„Mein Körper wollte nicht so recht. Aber ich bin trotzdem froh, dass ich sehr schnell wieder fit im Kopf war“, sagt er. Das sei ihm wesentlich lieber als andersherum.
Die Besatzung eines Sanitätsautos brachte ihn im September zur Reha nach Herzogenaurach. Er wurde liegend transportiert. Bis dato konnte er sich fast gar nicht rühren.
In Herzogenaurach gab es ein neues Problem. „Ich hatte einen multiresistenten Keim mitgebracht und musste deshalb erst mal wochenlang isoliert werden.“ Sein Krankenzimmer nannte Ahrens – Humor ist schließlich heilsam – „Raumschiff Enterprise“, weil alle Besucher nur in keimfesten Anzügen hereindurften. Er selbst begann, im „Ganzkörperkondom“ Treppen zu steigen, „jeden Tag ein, zwei Stufen mehr“. Auch sonst war Üben, Üben, Üben angesagt, sowohl fürs Herz als auch für die Organe. Bei einer Trainings- und Massage-Einheit erlitt Ahrens einen Kreislaufkollaps, woraufhin ihn die Trainer ein bisschen weniger stark antrieben.
„Es gab – und gibt – gute und schlechte Tage“, sagt der 62-Jährige. Sein Gang durch die Wohnung in Etwashausen wirkt noch ein kleines bisschen staksig. Ende November kam der evangelische Geistliche nach Hause – zum ersten Mal nach Monaten sah er Kitzingen wieder. Rein äußerlich merkt man ihm – bis auf den Gewichtsverlust von 17 Kilo – nicht viel von den aufreibenden vergangenen Monaten an.
„Ich habe gelernt, dass Monaco Franze recht hat: 'A bisserl was geht immer'.“
Uwe Bernd Ahrens, Pfarrer
Trotzdem wird er noch lange nicht wieder voll einsatzfähig sein. Ahrens' Kardiologe hat seinen Patienten ganz eindrücklich vor jeder Art von Stress gewarnt. „Ich muss sehr vorsichtig mit dem Wiedereinstieg in den Beruf sein. Das Herz muss diese Herzensangelegenheit auch verarbeiten.“
Den Ausstieg aus dem Religionsunterricht in den Schulen hatte Ahrens schon vor seinem Infarkt in die Wege geleitet. Nun überlässt er auch die Verwaltung der Kindergärten weitgehend anderen.
„Keiner ist unersetzlich. Man muss das auch aushalten, dass andere manches anders machen als man selbst, aber deshalb nicht schlechter“, findet Ahrens. Die Erfahrungen des letzten halben Jahres lassen ihn gelassener auf das Leben schauen. „Ich habe gelernt, dass Monaco Franze recht hat: 'A bisserl was geht immer'. Manchmal ist es halt nur ganz wenig.“
Wenn man genau hinschaut, dann sehe man auch die kleinen Erfolge. „Ich bin sensibler geworden. Und empfindlicher.“ Größere Streitfälle möchte Ahrens tunlichst vermeiden.
Wenn er an seine berufliche Zukunft denkt, dann denkt er vor allem an eines: an Seelsorge. „Ich habe mich gefragt: Was ist denn deine Kernaufgabe?“. Und er hat sich darauf selbst die Antwort gegeben: „Ich möchte nah am Menschen sein und ein Sprachrohr für andere, die vielleicht in schwierigen Situationen sind und sich nicht selbst artikulieren können.“
Ob er nach dem Infarkt nie an Gott gezweifelt hat? Oder zumindest mit ihm gehadert? „Man fragt sich schon, warum das gerade mir passieren muss. Aber natürlich weiß ich, dass es darauf keine Antwort gibt. An Gott gezweifelt habe ich nicht. Da hilft mir sicher auch meine theologische Vorbildung. Es war eher andersherum. Ich bin Gott dankbar.“
Dankbar? Ahrens nickt. Je klarer ihm die eigene Situation geworden ist, desto klarer habe er auch gesehen, „dass ich viele, viele Schutzengel hatte – damit angefangen, dass ich direkt an der Straße geparkt habe, bis hin zu der Tatsache, dass die Uni-Klinik gleich um die Ecke war.“ Diese Schutzengel will Uwe Bernd Ahrens künftig nicht allzu stark herausfordern. „Ich hoffe, die Menschen verstehen das.“
Am Sonntag, 31. Januar, wird Pfarrer Ahrens zusammen mit Pfarrer Oppelt ab 10 Uhr erstmals wieder einen Gottesdienst zelebrieren – den Faschingsgottesdienst der Kitzinger Karnevals-Gesellschaft. „Traditionell mit gereimter Faschingspredigt“, verspricht der Geistliche, der sich damit auch bei allen Menschen bedanken möchte, die mit ihm gelitten und mitgefiebert haben.