Ärzte im Kreis Kronach werden immer älter

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Viele Hausärzte müssen aus Altersgründen ihre Praxis schließen. Junge Leute kommen dann nur noch selten nach. Foto: Symbolbild/Archiv
Viele Hausärzte müssen aus Altersgründen ihre Praxis schließen. Junge Leute kommen dann nur noch selten nach. Foto: Symbolbild/Archiv
Räumliche Verteilung der Hausärzte im Landkreis Grafik: Franziska Schäfer; Quelle: Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns
Räumliche Verteilung der Hausärzte im Landkreis Grafik: Franziska Schäfer; Quelle: Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns
 

Wir haben uns im Versorgungsatlas den Landkreis Kronach herausgepickt und die Daten mal genauer unter die Lupe genommen.

"Ich habe eine Chance bekommen, mich zu realisieren und habe sie genutzt", sagt Dimitrios Lazanakis. Der 43-Jährige betreibt in Stockheim und Wilhelmsthal jeweils stundenweise zwei Hausarztpraxen. Vor fünf Jahren hat er sich für diesen Weg entschieden. "Mein Plan war komplett anders", sagt er und lacht. Pneumologie, also Lungenheilkunde, war immer sein angestrebtes Fachgebiet. Um die Voraussetzungen dafür zu erfüllen, arbeitete er mehrere Jahre in der Helios-Frankenwaldklinik - in der Abteilung für Innere Medizin. Freie Stellen gab es damals kaum welche. Und dann rückte der Beruf des Hausarztes in den Fokus: "Die Kollegen im Kreis sind meist schon alle älter und müssen in ein paar Jahren aufhören. Der Bedarf war da", sagt der 43-Jährige.

Und damit hat er nicht unrecht: 22 von 46 Hausärzten im Kreis Kronach sind über 60 Jahre alt. Der Altersdurchschnitt liegt im nördlichen Landkreis bei 57,5 Jahren und im südlichen bei 58,6 Jahren - das sind jeweils fast drei Jahre mehr als der Durchschnitt in ganz Bayern (54,9 Jahre). Das geht aus dem Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) hervor.


Ein Traum wird wahr

Nach Weiterbildungen und mehreren Jahren praktische Arbeit ergibt sich für Dimitrios Lazanakis vor einem Jahr die Chance: Er übernimmt die Hausarztpraxis in Stockheim und betreibt nebenbei die in Wilhelmsthal, für die er schon vorher mit zuständig war. "Mir war das besonders wichtig. Ich wollte meine Patienten nicht verkaufen", sagt er. Der persönliche Kontakt und das breite Spektrum der Allgemeinmedizin ist für ihn etwas ganz Besonderes. "Ich habe es nie bereut. Ich fühle mich hier wie Zuhause. Auch die Leute haben mich angenommen. Das ist mein Paradies." Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er nun die beiden Praxen.

Doch wie sieht es mit der allgemeinen Lage im Landkreis aus? Laut Birgit Grain, Pressesprecherin der KVB, spricht man bei einem Versorgungsgrad von unter 75 Prozent von Unterversorgung. Der Landkreis Kronach sei davon momentan noch weit entfernt. Im nördlichen Landkreis gibt es nach den Daten vom Versorgungsatlas einen Versorgungsgrad von 104,2 Prozent, im südlichen sind es 109,6.


Probleme und Chancen der Hausarztversorgung

"Aktuell ist im ganzen Landkreis eine Arztstelle frei. Man kann also sagen, dass wir gut besetzt sind", sagt Ines Pechtold. Sie ist Hausärztin in Tettau und engagiert sich im Hausarztverein Kronach Stadt-Land sowie im Ärztlichen Kreisverband Kronach. Sie kennt die Probleme und Chancen der Hausarztversorgung im Landkreis.
Könnte also der relativ hohe Altersdurchschnitt bei den Hausärzten bald zum Problem werden? "Ja, wir haben zwar viele ältere Kollegen, doch in den letzten Jahren haben sich auch einige junge Kollegen im Landkreis niedergelassen", erklärt Pechtold. Auch für ihre eigene Praxis kann sie jetzt schon beruhigt in die Zukunft blicken.

