Zum "Tag der offenen Gartentüre" am kommenden Sonntag sind in der Zeiler Altstadt Lebensräume geöffnet, die von der ganz eigenen Umgebung inspiriert sind. Besucher können sich bei den Gartenbesitzern auch gute Tipps holen.
Drei Weingläser klingen sanft, als wir uns zuprosten. Für den Besuch haben die Erlweins einen guten Tropfen entkorkt. Und so erlebe ich das Lebensgefühl Zeiler Altstadt pur. Hier in der grünen Hofoase bleibt alles draußen: der Verkehr, die Geräuschkulisse der Stadt, die Unruhe des Alltags. Aus dem Vorderhaus gewährt ein großes Fenster den Blick in dieses grüne Wohnzimmer, das einst der Durchgang des landwirtschaftlichen Anwesens zum Stall war. Hier gab es Misthaufen, Scheunen, Kälberstube, Rinderstall. Nun gluckst Wasser über eine Steinkugel, in dem kleinen Beet gesellt sich grüner Buchs zu Frauenmantel, Fette Henne und Farn, und ein tönerner Drache lugt aus Hibiskus und Hortensien heraus. Diesen Hofgarten kann man auch von der innenliegenden Hofreith oben her über eine alte hölzerne Treppe erreichen, das einstige Heulager ist heute Wohnzimmer.
Zwischen 11 und 17 Uhr genießen Irene und Raimund im Sommer die Sonne, ein weißes Sonnensegel spannt sich zwischen die Mauern. Es ist übrigens die Mauer des Zeiler Pfarrsaals, an der sich der Efeu hochrankt und für diese herrliche grüne Stimmung sorgt.
Mitte der Siebziger kam der Realschullehrer Erlwein an die Schule nach Eltmann. Tag für Tag die Strecke Eltmann-Erlangen/Höchstadt über die B 26, das war eine Geduldsprobe. Als man sich nach einem Haus umsah, meinte Raimund Erlwein zu seiner Gattin: "Du musst mal mit nach Zeil, das muss ich dir zeigen. ... Das Flair von Fachwerk hat uns gefallen." Erst wohnte man hier zur Miete, dann begeisterte man sich für das alte Haus; der Umbau zu Beginn der Achtziger dauerte drei Jahre. Zweimal wurde im Laufe der Jahre auch der Hof umgekrempelt, das Pflaster ist mit viel Liebe zum Detail verlegt. Die 50 Quadratmeter Hof sind zu einem Kraftquell geworden. "Wenn man hier sitzt, dann fühlt man sich so richtig wohl und geborgen ringsum - da kommt der Höhlenbewohner durch", sagt Raimund Erlwein und schmunzelt.
Am Altachauenwald liegen die 3000 Quadratmeter der Familie Brech. Der Bach fließt vorbei und sorgt durchaus mehr als einmal im Jahr für Furore. Dann nämlich, wenn er Hochwasser führt und einiges an Schlamm - auch schon einmal ein altes Fahrrad - im Naturgarten der Brechs hinterlässt. Dann ist Arbeitseinsatz angesagt, der Schlamm muss weg, bevor er bretthart wird. Ulrike Brech, sonst "Schreibtischtäterin" als Chefin des Schulamts, greift, vorletztes Jahr etwa an Heiligabend, zu Schlauch und Schaufel. So wunderbar dieser offene und ursprüngliche Naturgarten mit seinen geheimnisvollen Räumen auch ist, beide geben zu, wie Peter Brech sagt: "Wenn es mal zwei Tage voll durchregnet, dann werden wir schon nervös."
