Ein Jahr lang besuchte Voitech Pešek das Internat in Wiesentheid. Nach einem schwierigen Start möchte er die Erfahrung am Ende nicht mehr missen.
So ganz einfach war es für den 17-jährigen Tschechen Vojtech Pešek nicht, als er vor einem Jahr nach Deutschland kam, um am Steigerwald-Landschulheim (LSH) in Wiesentheid für ein Jahr als Austauschschüler den Unterricht zu besuchen. Es war nicht mal nur die Sprache, doch etwas gefärbt vom fränkischen Dialekt, sondern auch die Vorurteile, die ihm anfangs zu schaffen machten.
"Manche haben so dumme Fragen gestellt, wie ,Gibt es bei euch überhaupt Strom und Wasser?'", erzählt er. Doch sein Selbstbewusstsein ist gewachsen und im Laufe der Zeit lernte er, darauf entsprechend zu antworten. "Die Grenzen sind verschwunden, Europa ist zusammengewachsen und auch Tschechien hat aufgeholt", sagt Vojtech.
Auch wenn es einige Zeit gedauert hat, bis er sich durchsetzten konnte und als vollständiges Mitglied im Internat akzeptiert wurde, hat er es am Ende nicht bereut, dass ihn seine Eltern überredet hatten, diese Chance zu nutzen, um seine deutschen Sprachkenntnisse so enorm zu verbessern.
"Am Gymnasium in Liberec wird in der deutschen Abteilung ab der 8. Klasse Deutsch unterrichtet; ab der 10. Klasse findet der Fachunterricht in Mathe, Physik, Biologie und Geografie dann ganz in deutscher Sparache statt", erklärt Wolf-Dieter Gutsch, der als Lehrer im LSH schon seit Jahren die Gastschüler betreut. Finanziert wird der Austausch als Stipendium durch Spenden über den Förderverein der Schule, die Gemeinde Wiesentheid, den deutsch-tschechischen Zukunftsfond, die bayerische Staatskanzlei und neuerdings durch die Organisation Euregio Egrensis in Marktredwitz, die den grenzüberschreitenden Austausch und die Begegnung zwischen Tschechen und Deutschen
unterstützt. "Die Eltern zahlen von den 6000 Euro Kosten nur 600 Euro - und die bekommen die Schüler als Taschengeld wieder ausgezahlt", verrät Direktor Hilmar Kirch.
Für das nächstes Schuljahr werden vier Mädchen aus Liberec in Wiesentheid erwartet. "Wir schauen uns die Bewerber vor Ort genau an, denn für dieses Auslandsjahr und das Leben im Internat braucht man schon eine gewisse soziale Kompetenz", ergänzt Internatsleiter Elmar Halbritter. Und Wolf-Dieter Gutsch fügt hinzu: "Man muss mutig sein!"
Mutig war Vojtech Pešek - und er hat für sein Leben in diesem Jahr wohl eine ganze Menge gelernt. Dennoch ist er froh, wieder zurück nach Hause, nach Reichenberg zu dürfen. Seine Eltern hat er immer nur kurz in den Ferien gesehen und inzwischen plagt ihn etwas das Heimweh, für das er in den ersten Wochen der Eingewöhung erst gar keine Zeit hatte.
Wenn er zurück ist in Tschechien, muss er noch Prüfungen absolvieren in Biologie, Tschechisch und Geschichte - Fächer, die in seinem deutschen Zeugnis der 11. Klasse nicht stehen. Dann wird ihm dieses Schuljahr in Deutschland regulär angerechnet. Zwei Jahre noch und der stille Junge wird sein Abitur machen. "Ich möchte gerne irgendwas mit Informatik studieren. Das Fach hat mir hier besonders gefallen, denn wir durften programmieren", sagt er. Ob er sein Studium dann in Prag oder in Deutschland antreten wird, das weiß er noch nicht. Die Wahl hat er jetzt auf jden Fall, denn Deutsch spricht er inzwischen fließend - ob nun hochdeutsch oder mit leichtem fränkischem Akzent.
Schüleraustausch
Info Seit 1993 bietet das Steigerwald-Landschulheim in Wiesentheid als zweites bayerisches Gymnasuim und als einziges in Unterfranken tschechischen Schülern einen einjährigen Gastaufenthalt an. Schon 26 Schüler der deutschen Abteilung des F.X Salda-Gymnasuim in Liberec verbrachten ein lehrreiches Schuljahr in Wiesentheid.