Ein kleiner Pieks für den Tierschutz

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Tapfer lässt ,Ucon' die Microchip-Prozedur über sich ergehen. Fotos: Karina Brock
Tapfer lässt ,Ucon' die Microchip-Prozedur über sich ergehen. Fotos: Karina Brock
Barbara Schunke überprüft, ob die Nummer auf dem Chip dem im Pass des Hundes entspricht.
Barbara Schunke überprüft, ob die Nummer auf dem Chip dem im Pass des Hundes entspricht.
 
Mit dem Lesegerät kann man den Chip durch die Haut des Tieres lesen.
Mit dem Lesegerät kann man den Chip durch die Haut des Tieres lesen.
 
Natürlich wird geprüft, ob der kleine Ucon auch fit ist, bevor der Chip eingesetzt wird.
Natürlich wird geprüft, ob der kleine Ucon auch fit ist, bevor der Chip eingesetzt wird.
 
Alle Utensilien liegen bereit.
Alle Utensilien liegen bereit.
 
Mit dieser relativ dicken, aber rasiermesserscharfen Spritze wird der Chip injiziert.
Mit dieser relativ dicken, aber rasiermesserscharfen Spritze wird der Chip injiziert.
 

Schnell ist ein Haustier mal ausgebüxt und findet nicht mehr nach Hause. Ein winziger Microchip kann helfen, verschwundene Tiere wieder ihrem Besitzer zurückzubringen.

Leckerchen sollen ,Ucon' ablenken, er schnuppert, knabbert - und zuckt erschrocken zusammen. Aber dann ist es auch schon vorbei. Mit einem schnellen Pieks hat Tierärztin Dr. Barbara Schunke dem jungen Sheltie-Welpen einen Microchip unter die Haut implantiert. Der kleine Rüde schaut jetzt misstrauisch, lässt sich von den Streicheleinheiten von Züchterin Silke Büttner aber schnell wieder beruhigen. Vier Welpen ließen sie und ihr Mann kürzlich bei der Kitzinger Tierärztin auf diese Weise elektronisch kennzeichnen. "Bei Züchter-Clubs, die im Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) sind, ist das Pflicht", erklärt Büttner. So sind die Rassehunde und ihre Halter beim VDH gemeldet. Viele lassen ihre Tiere zudem bei einer kostenlosen Haustierdatenbank speichern. Damit stellen sie sicher, dass sie über die Nummer des Chips ausfindig gemacht werden können, sollte der Hund einmal abhanden kommen.

Keine Vorschrift


"Leider gibt es dafür aber kein Gesetz", bedauert Schunke.Nur Tiere, die ins Ausland reisen, müssen gechippt sein und im blauen EU-Pass Impfungen nachweisen. Tierschützer fordern die Pflicht für Kennzeichnung und Registrierung der Tiere, damit jedes Haustier seinem Halter zugeordnet werden kann. Freiwillig lassen sich nämlich zu wenige Tierhalter darauf ein.
"Den einen ist es zu teuer, die anderen lehnen es aus ideologischen Gründen ab: Es sei eine weitere Kontrolle in unserer gläsernen Welt", berichtet Schunke. Dabei täte den deutschen Haustieren etwas mehr Kontrolle gut: Bis auf Hunde, die wegen der Steuerpflicht zumindest bei der Gemeinde angemeldet werden müssen, besteht keine Meldepflicht für Kleintiere. Auch Impfungen sind nicht vorgeschrieben - so lange das Tier innerhalb des Landes bleibt. "Tierschutzrechtlich wäre es optimal, sowohl Impfungen, als auch die Registrierung ins Gesetz aufzunehmen", findet Schunke.

Zumal beides wie bei den Sheltie-Welpen in einem Aufwasch erledigt werden kann. "Der Microchip ist in etwa so groß wie eine Bleistiftspitze und wird wie die Impfung mit einer Spritze injiziert", erklärt Schunke. Auf sie wird eine Kanüle mit dem Chip aufgesetzt, weshalb die Nadel relativ dick sein muss. "Aber sie ist rasiermesserscharf und gleitet problemlos in die Haut." Da das praktisch schmerzfrei funktioniert, ist keine Narkose nötig. Lediglich die Stelle, wo die Nadel eindringt, wird kurz mit Eisspray betäubt.