Ihr Gartengrundstück bietet sonst viel Platz, um sich "Auszutoben": Da ist eine große weite Rasenfläche, auf der die Margeriten blühen, ein buchsgesäumter Ziergarten mit Brunnen, schattige und sonnige Sitzplätze. Drei kleine Teiche hat die Hausherrin selbst angelegt. Die gut 100 Meter gepflasterte Wege wiederum nicht: Die sind der Freiraum für ihren Mann Peter Brech: "Wenn man manuell wenig machen kann, genießen die Augen umso mehr", meint der Mediziner, der zuhause zufrieden ist, mit dem Rollstuhl überall hin zu kommen und hier tun und lassen zu können, was er will. Ein barrierefreier Garten also, der viel bietet für genussvolle Wanderungen: Aus Kambodscha, Chile, Simbabwe stammen die Figuren, die diesen Wundergarten mit Farnen und Funkien bereichern, ein Tiger schaut aus der grünen Hölle gegenüber des Teichs, an dem eine Katze sitzt und nach Fischen Ausschau hält. Die tönerne Katze hat Ulrike Brechs Schwester geformt. Nachbar Anders Brecht hat die Sockel gefertigt, und auch das ein oder andere Stück nach Vorgabe.Ein Architekt hatte 1980 beim Hausbau diesen Garten angelegt, inzwischen hat er, auch durch Erweiterungen, durch seine Besitzer zu seinem wahren Charakter gefunden.
Viel Raum zum Toben Die ganze Berufung für den Garten der Familie Metz zeigt sich, wenn die Horde kleiner Buben und Mädchen hier ums Haus tobt: Anke und Markus Metz stammen aus dem Norden des Landkreises und haben hier 2012 auf einem ehemaligen Gartengrundstück am Brühl ihre Heimat gefunden. Die Gestaltung der 1500 Quadratmeter orientiert sich an den Bedürfnissen einer jungen Familie - die viel Raum zum Toben braucht, aber nicht viel Zeit hat zum Gießen: Markus Metz hat wohl ein kleines Meisterstück im Vorfeld abgeliefert, als er in die Beete die Bewässerungsanlage einbaute mit Timer und Zeitschaltuhren - alles selbst ausgetüftelt. An dem Obstspalier wird er im Laufe der Jahre noch seine Meisterschaft beweisen müssen. "Wir wollten uns nicht mit einer dichten Hecke abgrenzen zur Nachbarschaft, da sind wir auf ein Spalier gekommen", erzählt Anke Metz. Ihr Garten hat alles, was Kinderherzen höher schlagen lässt: einen riesigen Rasen mit einem Buckel für winterliche Rutschpartien, ein Gartenhäuschen, einen Naschgarten und ein großes Trampolin.
redAuf den glatt gepflasterten Wegen rund ums Haus kann man mit dem Dreirad fahren, die Skates testen und diverse Arbeitsfahrten mit dem (Kinder)Traktor unternehmen. Bis zum "Tag der offenen Gartentüre" soll auch noch der Quellwasserstein installiert sein. Sicherlich ein ganz besonderes Geschenk für Junior Jonas (6 Jahre) und Schwesterchen Nele (drei Jahre). Ein kleines Geschenk wird es auch für die Besucher am 22. Juni sein, wenn sie hier in der weiträumigen Einfahrt den Kaffee und Kuchen des Elternbeirats des Kindergartens genießen dürfen, denn Anke Metz ist dessen Vorsitzende und fand es gleich wunderbar, dass sie den "Tag der offenen Gartentüre" nutzen kann, um für das große Vorhaben des evangelischen Kindergartens Geld zu sammeln. Der Erlös aus der Kaffeestube fließt nämlich in die Gestaltung der Außenanlagen.
Der "Tag der offenen Gartentüre" am kommenden Sonntag beginnt im Finanzamtsgarten in Zeil mit einem Gottesdienst um 8.30 Uhr. Um 9.30 Uhr sprechen Landrat Wilhelm Schneider und weitere Verantwortliche Grußworte, bevor zum Aktionstag des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege Haßberge und des Obst- und Gartenbauvereins Zeil die 28 Privatgärten feierlich freigegeben werden. Jeder Garten ist mit Nummer und weißer Fahne gekennzeichnet; es liegen zur besseren Orientierung Flyer aus. Es gibt an der Altach und auf dem Marktplatz Kinderaktionen, gut 30 Aussteller bieten ihre Ware feil.