Die SPD gab zum 70. Geburtstag der Bundestags-Vizepräsidentin a.D. Susanne Kastner einen Empfang im Maroldsweisacher Hartlebsaal.
Das "Mädla vom Lande" hat sich schon lange vor Einführung der Frauenquote bis an die Spitze des Bundestags und der Bundes-SPD hochgearbeitet: Die Lebensleistung von Susanne Kastner wurde am gestrigen Sonntag zum 70. Geburtstag von vielen Rednern gewürdigt. Und dies mit Humor und Feinsinn, was vor allem an der launigen Laudatio des Sander Bürgermeisters Bernhard Ruß lag, der etliche Anekdoten und SPD-Interna auftischte. Unter die SPD-Größen hatte sich ein "Schwarzer" gemischt: Auch Landrat Wilhelm Schneider geizte nicht mit Lob.
Erst hatte sie - am Samstag in der Kellerburg - im Kreis der Familie gefeiert (bis 3 Uhr), und wenige Stunden später ging's im Kreis der SPD-Familie im Hartleb-Saal auch vertraut zu. Dorthin hatte der SPD-Ortsverein eingeladen, ohne die Chefin zu fragen, denn Susanne Kastner führt die Basis-Vereinigung (wieder). Auch beim Geschenk hatte sei kein Mitspracherecht. Wegen Klagen über die Belastungen durch die Gartenarbeit gab's von ihren Stellvertretern Doris Pressel und Herbert Baum einen Gutschein für einen Gärtner.
Doch damit nicht genug mit dem Hobbygärtnern. Bernhard Ruß sprach auch an, dass ihr mit der Verleihung einer Ehrenbürgerschaft in Rumänien aufgrund ihrer Verdienst um die Rumänien-Soforthilfe dort auch ein Acker zugefallen ist. "Vielleicht kümmerst Du Dich erst um Deinen Garten und dann um den Acker."
Denn dass es bei Susanne Kastner um eine "Kümmererin" handelt, machte Ruß an vielen Beispielen deutlich: Auf Gemeinde- und auf Kreisebene, im Wahlkreis und auf Bundesebene und bis nach Rumänien.
Als Förderer Kastners benannte der Laudator Heiner Schneier und Altbürgermeister Ottomar Welz. So habe Schneider 1973 bei der Pfarrers-Einführung die SPD-affine Gattin angesprochen, die sich danach "mit viel Fleiß und Energie auf die "Ochsentour innerhalb der Partei" machte. So schaffte es "das Mädla", so O. Welz, schon 1976 als erste Frau den Sprung in den Marktgemeinderat. "In Sand hat das bis 1990 gedauert", so Bernhard Ruß.
1987 rangierte die Jubilarin bei der Bundestagswahl auf Rang 25 der Landesliste, was "bis Mitternacht auch gereicht hatte, weswegen das Bier in Strömen floss".
Der Gerstensaft war am Morgen schal, weil durch das schlechte Abschneiden der SPD in den Großstädten der 25. Listenplatz plötzlich nicht mehr reichte. Letztlich gelang der Sprung als Nachrückerin 1989 doch, wobei der erste Auftritt vor der Bundespresse beinahe zur Bauchlandung geführt hätte. Die Stöckelschuhe waren schuld. "Doch selbst ein Sturz hätte Deine Karriere nicht mehr verhindert, getreu Deinem Motto: Man muss einmal mehr aufstehen als man hinfällt", so Ruß.
Nachfolgerin Sabine Dittmar verwies auf die "großen Spuren, die Susanne in Berlin hinterlassen hat" - wörtlich: "Meinen Bundestagswahlkreis Bad Kissingen kennen die wenigsten. Aber wenn ich sage, dass ich die Nachfolgerin von Susanne bin, wissen alle, wo ich herkomme. Sie ist heute noch eine Institution in Berlin."
Die Bundestagsabgeordnete aus Maßbach erinnerte sich an den ersten Kontakt mit Kastner: "Die Schlagzeile 'Religionslehrerin will in den Bundestag' bleibt mir unvergessen. Das war zu einer Zeit, als am Wahlsonntag noch ein Hirtenbrief in den Kirchen verlesen wurde."
In SPD-Fraktion geachtet
Dass sie es zum "Schwergewicht in der SPD geschafft hat", erlebte auch Landrat Wilhelm Schneider (CSU) am Rande der Beerdigung von Johannes Rau, da er von der SPD-Bundestagsfraktion eingeladen war. "Wir sind nicht Andersgläubige, sondern als Gläubige an die demokratische Sache vereint, auch wenn das zu Wahlkampfzeiten manchmal etwas anders klingt."
Bürgermeister Wolfram Thein stellte heraus, dass sich Kastner in Männerdomänen behauptet habe, und Unterbezirksvorsitzender Matthias Kihn attestierte seiner Vor-Vorgängerin eine "stets angenehme Zusammenarbeit".