Sie hat den Dreh raus

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Zehn bis zwölf Kilo wiegt der Frankenlaib, der größte Käse, den Carola Brunner in ihrer Hofkäserei in Markt Herrnsheim herstellt.
Daniela Röllinger
Dilfuza Jumaniyazova und ihre Chefin Carola Brunner sind bei der Käseherstellung ein eingespieltes Team. Hier machen sie gerade Camembert.
Daniela Röllinger
Aufwändige Handarbeit: Der Käse muss regelmäßig gedreht und mit Salzwasser geschmiert werden, damit er gleichmäßig reift und sich die Rinde bildet.
Daniela Röllinger
Das Ziegenlaibchen mit Rucola frisch und etwas älter – dazwischen liegen mehrere Wochen.
Daniela Röllinger
Camembert wird nicht ununterbrochen gerührt, sondern dreimal eine Minute lang mit langen Pausen dazwischen. Aus dem Bruch-Molke-Gemisch entstehen später knapp 400 Camembert.
Foto: Daniela Röllinger
400 Formen werden mit dem Bruch-Molke-Gemisch gefüllt. Die Molke fließt ab, die Camembert-Masse bleibt zurück und wird mit der Zeit fest ...
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Bis der Käse auf dem Teller des Kunden liegt, wird er oft in die Hand genommen, unter anderem, weil er immer wieder gedreht werden muss – wie der Camembert, der sich hier noch in den Formen befindet.
Foto: DAniela Röllinger
Der Camembert liegt zum Trocknen auf Metallgittern in der Reifekammer. Mit der Zeit setzt er den für ihn typischen Schimmel an.
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Ein Traum für Käsefreunde: Die Regale im Reiferaum sind voll. Insgesamt stellt Carola Brunner 40 verschiedene Käsesorten her.
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Aufwändige Handarbeit: Der Käse muss regelmäßig umgedreht und mit Salzwasser geschmiert werden.
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Feta, Walnusskäse, Ziegengrillkäse: Diese Käse reifen in einer Vakuumverpackung, so dass sich keine Rinde bildet. Dann werden die Stücke portioniert und erneut eingeschweißt.
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Carola Brunner hat die Uhr immer im Blick - die Pause zwischen dem Rühren darf nicht zu lang und nicht zu kurz sein.
Daniela Röllinger
Der Camembert setzt während des Reifens Schimmel an.
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Aufwändige Handarbeit: Der Käse muss regelmäßig gedreht und mit Salzwasser geschmiert werden.
Foto: Daniela Röllinger
Der Camembert wird in den Formen alle vier Stunden gedreht, insgesamt vier Mal. Am nächsten Tag werden die kleinen Laiber aus den Formen genommen und kommen zunächst in den Salzbadraum, dann in ...
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Dilfuza Jumaniyazova füllt den Camembert in die Formen.
Foto: Daniela Röllinger

Viel Handarbeit für einen guten Geschmack: Carola Brunner stellt in ihrer Hofkäserei in Markt Herrnsheim 40 verschiedene Sorten Käse her.

Carola Brunner schließt genießerisch die Augen. „Mmmhh.“ Um sie herum liegen hunderte von Käselaibern auf Regalen. Doch im Kopf hat sie gerade den Geschmack von Camembert und Ziegengrillkäse. „Ohne könnte ich nicht leben“, sagt sie, lacht, und fügt gleich an, man dürfe seine eigenen Produkte ja eigentlich nicht loben. Ihre Kunden würden dem Lob aber sofort zustimmen: Seit 20 Jahren bietet die Hofkäserei Brunner in Markt Herrnsheim und auf Märkten ihren regionalen Käse an – und die Nachfrage ist groß.

25 Kühe und 30 Hektar Ackerland – die Eltern von Carola Brunner hatten einen kleinen Bauernhof, wie es einst viele gab. Die Tochter trat in ihre Fußstapfen, besuchte die Fachoberschule Agrarwirtschaft in Triesdorf. Das Praktikum in der 11. Klasse sollte folgenreich werden: Die Arbeit auf einem Ziegenhof mit Käserei gefiel Carola Brunner so gut, dass sie entschied: Statt des Studiums wird sie eine Ausbildung als Molkereifachfrau machen, dann den Hof übernehmen und sich auf die Käserei spezialisieren. Los ging es 2002 mit den eigenen Kühen, dazu schaffte die Familie Ziegen an, um sich selbst mit der Hauptzutat für ihr Produkt versorgen zu können. Erst wuchsen die Zahl der Tiere und der Betrieb, dann jedoch trennten sich Carola Brunner und ihr Mann. „Ich konnte den Betrieb nicht 1:1 so weiterführen“, sagt die Molkereifachfrau. Sie gab die Tiere ab, kauft die Milch seit einigen Jahren bei Landwirten im Nachbarort und der Region.

