Weil er ein kleines Mädchen im Brustbereich und zwischen den Beinen berührt hatte, stand gestern ein 46-jähriger Mann vor Gericht. Er schien wirklich zu bereuen, was er dem Kind damit angetan hat.
Es muss verstörend für das Mädchen gewesen sein, plötzlich von einem guten Bekannten an intimen Stellen berührt zu werden. "Sie wirkt mir gegenüber immer noch verängstigt, auf jeden Fall distanziert", sagte der 46-jährige Täter vor Gericht. Aber er sei über das, was er angerichtet hatte, fast ebenso erschrocken gewesen, wie das Kind. Eine Aussage, die man dem Angeklagten durchaus abnahm, der sich gestern wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes vor dem Amtsgericht verantworten musste.
"Ich weiß, dass das ganz anders aussieht, aber ich hatte keine bösen Absichten. Ich habe einen schlimmen Fehler gemacht, den ich aber nicht mehr nachvollziehen kann." Der Mann aus dem Landkreis berichtete offen über das, was sich im März 2011 zwischen ihm und einem damals neunjährigen Nachbarsmädchen zugetragen hatte. Die Kleine sei - wie schon oft zuvor - am Nachmittag zu ihm gekommen. Er habe die Familie schon vor längerer Zeit über den Ex-Mann seiner Nachbarin kennen gelernt. "Die Kleine und ihr Bruder waren öfter da. Vielleicht haben sie in mir eine Art Vaterersatz gesehen." Meist hätten sie zusammen fern gesehen. Die Kinder hätten manchmal auch seine Nähe gesucht. "An diesem Tag ist das wohl irgendwie aus den Fugen geraten."
Das Mädchen war alleine gekommen und er alkoholisiert gewesen. "Ich war arbeitslos und ein regelmäßiger Trinker", gab der 46-Jährige zu. Er hätte mit dem Mädchen herumgealbert und sei dabei mit seiner Hand unter ihr T-Shirt geraten. "Wir haben noch Blödsinn darüber gemacht, dass ich nicht ihr Brust berühren dürfe und sie meinte, sie habe doch noch gar keine." Dieser Dialog führte am Ende dazu, dass er in ihre Hose griff. "Sie hat meine Hand sofort weggezogen - aber ich habe es noch einmal versucht", gestand der Angeklagte - obwohl in der Anklageschrift von einem zweiten Versuch gar keine Rede gewesen war. Das Kind habe das aber nicht zugelassen, sei aufgesprungen und gegangen. Ihm sei sofort klar gewesen, dass er zu weit gegangen war. "Irgendetwas hat in diesem Moment nicht gestimmt in meinem Gehirn." Als er sie am nächsten Tag traf, habe er sich sofort entschuldigt.
Bis heute ein schlechtes Gewissen
Trotzdem plage ihn bis heute ein schlechtes Gewissen. Dieses umfassende Geständnis, durch das dem Mädchen eine Aussage vor Gericht erspart wurde, rechneten Richter und Schöffen dem Mann hoch an. Auch die persönliche Entschuldigung zu einem Zeitpunkt, als von einem Strafverfahren noch keine Rede gewesen sei.
Inzwischen steht der Mann wegen seiner Alkoholsucht unter Betreuung. Er hat sich selbst darum bemüht, weil er gesehen hatte, wie seine ehemalige Lebensgefährtin immer weiter in die Sucht abrutschte. "Ich hatte Angst, dass es auch bei mir weiter abwärts geht." Bis Ende 2010 sei alles noch ganz gut gelaufen. Der Mann, der seit 1997 im Landkreis Kitzingen lebt, hatte fast immer Arbeit und seinen Alkoholkonsum einigermaßen im Griff. Nach einer Entzugstherapie im Jahr 2010 lief aber sein Vertrag im Frühjahr 2011 aus. Er fand keine Arbeit mehr, es ging bergab.
Heute scheint es ihm besser zu gehen. Er wirkte vor Gericht aufmerksam, ehrlich, reflektiert. "Ich habe seit Februar keinen Tropfen mehr getrunken", beteuerte er, obwohl er derzeit keine weitere Therapie genehmigt bekomme. Zudem geht er einer regelmäßigen Beschäftigung in einer Einrichtung für psychisch Kranke nach.
"Das ist für ihn eine Art Beschäftigungstherapie", sagte sein Betreuer und lobte die positive Entwicklung des Mannes in den höchsten Tönen. Er arbeite fleißig und zuverlässig - obwohl er für den Vollzeitjob kaum mehr als eine Aufwandsentschädigung bekomme. Seine Miete zahlt deshalb das Jobcenter. Als der Betreuer von dem Vorfall mit dem Mädchen hörte, konnte er es gar nicht glauben. "Das passt überhaupt nicht zu ihm."
Keine Gefahr für die Allgemeinheit
Das Gericht kam dann auch zu der Auffassung, dass vom Angeklagten in Zukunft keine Gefahr ausgeht. "Trotzdem ist es ein gewichtiger Strafbestand, für den eine Freiheitsstrafe zwingend ist", sagte der Richter. Die Strafe blieb aber mit neun Monaten im unteren Bereich. Da der 46-Jährige nicht vorbestraft ist, kann er durch eine Bewährung auf freiem Fuß bleiben, bekam aber Auflagen: Er muss mindestens zwei Gesprächstermine bei der Suchtberatung wahrnehmen und 450 Euro in 15-Euro-Raten an das Erich-Kästner-Kinderdorf zahlen. "Sie werden das im Geldbeutel merken und jeden Monat an ihre Tat erinnert", erklärte der Richter. Denn auch, wenn vieles zugunsten des Angeklagten spreche, seien derartige Berührungen bei einem Kind keine Bagatelle. Der Mann nahm das Urteil an. "Ich habe einen Riesenfehler gemacht und muss bestraft werden."
... und es kommt noch zu weiteren Straftaten gegen die Sexuelle Selbtbestimmung. Immerhin hat er eine Geldauflage, die ihn noch länger an seine Tat erinnert.