch mit ganz alltäglichen Dingen. Einige Male, sagt Witton, war sie mit Frauen aus der Unterkunft zum Schwimmen. Für unser westliches Verständnis hat sie dabei unvorstellbares erlebt: "Eine der Frauen klammerte sich an mich. Sie war bis dahin noch nie im Wasser gewesen."

Witton erzählt von der Freude, die die Frauen an Kleinigkeiten hatten: Lange duschen, Haare waschen, föhnen. "So etwas müsste man öfter machen. Da müsste es auch Gruppen geben, die das organisieren", findet die Helferin.

Seit einiger Zeit bemüht sie sich um einen Raum in der zentralen Flüchtlingsunterkunft in Kronach, der als Gemeinschafts-Treffpunkt dienen kann. Als Anlaufpunkt für neue Ehrenamtliche, die helfen wollen. Für Menschen, die etwas spenden wollen. Und für Asylbewerber, die einander begegnen wollen. "Das wäre viel wert."