Rühren im riesigen Käsekessel

Während Carola Brunner vom Einstieg in ihren Traumberuf und der Entwicklung ihres Betriebs im 280-Seelen-Dorf erzählt, blickt sie immer wieder kurz zur Uhr. „Ich muss rühren“, sagt sie plötzlich, steigt ein paar Stufen hoch zum riesigen Käsekessel mit den ebenso riesigen Rührarmen. Eine fast weiße, gestockte Masse ist darin zu sehen. Mit jeder Umdrehung wird sie in kleinere Stücke getrennt, die in der Molke schwimmen, die sich zuvor an der Oberfläche gesammelt hat. „Camembert muss dreimal gerührt werden.“ Die Milch dafür hat sie am Vortag in Willanzheim geholt, in den Kessel gepumpt und über Nacht pasteurisiert. Kommt die 43-Jährige früh in die Käserei, ist die Milch runtergekühlt und sie kann den Schimmel zugeben, der später den Käse umhüllt, und die Bakterien.

Ohne Bakterien geht es nicht in der Käseherstellung. Je nach Sorte werden unterschiedliche zugesetzt, die tiefgefroren aufbewahrt und am Tag vor der Produktion „aufweckt“ werden, damit sie dann ihre Arbeit tun können. „Für Löcherkäse brauche ich andere als für Quark“, erklärt Brunner. Was sie wo zusetzt, hat die Herrnsheimerin in der Ausbildung zur Molkereifachfrau gelernt. Vieles rund ums Käsemachen hat sie sich danach noch angeeignet, ihr Wissen ausgebaut, viel ausprobiert.

Auch Lab hat sie am Morgen schon zugegeben, ein Enzym aus dem Kälbermagen, das bewirkt, dass die Milch gerinnt. Das geht schnell, und deshalb muss je nach Sorte in bestimmten Zeitabständen oder gar dauernd gerührt werden.

Drei- bis fünfmal pro Woche steht Carola Brunner mit ihrer Mitarbeiterin Dilfuza Jumaniyazova am großen Kessel in der Käserei, jedes Mal wird eine andere Sorte hergestellt. 40 hat die Hofkäserei insgesamt im Sortiment, von Löwenzahn-Sauerampfer- und Ziegengrillkäse über Bockshornklee- und Roter-Chili-Käse bis zum Silvanerkäse und dem Frankenlaib. Meist hat sie selbst die Idee, eine neue Sorte zu kreieren, in einigen Fällen aber setzt sie auch Kundenwüsche um. Beim Bockhornklee zum Beispiel, den sie von sich aus nicht hergestellt hätte. Aber er schmeckt ihr und er schmeckt auch den Kunden und ist gut nachgefragt, wenn die Ware auf den Märkten angeboten wird – freitags in Kitzingen, samstags in Würzburg und am Freitagnachmittag direkt auf dem Hof im Willanzheimer Ortsteil Herrnsheim.

Fürs Foto wuchtet die Molkereifachfrau kurz einen riesigen Frankenlaib vom Regal und legt ihn dann ganz vorsichtig wieder ab. Zehn bis zwölf Kilo ist so ein „Trumm“ schwer, während der kleine Camembert später, im Verkauf, gerade mal 160 Gramm wiegt. Es ist ein ungeplanter Handgriff unter vielen geplanten, denn so ein Käse wird sehr oft in die Hand genommen, bevor er beim Kunden auf dem Teller liegt. Die Blöcke, die später geschnitten verkauft werden, die großen und kleinen Laiber unterschiedlicher Höhe müssen immer wieder mit Salzwasser geschmiert werden, damit sich eine Rinde bildet. „Ich fördere das Gute, damit das Schlechte nicht wachsen kann“, erklärt Brunner – die schlechten Bakterien sollen keine Chance haben. Auch gedreht werden muss der Käse immer wieder, damit er gleichmäßig reifen kann. 15 Grad hat es in diesem Raum, kühl gegenüber dem Produktionsraum, warm gegenüber dem Kühlraum, in den der Käse später wandert. Der eine früher, der andere später, je nach Sorte, je nach Reifegrad. Quark reift wenige Tage, Camembert eine Woche, der Frankenlaib mindestens drei Monate. Vom Ziegenlaibchen verkauft Carola Brunner mehrere Reifestufen – je nachdem, ob es der Kunde zart und mild oder fest und würzig mag. Manch einer nimmt ihn gar als Parmesan-Ersatz aus der Region.