Eine mögliche Beeinträchtigung für das Tier ist also kein Hinderungsgrund. Auch viele andere Gegenargumente, die Tierhaltern im Kopf herumgeistern, sind laut der Tierärztin nicht haltbar. "Zum Beispiel haben viele Angst, dass der Microchip wandern könnte." Eingepflanzt wird er an der linken Hals- oder Schulterseite - und es ist tatsächlich möglich, dass er unter der Haut verrutscht. "Das ist aber unproblematisch, mal abgesehen davon, dass man ihn mit dem Lesegerät dann nicht an der vermuteten Stelle findet." Absolut falsch sei hingegen, dass er sich in den Körper hinein bewegen und Organe verletzen könnte.

Keine schädliche Strahlung


Ebenfalls aus der Luft gegriffen sei die Behauptung, der Chip sende Strahlen aus, die dem Vierbeiner schaden. "Er funktioniert über Induktion: Nur, wenn er über das Lesegerät aktiviert wird, überträgt er seine Nummer." Daher sei auch eine Ortung des Tieres über den Chip nicht möglich. "Er trägt als Information nur die Nummer, die im Pass des Tieres eingetragen wird und über die man es registrieren lassen kann."

Eher Hand und Fuß habe die Tumor-Theorie, dass der Organismus den Chip als Fremdkörper empfinden und zum Schutz - meist gutartiges - Gewebe um ihn herum bilden könnte. "Aber die Wahrscheinlichkeit dafür liegt im Promille-Bereich. Sollte es trotzdem passieren, besteht außerdem die Möglichkeit, rechtzeitig einzuschreiten."

Jede Menge Vorteile


Bis auf diese minimale Gefahr spricht also nichts gegen Chippen und Registrieren - aber vieles dafür: Entlaufene Tiere können durch den implantierten Chip schnell wieder an ihre Besitzer zurückvermittelt werden. Der Chip ist nicht manipulierbar und hält ein Leben lang, weshalb gestohlene Tiere kaum seriös weiterverkauft werden können. Und nicht zuletzt werden Halter zum verantwortlichen Umgang mit ihren Tieren angehalten: Wer direkt mit seinem Vierbeiner in Verbindung gebracht werden kann, wird ihn wohl kaum an der nächsten Autobahnraststätte aussetzen.

International wäre eine flächendeckende Registrierungspflicht zudem eine wirksame Waffe im Kampf gegen den illegalen Handel mit Haustieren. Wenn Einfuhrdokumente direkt mit dem Chip abgeglichen werden können, wird das Fälschen der Papiere sehr viel schwieriger, was seriöse Züchter und Käufer schützt.
"Da diese Argumente die Meisten aber nicht zu überzeugen scheinen, müsste einfach ein Gesetz her", fordert Schunke - und mit ihr tausende von Tierschützern, Tierärzten und Tierheimleitern.


Wer muss wann welche Tiere elektronisch kennzeichnen?



Tierarten In Deutschland gibt es überhaupt keine Pflicht, Tiere elektronisch zu kennzeichnen. Nur, wenn Tiere ins Ausland mitgenommen werden, müssen sie gechippt sein. Grundsätzlich können aber alle Nutz- und Haustiere gechippt werden.

Regelung Hunde, Katzen und Frettchen, die nach dem 3. Juli 2011 geboren sind, brauchen die Kennzeichnung mit dem Microchip, sobald sie Deutschland verlassen. Die Nummer wird dann wie die Beschreibung und die Impfungen des Tieres im EU-Pass eingetragen. Bei älteren Tieren reicht die Tätowierung - sofern vorhanden und lesbar - und der EU-Pass aus. In dem Dokument sind auch die Daten des Halters zu finden.

Kosten Je nach der Art des eingesetzten Microchips kostet die Prozedur bei Hunden, Katzen und Frettchen bis höchstens 35 Euro.

Registrierung Es gibt verschiedene Datenbanken, die Tiere kostenlos registrieren: Tasso e.V. und das Haustier-
register des Deutschen Tierschutzbundes sind die bekanntesten. Sie sind vernetzt und kooperieren mit internationalen Suchmaschinen. Angegeben werden müssen neben der Registrierungsnummer die Daten des Tieres sowie des Halters.