"Nach ihrer Facharztprüfung wird meine Tochter hier mit anfangen", erklärt sie. Auch in Pressig, Teuschnitz und Stockheim haben sich in der letzten Zeit einige junge Ärzte niedergelassen. Doch dafür werde im Landkreis auch viel getan: "Gemeinsam mit dem Klinikum in Kronach haben wir eine Weiterbildungsinitiative für junge Hausärzte angeboten", erzählt Pechtold.


Anreize für junge Ärzte schaffen

Auch mit einem besonderen Stipendium vom Landkreis, das von der Klinik in Kronach unterstützt wird, versuche man, jungen Ärzten den Start im Landkreis so leicht wie möglich zu machen. "Wir haben nicht geschlafen in den letzten Jahren. Wir haben viele Anreize geschaffen", sagt Ines Pechtold. Der zukünftigen Hausarztversorgung sehe sie positiv entgegen.

Dimitrios Lazanakis sieht das etwas anders: "Junge Ärzte werden nicht hier her kommen." Diese wollen laut Lazanakis lieber in einer großen Stadt wohnen und Karriere machen - wenn möglich neben großen Namen an großen Kliniken. "Leute, die in den Landkreis Kronach kommen könnten, sind Post-Junge", meint der 43-Jährige und lacht. Damit meint er 40-Jährige, die im Leben stehen, eine Familie gründen und das ruhige Leben auf dem Land genießen wollen - so wie er. "Ich kenne meine Patienten und sie kennen mich. Das ist für mich ein Paradies." Auch wenn er in einer Großstadt geboren ist und zwei Jahre in Paris studiert hat - die Großstadt vermisst er nicht.


Notarztversorgung sei kritisch

Doch ein Thema brennt besonders Ines Pechtold noch unter den Nägeln: "Die Notarztversorgung ist prekär. Es leisten nicht mehr viele Hausärzte diesen Dienst", erklärt sie. In Tettau gebe es für den nördlichen Landkreis aktuell noch zwei Ärzte, die neben der Arbeit in ihrer Praxis auch noch als Notärzte unterwegs sind - dazu gehört Ines Pechtold selbst. Einen Kollegen gebe es noch in Steinwiesen. Der Rest werde von den Klinikärzten gemacht. "Einen Monat neben der Praxis noch den Notarztdienst zu machen, ist richtig hart. Da muss sich bald etwas ändern."

Kommentar: Hausarzt - der Beruf im Nebel

Wenn man sich mit Medizinstudenten über ihre Zukunftsplanung unterhält, sind sich die meisten bei einem sicher: "Hausarzt will ich nicht werden." Auch wenn es sonst noch keine festen Alternativen gibt, das steht bereits fest.

Studenten, bei denen der Beruf als Hausarzt ganz oben auf ihrer Agenda steht, haben oft Eltern, die eine Hausarztpraxis betreiben. Sie wissen wie es im Alltag läuft und haben eine genaue Vorstellung davon.

Und genau das ist das Problem: Medizinstudenten wissen nicht, wie es in einer Hausarztpraxis zugeht. Haben sie dort einmal ein Praktikum gemacht, ändert sich nämlich oft deren Meinung gegenüber dem Berufsbild und es wird nicht mehr kategorisch ausgeschlossen.

Doch eine obligatorische Woche während des Studiums in einer Hausarztpraxis zu bekommen, reicht einfach nicht aus, um sich eine fundierte Meinung über diesen Beruf zu bilden und vielleicht auch die Vorteile neben den ganzen nachteiligen Punkten zu sehen.

Um Medizinstudenten Ängste und Vorurteile zu nehmen, wäre es gut, ein Pflichtpraktikum über einen längeren Zeitraum einzuführen. Vielleicht würde dann doch der ein oder andere Jungmediziner merken, dass der Hausarztberuf viele schöne Seiten hat und es sich lohnt, sich im ländlichen Raum niederzulassen. lk