Die Schleuse Ottendorf erhielt eine 1,1-Millionen-Euro-Erneuerung. Am Montag setzte der Montagetrupp der Rendsburger Werft vier nagelneue Schleusentore ein.
Gewaltige Kaliber. Je 35 Tonnen, zwölf Meter hoch, hängen an den Ketten. Schweben sanft an ihren jeweiligen Platz im Mittel- und im Unterhaupt der Schleuse.
Hochstimmung in der Luft. Tore fliegen nicht alle Tage. Fasziniert von den Arbeiten ist nicht nur der Pressesprecher des Wasser- und Schifffahrtsamts Schweinfurt (WSA), Helko Fröhner. Auch der Haßfurter Dienststellenleiter Michael Bruns, seit 22 Jahren zuständig für die WSA-Einrichtungen am Main zwischen Viereth und Ottendorf, und Michael Gessner, Bauaufsicht vor Ort, widmen dem Koloss am Haken mehr als ein paar Minuten ihrer Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt tragen diese Beiden die Verantwortung dafür, dass nichts passiert.
Weiträumiges Schleusengelände
Mit dem Dienstfahrrad ist Gessner so gut wie überall präsent.
Ob im Schleusenwärterhaus, wo die Pläne liegen, oder schnell mal an den Toren mainabwärts, wo die silbern schimmernden Bolzen mit giftgrünem Fett in die Halslager getrieben werden.
Vor einigen Tagen hat der 300-Tonnen-Kran die Schleusentore, Baujahr 1960, aus ihren Lagern gehoben. Der einst gute deutsche Stahl trägt Rostflecken. Er ist oft geflickt worden. Schließlich, wie bei einem alten Auto, traten nebenan gleich wieder Haarrisse auf, und so haben die Tore endlich ausgedient. Materialermüdung, sagt Bruns. Immerhin: Ein bewegliches Eisenteil im Wasser - Korrosion pur. Der man früher mit Speziallackierung entgegen wirkte.
Entsorgung nach Plan
Und deswegen müssen die alten Tore nun in eine Spezialfirma nach Aschaffenburg, wo sie geschreddert und geschmolzen werden. Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (Pak) und Asbest fangen die Verbrennungsfilter auf. Die Entsorgung wird haarklein dokumentiert.
Die Faltwerk-Schleusentore sehen dagegen fast unverschämt edel aus in ihrem dreifachen mattschwarzen Korrosionsschutz - lange nicht mehr so giftig, wie der von einst. Per Schiff hat man Batmans Spielzeug von der Rendsburger Werft hergebracht. "Bringt mir da keine Kratzer drauf", frotzelt Bruns, die Stahlbauer aus Schleswig-Holstein lachen. Den Westfalen verstehen sie. Zum zehnten Mal montieren die Männer hier am Main Tore. Kaltgewalzt, liebevoll in Form gefaltet.
Einem vollbeladenen Schiff könnten sie nicht standhalten, meint Michael Gessner, "aber dafür könnten wir die Tore umsetzen". Sie sind baugleich. Im Schadensfall wäre die Schleuse in einer Woche wieder fit.
Ein dünnes Seil genügt, um so ein tonnenschweres Stück zu dirigieren - immer schön langsam. Nicht, dass einer zerquetscht wird. Oder einer in die Schleusenkammer fällt. Ohne Sicherungsgeschirr darf keiner den Schraubenschlüssel schwingen.
Oben steht Thomas Timm, Dirigent mit Sprechgerät, unten Sohn Christian mit der Wasserwaage. Das Tor darf sich nicht verkanten. "Die Enkel arbeiten auch schon in der Werft!", sagt Timm und lacht für einen kurzen Moment, bevor seine Aufmerksamkeit wieder ganz der Aufgabe gilt, das Trumm einzusetzen.
Unten muss das Spurlager in den Torpilz am Boden; oben müssen die Halslager verbunden werden. Das sind Bolzen! "100 Millimeter", meint Schlosser Gessner vielsagend und erklärt die fünf wichtigsten Teile eines Schleusentors: Torpilz unten, Torknaggen am Rand (leiten Druckkräfte in die Seitenmauer ab), oben die Halslager, dann Tor antriebszapfen, die mit den Torantriebszylindern (Schubstangen) verbunden werden, schließlich der Dichtgummi: PE-Streifen, die mit hunderten von Schrauben fixiert und in Handarbeit in Form gehobelt werden. Da geht dann für lange Zeit kein Tropfen mehr durch.