Und sie hat eine Bioenergetik-Praxis aufgebaut – aufgrund der Erfahrungen am eigenen Leib. Die Arbeit dort – da ist sich Christiane Rudolf ganz sicher – wird nie in Dauerstress ausarten. „Ich brauch' das Höher-Schneller-Weiter nicht mehr.“ Zwar interessieren sich viele für ihre Arbeit – unter anderem die Kitzinger Zahnärztin Katharina Orlob –, aber an manchen Tagen lässt Rudolf ihre Praxis einfach geschlossen und macht das, wofür sie so lange vermeintlich keine Zeit hatte: leben.
Sie sagt, sie habe gelernt, jeden Moment so zu genießen, wie er ist. „Man hat letztlich nicht alles, was passiert, selbst in der Hand.“ Mit dieser Erkenntnis gehe es ihr gut. „Das Leben ist wunderschön!“
„Mir ging es rein ums Geld“
Genau den gleichen Satz sagt heute auch Andreas Teufel. Der Wiesentheider, der früher beim Grenzschutz war und dann eine Druckerlehre anschloss, war auf eine andere Art arbeitssüchtig als Rudolf. „Bei mir ging es rein ums Geldverdienen.“ Schon während seiner Ehe, aber auch nach der Trennung von seiner ersten Frau buckelte er, was das Zeug hielt – unter anderem, um seinen Töchtern „mehr bieten zu können als den normalen Unterhalt“. Wenn seine Spätschicht in der Druckerei um 22 Uhr endete, begann um 22.30 Uhr sein Dienst in einer Disko.
Dass er seine Kinder nicht mehr um sich hatte, war für Andi Teufel auch eine seelische Belastung. „Ich hab' immer noch mehr gearbeitet. Mich immer noch mehr reingestresst. Irgendwann habe ich Herzprobleme gekriegt, aber ich war zu stolz, um zuzugeben, dass es mir schlecht ging.“ Andreas' Leben kippte. „Ich bin ganz unten gelandet.“
Dann kam Sabine. „Sie ist für mich vom Himmel gefallen – wie ein Engel, wirklich“, sagt Andi Teufel. „Sie hat mir den Sinn des Lebens gezeigt.“ Durch die neue Frau an seiner Seite habe er zum Beispiel gelernt, wie es sich anfühlt, sich von Herzen zu freuen. „Früher bin ich durch den Schlosspark gelaufen, ohne nach rechts oder links zu schauen. Heute setze ich mich mit Sabine und unseren Kindern unter die große Weide und freue mich an der Sonne, am Gras, den Blumen... Das alles ist mir vorher gar nicht aufgefallen.“
Vor kurzem habe er mal „einen Tag gar nichts gearbeitet“, erzählt Andreas Teufel lachend. Er sei an diesem Tag „komplett runtergefahren“. Ein unglaublich gutes Gefühl sei das gewesen.
In Andreas Teufels neuem Leben gibt es ein paar Prämissen: „Ich habe gelernt, nicht immer zu allem und jedem ja zu sagen. Sondern auch mal gegen den Strom zu schwimmen, wenn ich von einer Sache überzeugt bin.“ Außerdem ist sich der 38-Jährige heute sicher: Geld macht nicht glücklich. „Am glücklichsten machen mich Sabine und die Kinder.“
Andreas Teufel hat seinen Engel gefunden. Und Christiane Rudolf? Die hat sich direkt an Gott gewandt. Die Zeit auf der Intensivstation, nach dem Koma, war für sie das denkbar schrecklichste Erlebnis. Aber sie ist trotzdem dankbar dafür. Denn: „Ich habe dort einen Deal gemacht – einen Deal mit Gott“, sagt die 65-Jährige. „Ich habe gesagt: 'Pass auf, Freund, entweder Du lässt mich schlagartig sterben. Oder Du zeigst mir, was ich machen soll'“.
Dauern „unter Strom“?
Workaholics-Tag: Am 6. Juli wird auf die Gefahren der Arbeitssucht aufmerksam gemacht und für eine bessere Work-Life-Balance geworben.
Was ist Arbeitssucht? Arbeitssüchtig ist, wer trotz guter Vorsätze nicht aufhören kann zu arbeiten. Mit der Suchterkrankung geht eine Wahrnehmungsveränderung einher; Betroffene vernachlässigen Partner, Freunde, sich selbst. Oft werden sie krank (Burn-Out, Herzprobleme).
Was tun? Therapeutische/ psychosomatische Behandlung; Infos: www.arbeitssucht.de; Die Selbsthilfegruppe der Anonymen Arbeitssüchtigen trifft sich jeden 1. und 3. Dienstag im Monat um 19 Uhr im Selbsthilfehaus, Scanzonistr. 4, Würzburg.