Pestizide bedeuten eine Gefahr für Mensch, Tier und Pflanze. Bestimmte Pflanzenschutzmittel wurden von der EU jetzt verboten. Für den Bund Naturschutz ist das der erste Schritt in die richtige Richtung.
Pestizide haben folgenschwere Auswirkungen auf Bienen. Sie finden nicht mehr den Weg zurück. Sind orientierungslos. Können sich nicht um ihren Nachwuchs kümmern. Sterben. Doch das soll sich ändern. Die EU hat jetzt den Gebrauch bestimmter Pflanzenschutzmittel, die für Bienen lebensgefährlich sind, verboten. Diese Regelung greift ab Dezember und gilt zunächst für zwei Jahre, um sie auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. "Wir haben in der konventionellen Landwirtschaft einen massiven Einsatz von Agrargiften und damit eine immense Schädigung für Mensch, Tier und Pflanze. Deshalb brauchen wir ein dauerhaftes Verbot", fordert Richard Mergner, Landesbeauftragter Bund Naturschutz.
Und nicht nur Bienenvölker sterben unter dem Einsatz von Pestiziden.
Auch der Verlust von weiteren Nutzinsekten, Wildpflanzen sowie der dramatische Rückgang von Amphibien und Feldvögeln sind für Mergner "bedenkliche Entwicklungen". Er fordert von der EU deshalb nicht nur eine erhebliche Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden und verstärkte staatliche Kontrollen, sondern auch, sieben Prozent ökologische Vorrangflächen zu beschließen: "Auf diesen landwirtschaftlichen Flächen dürfen keine Agrargifte eingesetzt werden, damit die Artenvielfalt verbessert werden kann."
Nur noch 700.000 Bienenvölker Über 200.000 Bienenvölker sind laut Peter Maske, Präsident des Deutschen Imkerbundes, allein vergangenes Jahr wegen des Einsatzes von Pestiziden gestorben. "Die Pflanzenschutzmittel führen zu einer mangelnden Versorgung, so dass die Bienen nicht überleben können", erklärt er.
Während weltweit die Bienenpopulation zunimmt - vor allem durch den massiven Anstieg in China -, liegt die Zahl der Bienenvölker in Europa und insbesondere in Deutschland seit vielen Jahren auf dem Tiefstand. Waren es in Deutschland vor 50 Jahren noch 250 Millionen Bienenstöcke, sind es jetzt nur noch 700.000. Maske fordert deshalb vor allem von den Politikern, sich öffentlich für das Verbot der Pestizide einzusetzen. "Vielleicht wird dann weniger Raps angebaut. Aber es gibt Alternativblütepflanzen, zum Beispiel die durchwachsene Silphie", empfiehlt er.
Und wie sich Maske um die Bienen sorgt, sorgt sich Ulrike Geise, Sprecherin des Bund Naturschutz für Arten und Biotopschutz, unter anderem um die Grasfrösche. Eine aktuelle Studie hat ihr zufolge ergeben, dass 40 bis 100 Prozent dieser Frösche durch den bloßen, direkten Hautkontakt gestorben seien.
Die Abdriftproblematik der Pestizide sieht Jürgen Schilling, Bioland-Landesvorsitzender: "Sogar auf Feldern, die über hundert Meter entfernt sind, sind je nach Witterungseinfluss Spuren von Pestiziden zu finden."
Auch für Stefan Kreppold, stellvertretender Sprecher im Arbeitskreis Landwirtschaft im Bund Naturschutz, wird der Einsatz von Pestiziden "systematisch verharmlost". Auf jedem Hektar - in Deutschland sind das insgesamt zwölf Millionen - werden Pflanzenschutzmittel im Wert von 150 Euro ausgegeben. "So lange der Mensch nicht durch direkten Schaden leidet, passiert nichts. Alles andere, Tiere und Pflanzen, sind nicht von Interesse", ärgert sich Kreppold. Er ruft deshalb den Bauernverband dazu auf, sich konstruktiv an der Diskussion zu beteiligen. "Der Bauernverband schottet sich in einem Maße ab, das unverantwortlich ist", findet er.
Landwirte auch nur Opfer Auch Mergner ist der Meinung, dass der Bauernverband das Verbot als Chance sehen sollte, umweltverträglich zu produzieren und eine Landwirtschaft betreiben zu können, die ihrer Mitwelt ihr Lebensrecht lässt. "Wir lasten das nicht dem einzelnen Landwirt an, er ist selbst nur Opfer eines Agrarsystems. Und das muss geändert werden", sagt Mergner.
Rudolf Bender sieht in den Pestiziden dagegen einen "effektiven Pflanzenschutz": "Es geht um die Gesunderhaltung der Pflanzen", betont der Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes in Kitzingen am Telefon. Auf das Verbot bestimmter Pestizide reagierte er eher enttäuscht. Sofern fachgerecht angewandt, stellen die Pflanzenschutzmittel seiner Meinung nach keine Gefahr für die Bienen dar - schließlich wolle er das auch nicht.
Auch Studien würden belegen, dass die Insekten keine belastenden Schäden durch den Einsatz von Pestiziden davon tragen. Im Gegenteil: "Winterraps ist einer der wichtigsten Trachtpflanzen für die Biene. Ohne das Beizen ist es aber möglich, dass Landwirte weniger Raps anbauen."
Das Verbot der Mittel ist für Bender ein "Schnellschuss" - ohne den geringsten Ausblick auf eine Alternative: "Der Rapsanbau ist nur mit Saatgut möglich, das mit Neonicotinoide behandelt wurde", erklärt Bender. Entscheidend sind für ihn vor allem die Geräte: "Deutschland hat einen weitaus besseren technischen Standard als andere Länder. Und darunter leiden wir jetzt." Sollte es bis Dezember, wenn das Verbot greifen soll, kein anderes, alternatives Mittel geben, werden sich Bauern ihm zufolge besonders fragen, wie viel Raps oder Mais sie noch anbauen sollen - wenn überhaupt.