Bundesweite Schlagzeilen: Frankenwald-CSU will Seehofers Rücktritt

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Sogar in die Fernsehübertragung zu Seehofers-Pressegespräch schaffte es die Nachricht über den CSU-Kreisverband Kronach. Foto: Marco Meißner
Sogar in die Fernsehübertragung zu Seehofers-Pressegespräch schaffte es die Nachricht über den CSU-Kreisverband Kronach. Foto: Marco Meißner

Die Frankenwald-CSU erregt bundesweites Aufsehen. Der Vorsitzende des Kronacher Kreisverbands forderte den Seehofer-Rücktritt.

Was hat der heutige CSU-Kreisvorsitzende Jürgen Baumgärtner mit dem früheren Vorsitzenden Joachim Doppel gemein? Beide rückten die Frankenwald-CSU bundesweit in den medialen Blickpunkt, weil sie den Rücktritt eines Spitzenpolitikers aus den eigenen Reihen forderten. War es im Jahr 2005 Doppel, der Ministerpräsident Edmund Stoiber attackierte, so forderte am Montag Baumgärtner den Rückzug seines Parteichefs und Bundesinnenministers Horst Seehofer.

Egal ob ntv, Spiegel online oder Süddeutsche Zeitung, überall tauchte auf, dass der erste CSU-Kreisverband gegen Seehofer rebelliere. Für den ehemaligen Kronacher Landtagsabgeordneten Heinz Hausmann (CSU) ist die aktuelle Situation nicht mit der vor 13 Jahren zu vergleichen. Überhaupt versteht er nicht, wieso die überregionalen Medien derart in das Thema eingestiegen sind.

Kronach fordert offen die Ablösung Seehofers

"Ich habe das Ganze gar nicht so dramatisch gesehen", schätzt er den Rücktritts-Aufruf Baumgärtners im Zuge der Kreisdelegierten-Konferenz als "aufgebauscht" ein. Der Kreisvorsitzende habe eben seine Meinung geäußert, was legitim sei. Es habe ja keine Abstimmung gegeben, mit welcher der Kreisverband in irgendeiner Form offiziell Stellung bezogen hätte. "Dass das solche Schlagzeilen macht, hätte ich nie erwartete", stellt er fest. Im Kern sei es an diesem Abend schließlich um das hervorragende Abschneiden Baumgärtners und der CSU bei der Landtagswahl im Stimmkreis Kronach-Lichtenfels gegangen. "Alles andere waren für mich Nebenbemerkungen."

Aus seiner langjährigen, politischen Erfahrung heraus mahnt Hausmann nun zu einem besonnenen Handeln an der Parteispitze. Erst einmal gehe es um eine stabile Regierung. Von Horst Seehofer erwartet er ebenfalls ein überlegtes Handeln. Als Älterer müsse man sich in Ruhe Gedanken machen, wie es weitergehen soll und welche Mannschaft am besten den CSU-Erfolgskurs der vergangenen Jahrzehnte fortsetzen kann.

Gerade bei der jüngeren Generation innerhalb der Unionsfamilie im Landkreis gärt es aber. Bereits wenige Stunden nach der Wahl hatte JU-Kreisvorsitzender Markus Oesterlein eine Reaktion Seehofers verlangt. Zu oft hätten die jungen Parteimitglieder an den Wahlkampfständen gehört: "Was macht denn euer Parteivorsitzender wieder?" Oft genug sei es ihnen selbst schwer gefallen, Seehofers Vorstöße zu erklären.

Schon die Koalitionsverhandlungen möchte Oesterlein in die Hände von Ministerpräsident Markus Söder und dessen Vertrauten legen, um ein Dazwischenfunken des Parteichefs zu unterbinden. Waren einige Aktionen Seehofers in den vergangenen Wochen bewusst so gesteuert, dass sie Söder geschadet haben? Oesterlein lässt diese Frage wirken. Dann wird er deutlich. Auch wenn sich Horst Seehofer viele Verdienste um die Region erworben habe, müsse er bei einem Parteitag abgelöst werden - noch heuer. So wie zuletzt könne es nicht weitergehen. "Und wir hätten schon eine gute Anschlussverwendung für Horst Seehofer: als Bahn-Chef - seiner Modelleisenbahn im Keller!"

Jürgen Baumgärtner selbst hält an seinem Respekt für Seehofers Leistungen fest, sieht die Zeit für den Wechsel aber gekommen. Davon habe er ihn vor seiner Rede auch informiert. Im Zuge der Wahlanalyse im Kreisverband sei die Ansicht gereift, dass es an der Spitze eine Veränderung geben müsse. "Nicht jeder muss diese Meinung teilen, aber wir haben eine Meinung", spricht Baumgärtner davon, einem sehr politischen Verband vorzustehen. Dies sei übrigens der einzige Zusammenhang, den er mit Doppels Vorstoß im Jahr 2005 erkenne.

Kommentar von Marco Meißner

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Anschub für die Kronacher Wünsche?

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Alle reden darüber, was aus Seehofer und Söder wird. Man könnte nach der Wahl aber auch fragen, was aus dem Landkreis Kronach und Baumgärtner wird? Schließlich hatte Seehofer früher beiden großes Augenmerk geschenkt.

Und wieso taucht nun Seehofer-Kritik aus einer Versammlung auf dem flachen Land schlagartig und mit großem Tamtam auf den bundesweiten Nachrichtenportalen auf? Zumal - wie Baumgärtner berechtigt einräumt - er mit seiner Meinung zur Causa Seehofer schon in der Vergangenheit nicht hinterm Berg gehalten hatte. Wollte da ein mitteilungsfreudiger "Gönner" den Wünschen der Region und ihres Abgeordneten gezielt einen zusätzlichen Schub für eine neue Söder-Regierung verleihen?

Baumgärtner sieht für diese Medienpräsenz keine Notwendigkeit; die Kronacher Projekte seien alle auf einem guten Weg. Trotzdem wird er sich bestimmt nicht ärgern, wenn das kuriose "Marketing" am Ende Früchte trägt.