Weil es in Rüdenhausen weniger Mädchen als Jungen gibt, müssen die strengen Vorschriften rund um den Schlosstanz zur Kirchweih ein bisschen aufgeweicht werden.
Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen - das gilt auch für Schlosstanz in Rüdenhausen, der jedes Jahr zur Kirchweih getanzt wird. Diese Tradition wollen die Rüdenhäuser unbedingt erhalten - mussten die Regularien dafür aber leicht abändern. Schließlich müssen für die jungen Burschen genügend Mädchen vorhanden sein, und das war und ist nicht immer der Fall.
Fest steht: Der Junge muss mindestens 16, das Mädchen 15 Jahre alt sein. Und: "Jeder Bursche darf ein Mädchen nur ein Mal abholen", erklärt Tobias Maier, Vorsitzender der Burschenschaft und mit elf Tänzen erfahrenster Teilnehmer am Schlosstanz.
Ihm obliegt die Dankrede an das Fürstenpaar für die Bereitstellung der Tanzfläche im Schlosshof, des Bänderbaumes und der dort befestigten kleinen Geschenke für die Tänzerinnen. Eines davon darf die Dame, die mit ihrem Partner am nächsten zum Bänderbaum steht, wenn ein ohrenbetäubender Schuss im Hintergrund ertönt, an sich nehmen. Gleichzeitig nimmt der Herr eine Losnummer aus dem Lostopf und heftet sie sich an Revers.Von diese traditionellen Riten werden die Rüdenhäuser auch in den nächsten Jahren nicht abweichen.
Da es in Rüdenhausen aber mehr Jungen als Mädchen im passenden Alter gibt, die dazu auch noch ledig sind, wurde die Vorschrift, dass es jedes Paar nur ein einziges Mal geben kann, ein bisschen aufgeweicht.
"Es war die ganzen Jahre ungeschriebenes Gesetz, dass ein Paar nur einmal gemeinsam auftritt", erzählt Marco Sinn von der Neuerung, denn nun darf der Bursche das Mädchen erneut einladen, wenn fünf Jahre dazwischen liegen. Die Aufgabe, dies zu überwachen, obliegt dem Barthelträger Michael Müller.
(Schlimme) Zeiten sind vorbei Auch Monika Wendel kennt diese Vorschriften bestens. Ihre
19-jährige Tochter wird bereits zum dritten Mal abgeholt. In diesem Jahr von André Goller, wie alle anderen Burschen mit Anzug und Krawatte und mit einer roten Rose im Knopfloch. Gesträubt hat sich Fräulein Wendel bisher noch gegen keinen Tanzpartner. "Wenn sich früher ein Mädchen weigerte, sich von einem Burschen abholen zu lassen, wurde sie nie mehr abgeholt", erinnert sich Monika Wendel an schlimme Zeiten. Das aber sei heute beim in Rüdenhausen herrschenden sowieso Mädchenmangel anders. Und außerdem sei es immer wieder ein schönes Erlebnis, vom Burschen bei den Eltern abgeholt und, begleitet vom Musikzug, zum Schloss geführt zu werden.
Nach dem Tanz im Schlosshof bringt der junge Mann sein Mädchen wieder zu den Eltern zurück - früher hat ihm das Mädchen dafür die Schuhe geputzt. Abends treffen sich dann alle wieder an der Schießbude im fürstlichen Garten, um den Begleiterinnen eine Kirchweihrose zu schießen. Am Abend geht es zurück in die TSV-Halle zum Tanzabend.
Dort zeigen sie noch einmal ihr Können auf der Tanzfläche und haben dafür immer mehr Platz. Die Zahl der Teilnehmer liegt bei durchschnittlich elf Paaren, lag aber mit 30 Paaren auch schon viel höher. Geblieben sind die Voraussetzungen, dass beide Tanzpartner unverheiratet sind und ihren ersten Wohnsitz in Rüdenhausen haben - so lange kann jeder unbegrenzt oft teilnehmen. Jessica Ackermann wurde zum Beispiel schon zum achten Mal zuhause abgeholt, ihr Kirchweihtanzpartner ist in diesem Jahr Marco Sinn, der sich schon zehn Mal vorgestellt hat. Eine schöne Tradition, wie beide finden.