Vorwurf der "Vetternwirtschaft" liegt in der Luft

2 Min
Auf die Aussiedelung der Firma Schoppel (oben im Bild) schauen Behörden und Stadträte ganz genau drauf. Foto: Landratsamt Haßberg
Auf die Aussiedelung der Firma Schoppel (oben im Bild) schauen Behörden und Stadträte ganz genau drauf. Foto: Landratsamt Haßberg

Der Firmen-Neubau im Eberner Stadtteil Frickendorf sorgt weiter für Ärger. Grünen-Stadtrat Oliver Kröner hat die Regierung von Unterfranken angerufen.

Das für viele erstaunliche Wachstum eines Gewerbebetriebes am Rande der Schutzzone des Naturparks Haßberge bei Frickendorf sorgt weiter für Ärger. Bei der letzten Stadtratssitzung sprach EAL-Stadtrat Oliver Kröner im Zuge der nachträglichen Sanktionierung durch Änderung des Flächennutzungs- und Bebauungsplanes von "Vetternwirtschaft" und wünschte dem neuen Stadtrat "mehr Rückgrat". Er selbst wird dem Gremium nicht mehr angehörden, da er nicht mehr kandidiert.

Aber er legte noch einmal den Finger in die Wunde. "Das ist ein Musterbeispiel für eine völlig verfehlte Planung und Stadtentwicklung", klagte er bei der Bewertung der Stellungnahmen vieler Behörden, aus denen er auch "mangelnde Durchsetzungskraft der eigenen Bauleitplanung" herauslas.

Dabei hatte Kröner, selbst Behördenleiter in Lichtenfels, schon die erste "Schlacht" verloren.
Weil er die Genehmigung des Landratsamtes von der Regierung von Unterfranken überprüfen lässt und auf eine Antwort wartet, wollte er die Beratung über Flächennutzungsplan und Bebauungsplan zurückstellen lassen, bevor dieses "mehrjährige Trauerspiel zu Ende geht". Kröner: "Die Entscheidungshoheit liegt beim Stadtrat und nicht bei einzelnen Gewerbebetrieben."

Gemeint: Die Aussiedelung der Firma Schoppel, die aus dem Ortskern umzog, um außerhalb auf eigenem Grund zu erweitern, zwischenzeitlich auch mit einer Abwanderung ins nahe Thüringen gedroht hatte.

Beschwerde über Landratsamt

Ein Projekt, das im Stadtrat und Kreistag schon mehrfach für Ärger gesorgt hatte, da Verfahrenswege nicht eingehalten worden waren und sowohl der Eberner Bauausschuss wie auch Landrat Rudolf Handwerker eine Vorab-Baugenehmigung erteilt hatten, ohne dass ein Bebauungsplan vorlag oder der Flächennutzungsplan geändert worden wäre .

Dies hatte Oliver Kröner zum Anlass genommen, um die Regierung von Unterfranken um eine Stellungnahme zur Vorgehensweise des Landratsamts Haßberge zu bitten. "Trotz mehrfacher Nachfragen war sie seit Mitte September dazu nicht in der Lage." Deshalb bat Kröner darum, die Bewertungen anderer Stellen zurückzustellen, bis die Regierung zu dieser grundsätzlichen Frage Stellung bezogen hat. Er fand keine Mehrheit.

Nur 2,5 Stimmen gab es in der Folge. Kröner und Irene Jungnickl (SPD) stimmten fast konsequent gegen die einzelnen Beschlussvorschläge zu den Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange.

Einzig Thomas Wagner (Freie Wähler) war noch für eine Verschiebung, erklärte aber auch, dass er die vorhergegangenen Zustimmungen mitgetragen hatte, die den Erhalt eines Gewerbebetriebes und vieler Arbeitsplätze zum Ziel hatten, wie es Bürgermeister Herrmann immer wieder betonte, und damit auch seine Vorgehensweise und die des Landrats rechtfertigte. "Die Gremien des Stadtrates haben unter Abwägung bestimmter Kriterien über formale Abläufe hinweg die Entscheidung so gesehen und sich verantwortungsvoll mit der Problematik befasst", lautete das Fazit des Bürgermeisters.

Das sah Oliver Kröner aber ganz anders, der aus vielen Stellungnahmen die Fragwürdigkeit des nachträglichen Genehmigungsverfahrens herauslas. So ergriff er Partei für die Forderung des Bund Naturschutz, wonach für das Streichen der Naturparkzone an anderer Stelle Ausgleich geschaffen werden muss.

Dafür sah aber selbst Jürgen Hennemann (SPD) keine Möglichkeiten. "Wir haben ja fast nur noch Flächen, die sowieso schon im Naturpark liegen." Bürgermeister Herrmann kürzte das Verfahren ab: "Ich wollte dagegen sprechen, aber wir können die Einwendung auch gleich ablehnen."

Bedenken im Planungsverband

So ließ sich Kröner aber nicht abspeisen. Er verwies auf die Kritik in den Stellungnahmen des Landesamtes für Denkmalpflege wegen der Frickendorfer Brücke wie auch die Vorwürfe, die Kreisheimatpfleger Günter Lipp, in Frickendorf wohnhaft, erhob.

Und noch einen "Kronzeugen" führte Kröner an. Ausgerechnet Landrat Rudolf Handwerker, der eine Stellungnahme des Regionalen Planungsverbandes Main-Rhön unterschrieben hatte. Darin heißt es zwei Mal wortwörtlich, dass gegen die Bauleitplanung Bedenken bestehen .
Was Bürgermeister Herrmann nicht anficht: "Wir haben die Interessen unserer Menschen berücksichtigt und das war richtig."

Verfahrensfehler eingestanden

Es sei zwar richtig, dass Baugenehmigungen aus einer Bauleitplanung heraus erteilt werden sollten, aber: "Im richtigen Leben geht's manchmal halt auch anders, weil's sinnvoller ist. Das praktiziert sogar der Bund Naturschutz so", so Herrmann.

Irene Jungnickl sah nicht nur den einen Verstoß: "Seit 20 Jahren gibt es immer wieder so komische Aktionen." Sie blieb zusammen mit Oliver Kröner allerdings die Einzige, die sowohl bei der Änderung des Flächennutzungsplanes wie auch der Aufstellung des Bebauungsplanes dagegen stimmte. 0,5 Prozent Sympathie gab's von Thomas Wagner, der aber nur für eine Vertagung gewesen wäre.