Riechen, schmecken und entdecken

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Statt Wein gibt es einen Schluck Wasser zur Begrüßung. Sehr zum Erstaunen des Zahnarztes – und zur Freude seiner Mitarbeiter ...
Ralf Dieter
Mit ihrem „Geschichtswägele“ führt Christa Volk die Besucher durch die Stadt.
Ralf Dieter
Immer wieder gibt es an den Stationen kleine Leckereien.
Ralf Dieter
Vor dem Schelfenhaus befindet sich die letzte Station der Tour.
Ralf Dieter
Was sich wohl in dem Beutel befindet? Christa Volk bindet ihre Gäste mit ein.
Ralf Dieter
Gemeinsam geht es durch die Straßen von Volkach. Ein „Freiwilliger“ zieht den Wagen.
Ralf Dieter
Zum Abschluss gibt es den verdienten Applaus.
Ralf Dieter
Christa Volk vor einem typisch fränkischen Hof – mitsamt Birnbaum.
Ralf Dieter

Gästeführungen im Landkreis: Christa Volk bindet ihre Besucher in die Erkundung Volkachs ein.

„Ein Muss“, sagt Christa Volk und deutet auf das Foto. Eine klare Ansage: Die Vogelsburg müssen die Gäste unbedingt einmal gesehen haben. Jetzt aber sind sie erst einmal in den Gassen Volkachs unterwegs. Und genießen die Tour mit der erfahrenen Gästeführerin.

Seit 28 Jahren ist Christa Volk Gästeführerin in Volkach, nebenher arbeitet sie an den Wochenenden in der Tourist-Information. Kaum jemand hat so viel Kontakt zu den Besuchern der Mainschleife. Und kaum jemand hat so viel Spaß daran, ihnen die Geschichte und die Geschichten Volkachs näher zu bringen.

An diesem Tag hat eine Zahnarztpraxis aus dem Landkreis Forchheim die Tour mit dem Geschichtswägele gebucht. „Das Wägele bin ich“, sagt Volk und deutet auf die vielen kleinen Kästchen und Schatullen, in denen sie allerhand Überraschungen gelagert hat. Für jede Station hat sie ein passendes Symbol dabei. Am Rathaus geht es los. Volk pickt sich erst einmal einen „Freiwilligen“ raus, der den Bollerwagen in den kommenden 90 Minuten durch Volkachs Gassen ziehen darf. Zum Lohn bekommt der Zahnarzt einen orangefarbenen Filzhut aufgesetzt. Der erste Bann ist gebrochen. Die Gruppe lacht – und zieht fröhlich hinter dem Wagen her in Richtung Weinfestplatz.

Bis zu 20.000 Gäste im Jahr

27 Gästeführer gibt es in Volkach, 13 von ihnen führen auch Flusskreuzfahrt-Touristen in englischer Sprache. „In den Herbstmonaten kommen während der Hochsaison schon einmal rund 40 Führungstermine pro Woche zusammen“, berichtet Tourismusleiter Marco Maiberger. Im letzten Jahr wurden insgesamt 611 Führungen durchgeführt. Zwischen 18000 und 20000 Gäste erhalten somit Jahr für Jahr umfangreiche Informationen über die Stadt.

Ob ein Rundgang mit Stadtschreiber Niklas Brobst, eine Gourmet-Häppchen Tour oder eine Segway-Tour durch die Weinberge: Die Angebote sind abwechslungsreich, insgesamt gibt es 17 verschiedene Routen. Die mit dem Geschichtswägele gehört zu den Rennern. „Weil sie besonders abwechslungsreich ist“, sagt Christa Volk. Und weil die Gäste nicht bloße Zuhörer sind. Immer wieder werden sie eingebunden, dürfen riechen, schmecken und so manches Rätsel lösen.

Zeitzeugen befragt

Die Idee zu dieser Tour hatte die gebürtige Esslebenerin, die seit 1983 in Volkach lebt, bereits vor 16 Jahren. Da ist ein Kinderpfad im Museum Barockscheune eingerichtet worden. „Und der ist vor allem von den Erwachsenen gut angenommen worden“, erinnert sie sich. Also hat sie in den Wintermonaten im Archiv nach Fakten gegraben, nebenher ganz viele Einheimische befragt und ihre eigene Tour zusammengestellt. „Ich wollte von Zeitzeugen wissen, wie Volkach nach dem Krieg ausgeschaut hat, wie das Arbeiten in den Weinbergen vor 50 Jahren war.“ Wertvolle Informationen hat sie so erhalten, die sie gerne an ihre Gäste weitergibt. „Die sollen sich mitreißen lassen, den Kopf einfach für ein paar Stunden ausschalten und richtig genießen“, wünscht sie sich.

An diesem Vormittag klappt das einwandfrei. Die Zahnarzthelferinnen und Zahnärzte raten, wie hoch der Kirchturm ist (54 Meter), staunen, dass der letzte Türmer bis ins Jahr 1932 oben im Turm lebte und Musikunterricht gab. Sie laufen durch die Allee am Weinfestplatz und können kaum glauben, dass hier seit mehr als hundert Jahren Weinfeste gefeiert werden – und mittlerweile rund 10.000 Besucher pro Festtag kommen. Sie hören von dem zweiten „Muss“, der Kirche Maria im Weingarten, die ihre Gästeführerin als „spirituelle Tankstelle“ bezeichnet.

Vom Brand zum Hochwasser

An der Stadtmauer geht es entlang und mitten hinein in die Geschichte der Stadt. Lebendig erzählt Christa Volk vom Hochwasser, das Volkach immer wieder heimsuchte und heimsucht. „Dann steht der Weinfestplatz komplett unter Wasser.“

Anfang des 19. Jahrhunderts hat die Stadt ihr Gesicht komplett verändert. Sechs Tage lang hat es im Jahr 1804 in Volkach gebrannt. „Die Häuser waren sehr eng aufeinander gebaut, das Wasser zum Löschen fehlte und wegen der Holzbauweise fand das Feuer immer neue Nahrung“, erklärt die Gästeführerin. „Ab da wurden die Häuser aus Stein gebaut.“ Vor einem solchen Haus, gebaut aus Muschelkalk, bleibt sie mit der Gruppe zum letzten Mal stehen und zeigt auf den Birnbaum, der wunderschöne Früchte trägt. „So hat früher ein typischer fränkischer Hof ausgeschaut“, sagt Volk und erklärt, warum dort gerade ein Birnbaum gepflanzt wurde: Weil seine Wurzeln angeblich die Feuchtigkeit aus dem Keller ziehen.

Auf den Geschmack gekommen

Gut gesättigt mit Geschichten, Informationen und kulinarischen Leckerbissen kommen die Gäste wieder am Rathaus an. Zwischendurch hatte Christa Volk ihnen Zwetschgen, Griebenschmalz, und natürlich einen „Spruutz Wein“ kredenzt. Keine Frage: Auf dieser Tour kommen die Besucher auf den Geschmack – und kehren irgendwann an die Mainschleife zurück.