Friseurmeister Holger Maas hält den Mindestlohn für überfällig und bezahlt seine Angestellten ohnehin über den gesetzlichen Vorgaben. Dass Billiglöhne möglich sind, habe auch damit zu tun, dass lange versäumt wurde, die Preise anzupassen.
Sie ist nicht an den Haaren herbeigezogen, die Forderung nach einem höheren Stundenlohn, dem Mindestsatz von 8,50 Euro. "Die Angestellten haben das verdient", sagt Holger Maas. Der Friseurmeister aus Knetzgau, dessen Familienunternehmen Salons in Haßfurt, Knetzgau, Schweinfurt und Zeil betreibt, sieht die gesetzliche Regelung des Mindestlohns als gerechtfertigt.
Sein Unternehmen bezahlt seinen 36 Angestellten ohnehin mehr als den seit Anfang des Jahres geltenden Mindeststundenlohn. "Wir haben Tarifverträge", sagt er. "Wer keinen Tarif hat, dessen Gehalt wird aufgebessert", sagt er über zahlreiche seiner Berufskollegen. Ein wichtiger Schritt, findet er, denn das Friseurhandwerk verkaufe sich unter Wert.
"Was wir uns vorzuwerfen haben, ist, dass wir es versäumt haben, die Preise in den letzten 20 Jahren anzuziehen", sagt Holger Maas.
Preise variieren stark Viele Friseure im Angestelltenverhältnis hätten sich deshalb über Jahre hinweg mit einer schlechten Entlohnung zufrieden geben müssen. Das sei auch abhängig von der Region. In strukturschwächeren Gegenden etwa gebe es Preise, die einfach nicht mehr realistisch seien, sagt Maas. So koste etwa ein Herrenhaarschnitt im belebten Bamberg bis zu 40 Euro, im Steigerwald dagegen nur um die zehn Euro. Das entspreche aber nicht dem damit verbundenen Arbeitsaufwand. Ein Stundenlohn im Bereich von vier bis sechs Euro sei schlicht "Ausbeutung".
Wenn man ein bis zwei Euro mehr bezahlt für einen Haarschnitt, müsse klar sein, dass das nicht in die Kasse des Chefs geht, "sondern dass das für die Angestellten ist", sagt Maas.
Er strebt an, seinen Mitarbeitern um die elf bis zwölf Euro pro Stunde zu bezahlen. Außerdem leistungsbezogen, nach dem Prinzip: Wer häufiger von Kunden angefragt wird, soll auch mehr verdienen). Damit verbundene Preiserhöhungen von fünf bis acht Prozent hält Maas für unproblematisch: "Bei uns haben die Kunden das volle Verständnis", sagt der 45-Jährige.
Qualität ist ihr Geld wert Einer dieser Kunden, der sich dieser Tage im Friseursalon in Haßfurt die Haare hat schneiden lassen, ist Velimir Stevanovic. Dass man von seinem Verdienst leben können muss, sei eine Grundvoraussetzung, meint er. "Die Menschen sollen vor allem auch Lust haben, auf die Arbeit zu gehen." Die Löhne in Deutschland seien kaum gestiegen in den letzten Jahren. Allerdings müsse jeder Handwerker seine Qualitäten auch ständig unter Beweis stellen.
Friseur sein bedeute nicht, einfach nur jemandem die Haare zu stutzen. Man müsse erkennen, welcher Haarschnitt zu welchem Kopftyp passt und wie das für jeden Kunden individuell umzusetzen ist. Dafür dürfe man dann auch ruhig etwas mehr Geld verlangen. "Für Qualität zahlen die Leute gern", ist der 54-Jährige überzeugt.
Die Friseurgesellin Jasmin Reinwand aus Ebelsbach ist bei Holger Maas seit ihrer Ausbildung vor 17 Jahren beschäftigt. Die 33-Jährige weiß als Arbeitnehmerin vor allem die familiäre Atmosphäre zu schätzen, die trotz der immerhin 36 Angestellten aufrechterhalten werden konnte, wie die alleinerziehende Mutter berichtet. Der Chef nehme immer auch Rücksicht auf die private Situation.
Zu dem Thema Mindestlohn sagt sie, dass es äußerst problematisch ist, wenn man für seine Arbeit nicht angemessen entlohnt wird.
So gebe es Arbeitnehmer, die arbeiten gehen, aber nur etwa so viel verdienen, wie sie auch durch Hartz-IV an Sozialleistungen beziehen könnten. Dass sei nicht sonderlich motivierend. Dass das bei Maas anders ist, bezeichnet sie als "echtes Glück".
Gesetzlicher Anspruch Ihre junge Kollegin Luiza Paul (19 Jahre), die im August des vergangenen Jahres ihre Ausbildung bei Maas abgeschlossen hat, freut sich darüber, dass sie nach der Lehre nicht als billige Arbeitskraft ausgenutzt, sondern nach Tarif bezahlt wird.Berufskollegen, die es nicht so gut getroffen hat, hätten jetzt immerhin den Rückhalt durch den gesetzlichen Anspruch auf den Mindestlohn.
Durch die Mindestlohndiskussion sei auch etwas Tolles passiert, sagt Maas dazu. "Die Leute sind nachdenklich geworden und haben Verständnis entwickelt." Verständnis dafür, was ein Handwerk wert ist, wenn die Qualität stimmt.
Und: Discounter würden gestoppt. "Die sollen die Angestellten gescheit bezahlen", fordert Holger Maas.
Info: Der Mindestlohn Gesetz Zum 1. Januar 2015 trat das von der Bundesregierung beschlossene Tarifauto- nomie stärkungsgesetz, das so genannte Mindestlohn-Gesetz, in Kraft. Es setzt den Mindestlohn branchenübergreifend ab jetzt auf exakt 8,50 Euro fest. Bereits vorher geltende Branchemindestlöhne werden dadurch nicht ersetzt, sofern sie nicht unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegen.
Branchen Wie sich das Gesetz auf unterschiedliche Branchen wie Taxigewerbe, Friseurhandwerk, Gastronomiebetriebe oder Zeitungszusteller auswirkt, darüber informieren wir seit Tagen in einer Serie im FT.
Außnahmen Laut Bundesregierung sind nur in Branchen, in denen es allgemein verbindliche Tarifverträge gibt, bis Ende 2016 auch niedrigere Löhne möglich (etwa in der Fleischwirtschaft). Spätestens 2017 müssen aber auch hier 8,50 Euro gezahlt werden. Für Erntehelfer wurde eine auf vier Jahre befristete Sonderregelung vereinbart, um die Einführung des Mindestlohns für diese Branche zu erleichtern.
Schutz Der Mindestlohn setzt laut
www.bundesregierung.de eine Grenze, die in Zukunft nicht unterschritten werden darf. Somit schütze der Mindestlohn Beschäftigte im Niedriglohnsektor vor Dumpinglöhnen, heißt es weiter.
Quellen: www.bundesregierung.de und Wikipedia