Stephanie Heger ist Lebenscoach. Meist suchen Frauen zwischen 22 und 55 Jahren ihre Hilfe. Sie begleitet ihre Klienten und führt sie zurück zu sich selbst.
Sarah Nachtigall (Name geändert) wusste nicht weiter. "Ich war an meine Grenzen gekommen, privat und gesundheitlich", erzählt die junge Frau aus Franken heute, ein Jahr später. Damals, als sie nicht mehr weiter wusste, kam bei einem Arztbesuch der Schock. Der Doktor appellierte an ihre Vernunft: Wenn sie nicht abnehmen würde, mache ihre Gesundheit nicht mehr lange mit. "Ich musste und ich wollte endlich mein Leben ändern", sagt sie. Sie wusste, alleine würde sie es nicht schaffen. "Meine Familie war zu nah dran, um mir unbefangen aus der Situation helfen zu können." Dann trat Stephanie Heger in ihr Leben.
Menschen begleiten
Stephanie Heger ist ein Lebenscoach. "Mein Motto ist: Gib mir deine Hand und ich führe dich zu dir zurück", erklärt die 31-Jährige. Die blonde, lebenslustige Frau liebt solche Sprüche. "Sie sorgen für Orientierung und können Impulse geben." Sie will Menschen auf ihren Weg zurück führen. So, wie sie selbst ihren Weg wieder gefunden hat.
Heger war bis vor Kurzen auch auf der Suche. Nach mehr. Nach etwas anderem. Die 31- Jährige verbrachte ihre Kindheit und Jugend in der 400-Seelen-Gemeinde Wonfurt. Doch die Beschaulichkeit engte sie ein. "Ich wollte raus in die Stadt." Mit 16 Jahren zog sie in die Hauptstadt, nach Berlin.
Von 400 auf 3,5 Millionen Einwohner. "Für das 16-jährige Landmadla, das ich war, war das natürlich ein Kulturschock", erinnert sich Heger und muss lachen. Sie habe damals alles gesehen. "Steinreiche und bettelarme Menschen, angepasste und völlig verrückte Leute." Genau da entdeckte sie ihre Leidenschaft für Menschen und ihre Geschichten. "Gerade in Berlin sind Freundschaften schnelllebig", sagt sie. Stephanie hat sechs Jahre dort verbracht.
Heger hat ihre Heimat gefunden
2011 kam sie wieder zurück. Zurück nach Wonfurt. Zurück zu den 400 Einwohnern. Doch ein Rückschritt war das für sie keineswegs. "Ich bin ein echtes fränkisches Landmadla", sagt Heger und schickt hinterher: "Natur, Friede, Stille, Zusammenhalt - und das geilste Essen überhaupt." Räumlich hatte sie den Platz in ihrem Leben gefunden. Trotzdem fehlte ihr noch etwas: ihre Berufung.
"Ich arbeite im Vertrieb einer IT-Firma", sagt die 31-Jährige. Ein Job, der ihr Spaß mache, der aber sehr klar definiert sei. "Doch es gibt im Leben so viel mehr als Einsen und Nullen, Schwarz und Weiß." Ihr fehlte das Bunte, das Lebendige. Das Menschliche. Dann machte eine Freundin sie auf die Ausbildung zum Vier-Elemente-Coach aufmerksam. Heute ist sie Lebenscoach (im Nebenerwerb).
Hegers Leben änderte sich
Ein Schritt, der Hegers Leben grundlegend veränderte: "Ich habe an einigen Stellschrauben gedreht", erklärt sie. 2016 nahm sie 15 Kilo ab und trennte sich von ihrem Partner. Sie lernte in ihrer Ausbildung Methoden, um ihr Leben aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Eine dieser Methode nennt sich NLP, neuro-linguistisches Programmieren. Dabei handelt es sich stark vereinfacht formuliert, um eine Kommunikationstechnik, die Vorgänge im Gehirn ("neuro") mit Hilfe der Sprache ("linguistisch") verändern, beziehungsweise neu programmieren will. Ein einfaches Beispiel von NLP ist etwa, Negation zu verwenden. Beispiel: Denke nun nicht an einen rosafarbenen Elefanten. Selbstverständlich sieht man sofort einen rosafarbenen Elefanten vor seinem inneren Auge. Ein anderes Beispiel für NLP ist die Verwendung von Zitaten. Denn so kann man, der Theorie nach, dem Klienten unangenehme Botschaften übermitteln, ohne dass es der Klient persönlich nimmt. Einer dieser Sprüche ist: "Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet Gründe." So kann Heger dem Klienten freundlich sagen, dass er sich nur Ausreden sucht.
Kritiker dieser Methode sprechen von "Küchenpsychologie" und tatsächlich gibt es keine unabhängigen wissenschaftlichen Studien, die die Wirksamkeit von NLP nachweisen konnten. Heger, die gerne mit ihren Klienten spazieren geht, da dann auch der Geist in Bewegung ist, ist aus eigener Erfahrung überzeugt von NLP.
Eine weitere Methode, die die 31-Jährige bei ihren Klienten anwendet, ist die systemische Familienaufstellung. Ein umstrittenes und polarisierendes Verfahren. Hierbei treffen fremde Personen aufeinander, die die anderen Anwesenden stellvertretend für eigene Familienmitglieder "aufstellen". Diese sogenannten Repräsentanten agieren dann untereinander. Verfechter dieses Verfahrens sprechen davon, dass bei einer solchen Familienaufstellung familiäre Themen auf das Tapet kommen, die lange im Verborgenen lagen.
"Für mich war diese Familienaufstellung der absolute Knaller", sagt auch Sarah Nachtigall. So habe sie verstanden, warum sie innerhalb des Familiengefüges zu der Person werden konnte, die sie ist. "Wenn ich darüber nachdenke, finde ich es noch immer absurd und spooky. Aber es hat funktioniert." Tatsächlich zeigen Studien wie etwa das Forschungsprojekt "Systemaufstellung" vom Universitätsklinikum Heidelberg, dass für einige Teilnehmer eine solche Familienaufstellung hilfreich sei kann, wenn es auch möglicherweise an einem "Placebo-Effekt" liegen könne. Allerdings weisen Verbände wie "Pro Psychotherapie" daraufhin, dass eine solche Aufstellung nur unter geschulter Anweisung stattfinden darf, da es zu starken emotionalen Reaktionen kommen kann. Doch dessen ist sich Heger bewusst. "Ich habe auch schon mal eine solche Aufstellung abbrechen müssen, da ich merkte, dass die Reaktion meine Kompetenz übersteigt." Denn Heger sieht sich nicht als Therapeutin. "Darauf weise ich Klienten auch gezielt hin. Wer Psychopharmaka nimmt, psychisch labil oder ernsthaft erkrankt ist, den schicke ich weiter zu Medizinern und Psychologen."
Denn die Wonfurterin will ihren meist weiblichen Klienten einfach zuhören, ihnen Impulse geben. "Das war genau das, was ich brauchte", resümiert Sarah Nachtigall nach einem Jahr Lebenscoaching bei Stephanie Heger. Inzwischen sehen sich die beiden nur noch alle paar Wochen oder telefonieren bei akuten Sorgen. Für Sarah steht fest: "Ich habe den Weg zu mir wieder gefunden."