Kinder erobern die Feuerwehr

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Für 48 Stunden wird die Fahrzeughalle der Geiselwinder Feuerwehr zum riesigen Schlafsaal.
Für 48 Stunden wird die Fahrzeughalle der Geiselwinder Feuerwehr  zum riesigen  Schlafsaal.
Sebastian Rückel zeigt den Kindern, wie ein Verletzter mit Hebekissen gerettet werden kann.
Sebastian Rückel zeigt den Kindern, wie ein Verletzter mit Hebekissen gerettet werden kann.
 
Früher haben sie selbst die Aktion mitgemacht, jetzt sind sie Betreuer: Louis und Luisa kümmern sich um die Ferienpasskinder.
Früher haben sie selbst die Aktion mitgemacht, jetzt sind sie Betreuer:  Louis und Luisa kümmern sich um die Ferienpasskinder.
 

48 Stunden verbringen die Ferienpasskinder alljährlich bei der Geiselwinder Feuerwehr. Dabei haben sie nicht nur viel Spaß, sondern lernen auch, sich im Ernstfall richtig zu verhalten.

Überall Schlafsäcke, Decken, Kissen, Kuscheltiere, Rucksäcke - für 48 Stunden hatte sich die Fahrzeughalle im Geiselwinder Feuerwehrhaus am Wochenende in einen riesigen Schlafsaal verwandelt. Die Feuerwehrautos mussten weichen und Platz machen für 40 Ferienpasskinder, die sich die schon traditionelle Aktion "48 Stunden bei der Feuerwehr" auch in diesem Jahr nicht entgehen lassen wollten.
Die Geiselwinder Feuerwehr beteiligt sich schon seit vielen, vielen Jahren an der Ferienpassaktion - allerdings damals noch mit einem Betreuungsnachmittag, wie Betreuer Wolfgang Stumpf erzählt. Später wurden 24 Stunden daraus und vor etwa zwölf Jahren sei sogar der Wunsch der Kinder umgesetzt worden, daraus 48 Stunden zu machen. Der Mehraufwand für die Feuerwehr hielt sich in Grenzen, die Begeisterung der Kinder war dagegen riesig. So war auch in diesem Jahr der Andrang groß. 43 Kinder hatten sich angemeldet, 40 waren gekommen, erzählte Stumpf. Manche Kinder konnten es am Freitagnachmittag gar nicht erwarten. "Die ersten rückten schon um 14 Uhr an", berichtet der Betreuer. Sie brachten wie vereinbart Luftmatratzen, Schlafsäcke und sogar eigene Feldbetten mit und ließen sich dort häuslich nieder, wo sonst die Einsatzfahrzeuge abgestellt sind. Die Vorgabe lautete lediglich, ausreichend Abstand zur Einsatzkleidung der Feuerwehr einzuhalten, damit im Einsatzfall keine Behinderungen entstehen. Eine Bitte, die die Kinder selbstverständlich erfüllten, schließlich wissen sie, wie wichtig es ist, dass die Feuerwehr im Fall des Falles schnell vor Ort ist.

