Vereinsarbeit wird zum Kraftakt am Schreibtisch

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Hannelore Körner, Kassier beim mittlerweile größten Verein im Landkreis, dem TV Ebern, weiß aus Erfahrung, wie viele Veränderungen sich im Verlauf eines Jahres in der Mitgliederstatistik ergeben. Fotos: Ralf Kestel
Hannelore Körner, Kassier beim mittlerweile größten Verein im Landkreis, dem TV Ebern, weiß aus Erfahrung, wie viele Veränderungen sich im Verlauf eines Jahres in der Mitgliederstatistik ergeben. Fotos: Ralf Kestel
Jürgen Wagner zeigte den künftigen Überweisungsträger ...
Jürgen Wagner zeigte den künftigen Überweisungsträger ...
 
... und den Gültigkeitsbereich im Euro-Raum.
... und den Gültigkeitsbereich im Euro-Raum.
 
Majkel Schäfer stellte ein Mitgliederverwaltungs-Programm vor, das Hilfestellungen bietet.
Majkel Schäfer stellte ein Mitgliederverwaltungs-Programm vor, das Hilfestellungen bietet.
 
Über 200 Vereinsvertreter waren in den überfüllten Pfarrsaal gekommen. 50 weitere stehen schon auf einer Vormerkliste für die nächste Informationsveranstaltung im September.
Über 200 Vereinsvertreter waren in den überfüllten Pfarrsaal gekommen. 50 weitere stehen schon auf einer Vormerkliste für die nächste Informationsveranstaltung im September.
 

Der Einzug der Jahresbeiträge wird für Vereine künftig viel komplizierter, wie über 200 Funktionäre bei einer Informationsveranstaltung in Pfarrweisach erfuhren. Die Kassiere bekommen mehr Arbeit - und Prozesshanserln mehr Möglichkeiten.

Die EU-Bürokratie schockt den deutschen Vereinsmeier. Lange Gesichter gab es scharenweise am Montagabend im Pfarrweisacher Pfarrsaal. "IBAN, der Schreckliche" schockte über 200 Kassiere, Vorsitzende und Schatzmeister. Die von Brüssel aus befohlene Umstellung des elektronischen Zahlungsverkehrs mit künftig 22-stelligen Kontonummern macht auch vor Vereinszimmern nicht halt. Im Gegenteil. Fast wurden schon die Zeiten heraufbeschworen, da der Vereinskassier mit dem Fahrrad durch die Stadt fuhr und den Beitrag persönlich an der Haustür abholte.

Denn: Die ehrenamtlich geführten Gruppierungen werden behandelt wie Firmen mit einem ganzen Stab an Buchhaltern. Von der Anstellung eines hauptamtlichen Geschäftsführers in Vereinen war bei einer Informationsveranstaltung der Raiffeisen-Volksbank zwar nichts zu hören, aber eine gehörige Frust war spürbar.
"Ich muss noch ein Jahr machen, aber hab' schon meine Tochter dabei, dass die sich darum kümmert", bekannte beispielsweise der Vorsitzende des Vfl Untermerzbach, Hermann Suckert. Eine Vereinfachung hat sich Bruno Schorn vom Ibinder Heimtverein zurecht gelegt: "Wir haben einen Jahresbeitrag von nur acht Euro. Dann ziehen wir eben 80 Euro auf einmal ein und haben für zehn Jahre unsere Ruhe", scherzte Schorn.

Die Horrorformel heißt SEPA, eine Abkürzung, die für ein noch größeres Wörter-Ungeheuer steht: Single-Euro-Payments-Area. Ab. 1. Februar 2014 hat diese europaweite Vereinheitlichung des Zahlungsverkehrs für alle Firmen und eben auch Vereine Gültigkeit. "Wer dann noch mit seiner alten Diskette zur Bank kommt, um den Jahresbeitrag einziehen zu lassen, wird ein langes Gesicht machen, weil er unverrichteter Dinge wieder heim geschickt wird", machte Jürgen Wagner von der DZ-Bank in Nürnberg, deutlich.

Gruß nach Mallorca

Der gebürtige Bamberger, selbst in mehreren Vereinen aktiv, präsentierte sich als Kenner der Materie und nahm die Banken in Schutz: "Das kommt nicht von uns, sondern ist eine Erfindung der Europäischen Kommission." Der Zahlungsverkehr innerhalb Europas soll damit auf eine Basis gestellt werden. "Wer nur in Deutschland aktiv ist, wie bei Vereinen meist üblich, hat davon gar nix, außer Arbeit." Einen Vorteil erkannte Wagner dann aber doch: "Wenn sich ein passives Mitglied nach Mallorca verabschiedet, können sie den Beitrag auch dort von seinem Konto abbuchen."

