Es spielt keine Rolle, woher man kommt

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Gefragte Autogramme: DFB-Direktorin und Ex-Nationalspielerin Steffi Jones mit dem hoffnungsvollen Heuchelhöfer Fußball-Mädchen-Nachwuchs.
Foto: Stephan Rinke

DFB-Direktorin Steffi Jones zeichnet den SC Heuchelhof für seine Integrations-Bemühungen aus

Ein wenig verloren wirken die kleinen Fußballerinnen des SC Heuchelhof in ihren zu großen, gelben Trikots und den weiten, blauen Hosen, als sie unsortiert dem Ball hinterherjagen. Hier und da fällt eine der Bambinas zu Boden, läuft in die falsche Richtung oder ist mit ihren Gedanken gerade ganz woanders, so dass die lautstarken Eltern die kleine Kickerin erst wieder auf das Wesentliche hinweisen müssen. Doch beim vom SC Heuchelhof ausgerichteten Fußballturnier am vergangenen Samstag ging es ja auch nicht etwa um Erfolg oder Ehre, sondern um eine Veranschaulichung der Bemühungen, die dem Würzburger Verein nun zum Gewinn des Wettbewerbs „365 Orte im Land der Ideen“ verhalfen. Dank des Projekts „M4all – Migrantenmädchen machen mit im Alltagssport“ kann sich der SC nun über den Titel „Ausgezeichneter Ort 2012“ freuen.

„Der Sport lebt die Integration. Man lernt, sein Selbstwertgefühl aufzubauen, sich selbst zu schätzen und man eignet sich eine gewisse soziale Kompetenz an. Genau das sind die Dinge, die ich den Kindern immer gerne mitgeben möchte“, beschreibt die Direktorin des Deutschen Fußballbunds (DFB), Stephanie Jones, die Bedeutung des Sports für Kinder mit Migrationshintergrund. Jones, die gemeinhin nur Steffi genannt wird, weiß, wovon sie redet. Als Tochter eines Amerikaners, der die Familie verließ, als sie drei Jahre alt war, wuchs sie im sozialen Brennpunkt Frankfurt-Bonames auf und hatte auch mit Beleidigungen auf Grund ihrer dunklen Hautfarbe zu kämpfen. Was folgte war eine der bisher erfolgreichsten Karrieren im deutschen Frauenfußball. Nach eigenen Angaben half der Sport Jones dabei, auch menschlich dahin zu kommen, wo sie heute ist. „Wenn ich Kindern oder Jugendlichen in schwierigen Situationen Ratschläge geben möchte, dann tragen meine eigenen Lebenserfahrungen sicher dazu bei, authentisch zu sein. Man kann ihnen aufzeigen, dass man es auch aus einem schwierigen Umfeld heraus schaffen kann, etwas zu erreichen – wenn sie etwas finden, was ihnen Spaß macht“, so Jones.

Genau diesen positiven Einfluss möchte auch das Team des SC Heuchelhof rund um Jugendleiter Heinz Reinders auf den hiesigen Nachwuchs mit ausländischen Wurzeln ausüben. „Ich schätze, dass von unseren Mädchen um die 90 Prozent einen Migrationshintergrund haben“, erklärt Andrej Mutas, der wie viele andere Übungsleiter auch kein gebürtiger Deutscher ist. „Auf dem Platz spielt es keine Rolle, wo man herkommt. Bei manchen Mädchen sieht man, wie sie nach einer Weile richtig aufblühen und an Selbstbewusstsein gewinnen. Genau das wollen wir erreichen“, so Reinders, der an der Universität Würzburg den Lehrstuhl für Empirische Bildungsforschung inne hat und eine Kooperation zwischen der Hochschule und dem Sportverein initiierte.

Doch nicht nur die Universität, sondern auch lokale Kindertagesstätten und Grundschulen werden in das Projekt miteinbezogen. Neben der Hausaufgabenbetreuung vor dem Training wird Mädchen aus einkommensschwachen Familien so ein kostenloser Nachhilfeunterricht ermöglicht mit dem Ziel, Kinder mit Migrationshintergrund über den Fußball besser in den Alltag integrieren zu können. Für dieses innovative und nachhaltige Konzept wurde der SC Heuchelhof nun schließlich von der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ als „Ausgezeichneter Ort 2012“ geehrt.

Zumindest ein Erfolg zeichnet sich bei den Integrationsbemühungen bereits ab: „Bei den Mädchen spielen im Gegensatz zu den Eltern Sprachprobleme so gut wie nie eine Rolle“, erläutert Gudrun Reinders, die ebenfalls ehrenamtlich beim SC Heuchelhof aktiv ist und setzt fort: „Ein Problem ist jedoch das Geld. Finanzielle Unterstützungen für unsere Projekte wären sehr willkommen.“ Aus sportlicher Sicht hatten übrigens nicht die kleinen Fußballerinnen vom Heuchelhof, sondern die Bambinas aus Veitshöchheim das vor der Preisverleihung stattfindende Turnier gewonnen. Doch am Ende strahlte jeder beim SC – wegen der Auszeichnung, wegen des guten Wetters und natürlich wegen Steffi Jones, die sich geduldig um jeden Autogrammwunsch der kleinen Spielerinnen kümmerte, die vielleicht in ein paar Jahren in ihre Fußstapfen treten könnten.