Zeit für neue Proteste - Natürschützer fahren nach Berlin

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Protest: Naturschützer aus ganz Deutschland werden am 18. Januar wieder in Berlin demonstrieren.
Protest: Naturschützer aus ganz Deutschland werden am 18. Januar wieder in Berlin demonstrieren.
 
Nicht nur Gülle wird auf den Feldern ausgebracht. Die Landwirte greifen vermehrt auf Glyphosat, ein Unkrautvernichtungsmittel, zurück.
Nicht nur Gülle wird auf den Feldern ausgebracht. Die Landwirte greifen vermehrt auf Glyphosat, ein Unkrautvernichtungsmittel, zurück.
 

Naturschützer aus Kitzingen und Umgebung fahren am Samstag nach Berlin.

"Das Volk muss sich wehren und es muss sich artikulieren", sagt der Landesgeschäftsführer des Bund Naturschutzes, Peter Rottner. "Ohne gesellschaftlichen Druck tut sich in der Politik nichts." Am Samstag, 18. Januar, wollen Vertreter von Naturschutzverbänden und kirchlichen Organisationen in Berlin wieder gesellschaftlichen Druck aufbauen. Mittendrin: rund 50 Mitglieder und Sympathisanten des Bund Naturschutz aus dem Raum Kitzingen.

Bereits zum vierten Mal fährt ein Bus von Kitzingen ab und bringt Demonstranten nach Berlin. Von 11 bis 15 Uhr ist dort am Samstag ein langer Zug in Bewegung, um unter anderem gegen die industrielle Landwirtschaft zu demonstrieren. "An relevanten Themen mangelt es nicht", versichert Rottner. "Auch nicht vor der Haustür."
Klaus Petter und Manfred Engelhardt setzen sich seit Jahren für die Belange des Bund Naturschutz im Landkreis Kitzingen ein. Mit immer wechselnden Schwerpunkten.
War es in den letzten Jahren vor allem der Kampf gegen den Anbau von gentechnisch verändertem Mais, machen die Naturschützer jetzt gegen den Einsatz von chemischen Mitteln in der Landwirtschaft mobil. "Die gefährden das Grundwasser, den Artenschutz und schädigen die Nahrungskette", warnt Petter. Vor allem das weit verbreitete Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat bereitet den Naturschützern Sorgen. Es ist ein so genanntes Totalherbizid, das alle Pflanzen tötet und vor allem unter dem Namen Roundup verkauft wird. "Es ist auch für Insekten schädlich, weshalb die Population von Feldvögeln zurückgeht", erläutert Petter. Selbst der Mensch, der am Ende der Nahrungskette steht, sei betroffen.

Fragt sich nur, ob Glyphosat tatsächlich für den Menschen schädlich ist. Nach Einschätzungen des Bundesamtes für Risikobewertung ist das Unkrautvernichtungsmittel harmlos. Die menschliche Gesundheit sei nicht gefährdet. Es gibt aber auch Wissenschaftler, die warnen. Im Urin von Menschen und Nutztieren konnte das Mittel nachgewiesen werden. Welche Auswirkungen es auf den Stoffwechsel im menschlichen Körper hat, sei noch nicht ausreichend erforscht.

Der Verbrauch des Unkrautvernichtungsmittels nimmt in Deutschland seit Jahren zu. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit berichtet von rund 15000 Tonnen pro Jahr. Eine Verdopplung im Vergleich zu den 90-er Jahren. Eine Ursache für den Anstieg: Das Herbizid ist in Bau- und Fachmärkten leicht erhältlich. "Von Landwirten wird wenigstens ein Sachkundenachweis verlangt", sagt Petter. "Aber von Privatleuten nicht." Seine Forderung: "Der Verkauf von Giften muss gestoppt werden."

Auch im Landkreis Kitzingen steigt der Verbrauch von Glyphosat. "Die Betriebe werden größer, alles muss schneller gehen", sagt Thomas Karl vom Amt für Landwirtschaft. Seine Prognose: Das Pflügen der Äcker wird zum Auslaufmodell. Die Bodenbearbeitung wird sich weiter verändern. "Der gelegentliche Einsatz von Glyphosat gehört dazu", sagt Karl. Die Rückstände würden vom Körper wieder ausgeschieden, die Grenzwerte bis auf "sehr wenige Überschreitungen" eingehalten. "Wenn das Mittel für den Menschen so schädlich wäre, hätten wir schon einige Vergiftungen gehabt", gibt er zu bedenken. "Glyphosat wird schließlich seit vielen Jahren eingesetzt."

Dem Bund Naturschutz geht es nicht darum, auf Konfrontationskurs mit den Landwirten zu gehen, stellt Manfred Engelhardt klar. "Im Gegenteil. Wir wenden uns nur gegen die industrielle Produktion von Lebensmitteln. Wir sehen das bisherige bäuerliche System in Bayern bedroht." Den Vorsitzenden des BN in Kitzingen treibt auch die Sorge um, dass die neu zusammen gestellte Landesregierung das Verbot von Genmais in Bayern wieder kippen könnte.

Das Bündnis "Wir für die Vielfalt" appelliert an die Bundesregierung und an den neuen Landwirtschaftsminister Friedrich, sich klar gegen die Zulassung der Maislinie 1507 zu positionieren. Der Europäische Rat und die Kommission werden voraussichtlich bis Anfang Februar eine Entscheidung über die Zulassung des genveränderten Maises fällen. "Und der ist wesentlich gefährlicher als die Sorte MON 810", warnt das Bündnis in einer Presseerklärung. Eine Zulassung von 1507 würde auch eine zeitnahe Erteilung der Anbau-Zulassungen für mindestens fünf weitere gentechnisch veränderte Maislinien
wahrscheinlicher machen, heißt es in einem Antrag der Grünen-Fraktion an den Bundestag. Auch die seit langem befürchtete Wiederzulassung von MON 810 wäre damit für 2014 wahrscheinlich.
Langeweile wird bei den Naturschutzverbänden in den nächsten Monaten und Jahren kaum aufkommen, schließlich dürften auch die Ziele der Energiewende nicht aus den Augen verloren werden. Ein weiteres Thema, das den BN beschäftigt, fasst Klaus Petter mit dem komplizierten Wort Brunst-Synchronisation zusammen. Durch den Einsatz von Hormonen in der Tierhaltung soll beispielsweise erreicht werden, dass die Sauen möglichst gleichzeitig ihre Ferkel bekommen, die dann zum anvisierten Termin an Großkunden geliefert werden. "Sie sehen", sagt Rottner. "Themen gibt es mehr als genug."


Infokasten

Der Bus zur Demo nach Berlin fährt am Samstag, 18. Januar, um 5 Uhr am Bleichwasen ab. Rückkunft gegen 24 Uhr. Anmeldungen unter Tel. 0151/70006786.