Dies aber nur, wenn mehrere Bedingungen erfüllt sind, die es in sich haben: So muss sich jeder Verein zunächst bei der Bundesbank registrieren lassen und dort eine Gläubiger-TAN anfordern. "Das geht vergleichsweise schnell und unbürokratisch, sollte aber zügig passieren, denn 400.000 Vereine haben es noch nicht getan, und es darf befürchtet werden, dass es kurz vor Toresschluss zu einem Ansturm kommen wird."

Dann aber wird's richtig happig. Lastschriften in bekannter Weise haben ausgedient. "Das ist typisch für Bürokraten. Bisher waren in Europa acht verschiedene Verfahren üblich. Aber es wurde nicht der kleinste gemeinsame Nenner gesucht, sondern das größte gemeinsame Vielfache. Wenn ich da an die angestrebte Entbürokratisierung auf EU-Ebene denke, schließe ich unseren ehemaligen Ministerpräsidenten Stoiber stets in mein Nachtgebet ein."

Sechs Tage vor der Fälligkeit

Das Problem für Vereine versteckt sich auch hinter einer englischen Verniedlichung: SEPA Core Direct Debit. Was fast nur Anglisten verstehen, beschreibt das Procedere, wie künftig der Beitragseinzug ablaufen muss: Die entsprechenden, neuen Datensätzen müssen jeweils mindestens sechs Tage vor der Fälligkeit an die Bank übertragen werden. Zuvor aber müssen sämtliche Mitglieder rechtzeitig informiert werden, wann und wie ihr Konto belastet wird. "Das soll für Rechtssicherheit und Verbraucherschutz sorgen. Bei braven Mitgliedern ist das kein Problem", so Jürgen Wagner. Bei Prozesshanserln aber doch.

Diese Vorabinformation der Mitglieder hält Hannelore Körner, Kassier beim mittlerweile mitgliederstärksten Verein im Landkreis, dem TV Ebern, für "kaum machbar". Bei 1300 Mitgliedern weiß sie, wie viele Veränderungen sich im Verlauf eines Jahres ergeben: "Zig-Dutzende".

Erfahrungen aus der Praxis

Beispielsweise , wenn sich die Beitragssätze wegen des Überschreitens einer Altersgrenze ändern. "Dann müssen wir jeden einzeln informieren, um uns das so genannte Mandat zur Kontobelastung abzuholen. Wer soll das denn machen?", fragte die TV-Kassiererin, die ihren Posten eigentlich schon zur Verfügung gestellt hat. "Wir hatten bisher keine Mitgliedsnummern, müssen die wegen dieser komischen Vorabmitteilung zum Einzug des nächsten Jahresbeitrages machen."

Den Vereinen würden immer mehr rechtliche Paragrafenvorgaben übergestülpt. "Bei den meisten Mitgliedern ist das ja kein Problem, aber es gibt auch Experten." Der Verein habe sich dazu schon ein komplett neues Mitgliederverwaltungs-Programm gekauft.

Durch ihre Tätigkeit bei der Arbeiterwohlfahrt sieht Hannelore Körner noch größere Probleme nahen: "Bei bis zu 300 Kinder-Essen am Tag werden jeden Monat ganz unterschiedliche Beträge fällig. Die müssen den Kontoinhabern dann voher mit einer Frist von über sechs Tagen mitgeteilt werden, damit die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden."

Info über Kontoauszug als Alternative

Probleme, die auch Jürgen Wagner eingestand. "Wenn jedes Mitglied vor dem Beitragseinzug angeschrieben wird, besteht oft die Gefahr, dass einem solchen Brief die Austrittserklärung folgt." Als Alternative biete sich die entsprechende Info über einen Kontoauszug des Mitglieds an.

Drei Gewinner hat der Referent bei der anstehenden Umstellung schon ausgemacht: Post, Rechtsanwälte und Verbraucherschützer. Eine vierte Klientel fügte Bankdirektor Christian Senff hinzu: Druckereien. "Ändern sie möglichst schnell Ihre Briefköpfe, die die IBAN ihres Vereins und das BIC-System ausweist, denn sonst können Ihnen Firmen auch nichts mehr spenden. So schlimm es klingt, die Arbeit bleibt an Ihnen hängen."

Computer-Programme helfen

Erleichterung bieten soll dabei ein Mitgliederverwaltungsprogramm, das Majkel Schäfer von der gleichnamigen Herstellerfirma vorstellte und das über die Raiffeisenbank kostenlos bezogen werden kann. Dieses Programm bewältige die Umstellung von Bankleitzahl und Kontonummer auf die 22-stellige IBAN für einen gesamten Datensatz binnen weniger Minuten und halte auch die entsprechende individualisierten Anschreiben vor.