Viel Handarbeit für einen guten Geschmack: Carola Brunner stellt in ihrer Hofkäserei in Markt Herrnsheim 40 verschiedene Sorten Käse her.
Carola Brunner schließt genießerisch die Augen. „Mmmhh.“ Um sie herum liegen hunderte von Käselaibern auf Regalen. Doch im Kopf hat sie gerade den Geschmack von Camembert und Ziegengrillkäse. „Ohne könnte ich nicht leben“, sagt sie, lacht, und fügt gleich an, man dürfe seine eigenen Produkte ja eigentlich nicht loben. Ihre Kunden würden dem Lob aber sofort zustimmen: Seit 20 Jahren bietet die Hofkäserei Brunner in Markt Herrnsheim und auf Märkten ihren regionalen Käse an – und die Nachfrage ist groß.
25 Kühe und 30 Hektar Ackerland – die Eltern von Carola Brunner hatten einen kleinen Bauernhof, wie es einst viele gab. Die Tochter trat in ihre Fußstapfen, besuchte die Fachoberschule Agrarwirtschaft in Triesdorf. Das Praktikum in der 11. Klasse sollte folgenreich werden: Die Arbeit auf einem Ziegenhof mit Käserei gefiel Carola Brunner so gut, dass sie entschied: Statt des Studiums wird sie eine Ausbildung als Molkereifachfrau machen, dann den Hof übernehmen und sich auf die Käserei spezialisieren. Los ging es 2002 mit den eigenen Kühen, dazu schaffte die Familie Ziegen an, um sich selbst mit der Hauptzutat für ihr Produkt versorgen zu können. Erst wuchsen die Zahl der Tiere und der Betrieb, dann jedoch trennten sich Carola Brunner und ihr Mann. „Ich konnte den Betrieb nicht 1:1 so weiterführen“, sagt die Molkereifachfrau. Sie gab die Tiere ab, kauft die Milch seit einigen Jahren bei Landwirten im Nachbarort und der Region.
Rühren im riesigen Käsekessel
Während Carola Brunner vom Einstieg in ihren Traumberuf und der Entwicklung ihres Betriebs im 280-Seelen-Dorf erzählt, blickt sie immer wieder kurz zur Uhr. „Ich muss rühren“, sagt sie plötzlich, steigt ein paar Stufen hoch zum riesigen Käsekessel mit den ebenso riesigen Rührarmen. Eine fast weiße, gestockte Masse ist darin zu sehen. Mit jeder Umdrehung wird sie in kleinere Stücke getrennt, die in der Molke schwimmen, die sich zuvor an der Oberfläche gesammelt hat. „Camembert muss dreimal gerührt werden.“ Die Milch dafür hat sie am Vortag in Willanzheim geholt, in den Kessel gepumpt und über Nacht pasteurisiert. Kommt die 43-Jährige früh in die Käserei, ist die Milch runtergekühlt und sie kann den Schimmel zugeben, der später den Käse umhüllt, und die Bakterien.
Ohne Bakterien geht es nicht in der Käseherstellung. Je nach Sorte werden unterschiedliche zugesetzt, die tiefgefroren aufbewahrt und am Tag vor der Produktion „aufweckt“ werden, damit sie dann ihre Arbeit tun können. „Für Löcherkäse brauche ich andere als für Quark“, erklärt Brunner. Was sie wo zusetzt, hat die Herrnsheimerin in der Ausbildung zur Molkereifachfrau gelernt. Vieles rund ums Käsemachen hat sie sich danach noch angeeignet, ihr Wissen ausgebaut, viel ausprobiert.
Auch Lab hat sie am Morgen schon zugegeben, ein Enzym aus dem Kälbermagen, das bewirkt, dass die Milch gerinnt. Das geht schnell, und deshalb muss je nach Sorte in bestimmten Zeitabständen oder gar dauernd gerührt werden.
Drei- bis fünfmal pro Woche steht Carola Brunner mit ihrer Mitarbeiterin Dilfuza Jumaniyazova am großen Kessel in der Käserei, jedes Mal wird eine andere Sorte hergestellt. 40 hat die Hofkäserei insgesamt im Sortiment, von Löwenzahn-Sauerampfer- und Ziegengrillkäse über Bockshornklee- und Roter-Chili-Käse bis zum Silvanerkäse und dem Frankenlaib. Meist hat sie selbst die Idee, eine neue Sorte zu kreieren, in einigen Fällen aber setzt sie auch Kundenwüsche um. Beim Bockhornklee zum Beispiel, den sie von sich aus nicht hergestellt hätte. Aber er schmeckt ihr und er schmeckt auch den Kunden und ist gut nachgefragt, wenn die Ware auf den Märkten angeboten wird – freitags in Kitzingen, samstags in Würzburg und am Freitagnachmittag direkt auf dem Hof im Willanzheimer Ortsteil Herrnsheim.
Fürs Foto wuchtet die Molkereifachfrau kurz einen riesigen Frankenlaib vom Regal und legt ihn dann ganz vorsichtig wieder ab. Zehn bis zwölf Kilo ist so ein „Trumm“ schwer, während der kleine Camembert später, im Verkauf, gerade mal 160 Gramm wiegt. Es ist ein ungeplanter Handgriff unter vielen geplanten, denn so ein Käse wird sehr oft in die Hand genommen, bevor er beim Kunden auf dem Teller liegt. Die Blöcke, die später geschnitten verkauft werden, die großen und kleinen Laiber unterschiedlicher Höhe müssen immer wieder mit Salzwasser geschmiert werden, damit sich eine Rinde bildet. „Ich fördere das Gute, damit das Schlechte nicht wachsen kann“, erklärt Brunner – die schlechten Bakterien sollen keine Chance haben. Auch gedreht werden muss der Käse immer wieder, damit er gleichmäßig reifen kann. 15 Grad hat es in diesem Raum, kühl gegenüber dem Produktionsraum, warm gegenüber dem Kühlraum, in den der Käse später wandert. Der eine früher, der andere später, je nach Sorte, je nach Reifegrad. Quark reift wenige Tage, Camembert eine Woche, der Frankenlaib mindestens drei Monate. Vom Ziegenlaibchen verkauft Carola Brunner mehrere Reifestufen – je nachdem, ob es der Kunde zart und mild oder fest und würzig mag. Manch einer nimmt ihn gar als Parmesan-Ersatz aus der Region.