Die "Woche für das leben" nahmen die Kirchengemeinden in Ebern zum Anlass für eine Diskussionsveranstaltung. Ein Mediziner, ein Jurist, Pflegekräfte und ein Geistlicher nehmen aus ihrer Warte Stellung zu einem Thema, das allzu gerne verdrängt wird.
"Du arbeitest nicht nur mit deinen fachlichen Kenntnissen, sondern auch mit deiner Seele. Du begleitest die Menschen bis zur letzten Sekunde", beschreibt Dr. Andreas Engelhardt seinen beruflichen Alltag. Der Mediziner leitet im Krankenhaus in Ebern den Palliativmedizinischen Dienst und ermöglicht zusammen mit seinem Team schwerstkranken Menschen ein Sterben in Würde.
Als Beitrag zur "Woche für das Leben" hat Dr. Andreas Engelhardt zusammen mit anderen, die durch ihr vielseitiges Engagement mit dem Ende des Lebens in Verbindung stehen, bei einer ökumenischen Veranstaltung der Eberner Kirchengemeinden zum Thema informiert. Er hat aufgezeigt, dass vor allem im Hinblick auf die Sterbehilfe viele Dinge bisher noch nicht geregelt sind.
Der Wunsch zu sterben Dr.
Andreas Engelhard und seine Mitarbeiter im Palliativmedizinischen Dienst im Krankenhaus Ebern, darunter auch die Hospizhelferin Johanna Muckelbauer, sehen tagtäglich sehr viele Patienten leiden. Sie wollen ihr Leben beenden, bevor das Leben selbst zu Ende geht. "Sie haben Suizidgedanken. Dann müsste ich sie eigentlich in die Psychiatrie einweisen", erklärt der Palliativmediziner. Doch in den meisten Fällen ist es nicht der Tod, nach dem die Patienten verlangen. "Der heutige moderne Mensch hat Angst vor Abhängigkeit, vor Isolation und Kontrollverlust über sich selbst. Sie wollen in den letzten Stunden des Lebens nicht alleine sein. Davor haben sie Angst."
Liebevolle Begleitung Die Bedürfnisse und Ängste sterbender und schwerkranker Menschen spiegeln sich sehr emotional in folgendem Lied aus dem Gotteslob wider: "Die Wege sind verlassen und oft sind wir allein, in diesen grauen Gassen
will niemand bei uns sein." Mit wem man in den letzten Stunden des Lebens ganz bestimmt rechnen kann, sind die ehrenamtlichen Helfer aus dem Hospizhelferkreis. "Unsere Arbeit ist definiert als liebevolle ganzheitliche Begleitung", erklärt Johanna Muckelbauer, die sich dabei nicht nur auf den Patienten konzentriert. Auch Angehörige begleitete sie: "Für sie ist Raum da, über ihre Ängste zu sprechen und sie in ihrer Sorge um den Kranken zu unterstützen."
Wenn es der Wunsch ist, dann setzt sich Johanna Muckelbauer auch nur an das Bett, hält die Hand des schwerkranken Menschen und ist da. Gerade auf letzteres kommt es in der Hospizhilfe an: "Wir schenken Zeit. Der Sterbende soll das Gefühl haben, in Ruhe alle Ängste und Sorgen mitteilen zu können.
Hospizhelfer sind geschult im Wahrnehmen, Mitgehen, Zuhören, Verstehen und im Aushalten und Bleiben." Wenn der Tod kommt, dann nimmt er keine Rücksicht: "Wir werden auch nachts gebraucht."
Im Notfall zur Stelle Genau wie Pfarrer Stefan Köttig aus Altenstein. Er ist Palliativseelsorger und steht an gewissen Tagen in Rufbereitschaft. Zwar ist er evangelischer Pfarrer, doch begleitet er auch Menschen, die der katholischen oder einer anderen Kirche angehören. "Der Tod ist etwas Ökumenisches", machte der Geistliche deutlich.
Stefan Köttig spendet nicht nur die Krankensalbung und feiert mit dem Sterbenskranken das Abendmahl, sondern hat auch ein offenes Ohr, und wenn es soweit ist, dann gestaltet er auch die Zeremonien des Abschiednehmens mit.
Warum? "Weil viele Angehörige noch nie so nahe mit dem Sterben und dem Tod zu tun hatten, wie in der jetzigen Situation", sagt Köttig.
Patientenvollmacht Beim Thema "Sterben in Würde" spielt auch die Patientenverfügung eine Rolle. Wenn eine derartige Verfügung vorliegt, welche bereits mehrere Jahre vor dem Lebensende ausgefüllt sein sollte, sei alles einfacher, meint Staatsanwalt Ralf Hofmann. "Es muss dann natürlich geprüft werden, ob die Festlegung auf die derzeitige Situation zutrifft. Wer gegen die Patientenverfügung handelt, macht sich strafbar", informiert Hofmann. Die Patientenverfügung drückt den Willen des Patienten aus, wenn er selbst nicht mehr handeln und entscheiden kann.
Für den Juristen beginnt das Leben des Menschen mit dem Einsetzen der Eröffnungswehen, es endet mit dem Hirntod.
Die aktive Sterbehilfe ist strafbar, die indirekte, in welcher schmerzlindernde Maßnahmen eingeleitet werden, nicht. Grundsätzlich auch nicht strafbar ist die passive Sterbehilfe.
Viele Unklarheiten Trotz der vielen Regelungen wissen die Praktiker nicht immer, wie sie richtig handeln: "Das ist alles so schwammig. Das muss geregelt werden. Es gibt für uns sehr viele Unklarheiten", ergänzt Andreas Engelhardt. Doch spricht er sich dabei klar dagegen aus, es zu erlauben, dass Menschen ihr Leben selbst beenden: "Es ist gefährlich. Jeder Suizid ist einer zu viel."
Im Landkreis Haßberge gibt es drei Betten in den Haßberg-Kliniken, die speziell auf eine palliativmedizinische Versorgung ausgerichtet sind. "Das sind auch staatliche Reglementierungen. Wir könnten schon mehr machen, und wir bräuchten auch mehr", sagt Engelhardt.
Dieser Forderung schließt sich Claudia Stadelmann von der Maltester Hospizgruppe an, die die ehrenamtlichen Hospizhelfer im Landkreis betreut: "Mit der Palliativversorgung im Eberner Krankenhaus haben wir dort auch Präsenzzeiten. Das nimmt den Ehrenamtlichen einiges an Kapazitäten weg. Es wäre schön, wenn wir rund um Ebern noch mehr ehrenamtliche Hospizhelfer hätten."