Ab 5.30 Uhr voller Tatendrang


Nach vielen Jahren Erfahrung mit der Ferienpassaktion verfügt die Feuerwehr über eine ansehnliche Spielesammlung. Aus diesem Fundus stellen die Feuerwehrler, vor allem aber die für die Kinderbetreuung zuständige Jugendgruppe, ihr Programm mit festen Bestandteilen wie Nachtwanderung und Grillen zusammen - und natürlich gab es auch einige Ausbildungsstationen, an denen die Jungen und Mädchen die Arbeit der Feuerwehr kennen lernen konnten.
Zwar herrschte am Freitag bereits um 23.30 Uhr Nachtruhe, die ersten der sechs- bis zwölfjährigen Ferienpassteilnehmer waren aber bereits um 5.30 Uhr voller Taten- und Erlebnisdrang wieder wach. Nach einem gemeinsamen reichhaltigen Frühstück begann der Samstag an sieben einfachen Ausbildungsstationen.
Die wesentlichen Handgriffe bei der ersten Hilfe wurden gezeigt, die Kinder erfuhren, was sie bei einem Notruf alles mitteilen müssen und an wen sie sich dabei wenden. Aber auch, wie sie sich in einem verrauchten Zimmer verhalten müssen, wissen die Teilnehmer jetzt. Und für die ganz Mutigen bestand sogar die Möglichkeit, einen Fettbrand zu löschen. Am Nachmittag stand eine Schnitzeljagd an. Dabei mussten die Kinder eine geheimnisvolle Schatztruhe in der alten Burg finden. Für den Abend war nach vielen unterhaltsamen Spielen Grillen am Lagerfeuer mit Stockbrot vorbereitet. "Die Kinder sind mit Begeisterung dabei und können vieles fast nicht erwarten", zog Stumpf zur Halbzeit Bilanz.
Selbst wenn die Veranstaltung schon Tradition hat, geht es natürlich nicht ganz ohne Vorarbeit. An zwei Abenden hatte sich das Team der Verantwortlichen zur Vorbereitung und Feinabstimmung getroffen. Neben 15 Erwachsenen ist die Jugendgruppe mit neun Helfern vertreten. Viele Spenden ermöglichten die Verpflegung sowie die Bereitstellung von Preisen und Belohnungen.

Luisa hat viel Spaß


Die 16-jährige Luisa gehört seit 2008 zur Jugendfeuerwehr und freut sich auf die Ferienpassaktion, an der sie früher selbst immer gerne teilnahm. "Es macht Spaß, mit den Kindern zu spielen und sie zu unterhalten", sagt Luisa und lässt ihren Blick kontrollierend über die kleinen Gäste schweifen, die nach dem gemeinsamen Mittagessen mit Nudeln, Hackfleisch und Tomatensoße einen Gang zurück geschaltet haben.
Für die angehende Feuerwehrfrau ist wesentlich, dass man bei der Feuerwehr fast wie in der Schule sehr viel lernen kann, nur dass es lustiger und lockerer zugeht. Andere mögen sich lieber mit dem Internet beschäftigen, für Luisa bedeuten die Ausbildungsabende eine ganze Menge mehr. "Es ist eben gut, wenn man nicht mehr ganz ahnungslos ist", sagt Luisa.
Ähnlich ist es bei Louis. Der 14-Jährige war schon mit drei Jahren vom Feuerwehrleben begeistert, wurde vom Vater und später vom Bruder mitgenommen. "Die gelebte Kameradschaft und die Zuverlässigkeit sind für mich wesentlich", erklärt er, er hat schon vieles lernen können, was man auch im Alltag gebrauchen kann. Dass viele gleichaltrige Jugendliche lieber etwas anderes unternehmen, bedauert er zwar, überzeugt, wie er ist, stört es ihn aber nicht.

Viele Höhepunkte im Jahr


Er drückt so mit anderen Worten aus, was auch Luisa empfindet: Sie beklagt, dass die Feuerwehrjugend derzeit nur noch neun Mann stark ist, wo es doch so viele Glanzlichter im Jahr zu erleben gibt. Sie nennt beispielhaft das Jugendzeltlager in Fahr am Main, aber auch einmal ein altes Auto zerschneiden zu dürfen. Dass diese spielerischen Erlebnisse einmal zum bitteren Ernst im Einsatzfall werden können, ist ihr dabei klar. Da sie schon 16 Jahre alt ist, wird sie auch zu Einsätzen mitgenommen, darf sich aber nicht in die Gefahrenzone begeben. "Auch wenn man nur den Verkehr regelt, spürt man, dass man gebraucht wird", erzählt sie und weiß, dass sie mit der Übernahme in die aktive Feuerwehr auch zu schweren Einsätzen auf der Autobahn ausrücken muss. Ob sie sich als Atemschutzträgerin ausbilden lässt, weiß sie, anders als Louis, noch nicht. Er hat sich diese Ausbildung bereits fest vorgenommen und will damit beginnen, sobald die Voraussetzungen dafür erreicht sind.