Bernhard Etzelmüller ist seit 37 Jahren Mitglied bei der FDP und fühlt sich nach eigener Aussage seit mehr als 25 Jahren bei den Freien Wählern in Marktsteft und im Landkreis Kitzingen sehr wohl. Wie sieht der Geschäftsführer der Firma Wiedenmann die Situation? „Wir als Firma Wiedenmann setzen alles daran, dass möglichst alle Mitarbeiter vollständig gegen Corona geimpft sind“, so Etzelmüller. Dazu habe das Unternehmen Impftermine in Marktsteft organisiert, die sehr gut angenommen worden seien. „Und bei uns gibt es einen Bonus für Mitarbeiter, die vollständig geimpft sind. Aber es besteht kein Impfzwang, wir können keinen zwingen und wir haben die freie Meinung eines jeden zu tolerieren und zu akzeptieren – so geht Demokratie. Aber ich appelliere an alle, die eventuell zu bequem sind oder sich nicht entscheiden können, ob sie sich impfen lassen oder nicht: Gehen Sie zum Impfen!“ Für den Unternehmer steht fest: Ein erneuter Lockdown wäre fatal für die Wirtschaft, die Schulen und das öffentliche Leben.
„Von beiden Seiten sehr unprofessionell“
„Meiner Meinung nach sind die Herren Söder und Aiwanger bereits im Wahlkampfmodus und unter 'Freunden' verhält man sich nicht so“, kritisiert Bernhard Etzelmüller, der auch stellvertretender Vorsitzender des IHK-Gremialausschusses Kitzingen ist. Der Streit zwischen dem bayerischen Ministerpräsidenten und seinem Vize sei dabei zu eskalieren. „Politischer Streit und gegenseitige Vorwürfe in einer Koalition bringen uns überhaupt nichts und das hat nichts mit Staatsräson zu tun. Diese Art und Weise, eine Debatte zu führen, ist von beiden Seiten sehr unprofessionell und gibt nur Raum für Impfskeptiker und Impfgegner.“ Um die Pandemie zu bekämpfen, sei es an der Zeit, mit sachlichen Argumenten für die Immunisierung der Bevölkerung Werbung zu treiben.
Dr. Uwe Pfeiffle, Vorsitzender der Freien Wähler Kitzingen, verweist darauf, dass Ministerpräsident Söder Hubert Aiwanger in einer Pressekonferenz öffentlich genötigt habe, sich zu seiner bisherigen Impfzurückhaltung zu äußern. „Ob das etwas auf einer Pressekonferenz zu suchen hat, das ist fraglich.“ Zudem habe Hubert Aiwanger nicht ausgeschlossen, irgendwann die Entscheidung pro Impfstoff zu fällen. „Ihm ist einfach der wissenschaftliche Erkenntnisstand aktuell zu wenig überzeugend. Ich denke, man sollte für sich eine solche Entscheidung treffen dürfen. Alles andere wäre Zwang. Ob er sich ohne MP Söders Aufforderung zu seinem privaten Impfstatus geäußert hätte, das wage ich zu bezweifeln.“
Respekt, sich der Sache gestellt zu haben und dabei zu bleiben
Die Resonanz auf die Aussagen Aiwangers in den Kommentaren auf Facebook-Seiten wie BR24 spreche laut Dr. Uwe Pfeiffle nicht nur für Kritik, er erhalte auch einen enormen Zuspruch. „In unserem Land darf man doch durchaus eine eigene Meinung haben, das wird gewürdigt.“ Aiwanger habe das Recht, sich kritisch zu äußern. „Ich bin ein Freund des selbstständigen Denkens und Prüfens“, so der FW-Ortsvorsitzende. Ob die Aussagen Aiwangers die Bevölkerung verunsichern? „Die positive Resonanz, die sich klar in den Klickzahlen und Kommentaren ablesen lässt, spricht eher gegen eine Verunsicherung in der Bevölkerung“, meint Pfeiffle dazu. „Auch von Geimpften erhält er teils gute Rückmeldungen. Damit hätte ich nicht gerechnet.“ Es scheine eher, Hubert Aiwanger habe einen Nerv bei der Bevölkerung getroffen, „die auf einen Politiker gewartet hat, der Rückgrat zeigt und sich nicht wie das Fähnchen im Wind dreht, was gerade Mehrheitsmeinung zu sein hat. Das war riskant, und ich schätze die Stärke unseres Bundesvorsitzenden, sich der Sache in der Form gestellt zu haben und auch konsequent dabei zu bleiben. Respekt.“
Häufig wird kritisiert, Aiwanger spiele Corona-Leugnern in die Karten? „Was ist denn ein Corona-Leugner?“, fragt Dr. Uwe Pfeiffle dazu. Er möge solche Schubladen und Etiketten nicht, weil das die Gesellschaft spalte. „Das sollten auch Journalisten vermeiden. Glaubwürdigkeit, und das zeigt die Resonanz auf Hubert Aiwanger deutlich, ist in diesen Zeiten von besonderer Relevanz.“
Dass Menschen unterschiedliche Hypothesen vertreten, müsse man respektieren. „Alles andere ist demokratiefeindlich. Wenn Bürger die Aussagen von Hubert Aiwanger befürworten, so leugnen diese ja nicht Corona, sondern haben eine andere Meinung oder Befürchtungen und dafür vermutlich auch Gründe.“ Er möge den Diskurs, so Pfeiffle, „schließlich schreiben wir Freien uns ja Denkfreiheit und Bürgernähe auf die Fahne. Bei den Freien Wählern gibt es Impfbefürworter und Skeptiker. Beides soll bei uns Raum haben.“
Als stellvertretender Vorstand der Klinik Kitzinger Land kommt Uwe Pfeiffle auch beruflich mit den Folgen der Pandemie in Berührung. Darauf angesprochen, erklärt er: „Die Thematik der Intensivbetten muss ich nicht mehr erklären, die Statistiken haben aufgedeckt, dass wir nicht in einem Engpass wegen zu vieler Patienten waren – hingegen in einem durch gesetzliche Vorgaben provozierten. Dass unser medizinisches Personal immer wieder an die eine oder andere Grenze kommt, ist nicht neu, wäre aber politisch lösbar. Das Thema der Pflegepersonal-Untergrenzenverordnung in Kombination mit einem bundesweiten Personalmangel bringe ich nicht mit Herrn Aiwanger in Verbindung, das hat Berlin ganz alleine zu verantworten.“