Die Käsefachfrau ist selbst kein großer Fan der allerkräftigsten Käse. „Aber jeder hat ja einen anderen Geschmack.“ Deshalb will sie auch niemandem etwas aufdrängen, auch nicht ihren Ziegenkäse. Wer den Geschmack nicht mag oder nicht probieren will, der muss es auch nicht. Er wird im breiten Angebot auch anders fündig.

Während ihre Mitarbeiterin das Bruch-Molke-Gemisch mit Hilfe eines dicken Schlauchs in die Formen füllt, zeigt Carola Brunner im zweiten Reiferaum den Camembert, den beide vor einer Woche hergestellt haben. Es hat sich schon der typische Schimmel gebildet, die kleinen Laibchen sind bereits einzeln in Frischhaltefolie eingepackt. Vorsichtig drückt die 43-Jährige mit dem Finger auf das runde weiße Stück. „Man merkt, wie es nachgibt. Es wird jeden Tag weicher und geschmackvoller.“

Im Kühlraum liegt Feta in den Regalen, daneben Ziegengrillkäse und Walnusskäse. Die Stücke sind vakuumiert, sollen keine Rinde bilden. Kämen die Nüsse im Käse mit Luft in Berührung, sie würden vom Schimmel befallen – und zwar nicht wie beim Camembert vom guten, sondern von dem, der ungesund ist, ja gefährlich sein kann. Später werden die großen Blöcke portioniert und jede Portion wieder eingeschweißt, das erhöht die Haltbarkeit.

Immer die Uhr im Blick

Der Schutz vor „schlechten“ Keimen ist bei jedem einzelnen Arbeitsschritt wichtig. Wer in die Käserei will, muss Schutzkleidung anziehen, Mantel, Haube, Schuhe, und sich gründlich desinfizieren. Unzählige Male geht auch Carola Brunner selbst während der Produktion zum Spender, wäscht und desinfiziert die behandschuhten Hände. Die Ware muss einwandfrei bleiben.

Tomate, Basilikum, Bärlauch, Rucola, Weinblätter, Nüsse... die Vielfalt der Lebensmittel, Kräuter und Gewürze, die Carola Brunner verarbeitet, ist groß. Und weil das Auge mitisst, kommt es natürlich auch aufs Aussehen an. Das Schlotfegerla zum Beispiel, wird mit Spezialasche für die Käseherstellung bestreut, „fein pudrig, wie Mehl“, sagt die 43-Jährige, „die kann man mitessen“. Wie es überhaupt an allen ihren Käsesorten nichts gibt, was abgeschnitten und in den Müll geworfen werden müsste.

Zurück im Produktionsraum geht der Blick wieder zur Uhr. Carola Brunner schlägt die Folie zurück, die ihre Mitarbeiterin über die frisch gefüllten Camembert-Formen gedeckt hat. Es geht ans Umdrehen. Jede einzelne der knapp 400 Formen nimmt sie in die Hand. Der Käse klebt inzwischen schon etwas zusammen, die Molke fließt ab. Alle vier Stunden wird gedreht, insgesamt vier Mal, die Laiber werden mit der Zeit immer fester. Bis zum nächsten Tag bleibt der Käse in der Form, dann wird er herausgenommen und kommt in den Salzbadraum. 70 Minuten bleibt er in der Flüssigkeit, einige Schnittkäse über Nacht, der Frankenlaib zwei Tage. Dann werden die Stücke in den Reiferaum auf Gitter gelegt, wo sie trocknen können und nach und nach ihren Geschmack entwickeln.

Herrnsheimer Markt: Am Sonntag, 24. Juli, findet der Herrnsheimer Markt statt – einer der ältesten Bauernmärkte in der Region. Es gibt Aktionen und Verkaufsstände, auch Carola Brunner wird ihre Produkte auf dem Markt verkaufen.