Suchtprävention an der Haßfurter Heinrich-Thein-Berufsschule: Süchte sind "Einfach Menschlich"

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Egal ob Alkohol, Medikamente oder Essen: Eine Sucht hat viele Gesichter. Das will die Ausstellung "Einfach Menschlich" aufzeigen.
Egal ob Alkohol, Medikamente oder Essen: Eine Sucht hat viele Gesichter. Das will die Ausstellung "Einfach Menschlich" aufzeigen.
 
 
 
 
 

Die Ausstellung "Einfach Menschlich" will aufzeigen, wie aus Genuss, Belohnung oder Ablenkung eine Sucht werden kann, die das ganze Leben bestimmt.

Suchtprävention wird an der Heinrich-Thein-Berufsschule großgeschrieben. Wegen dieses großen Engagements und weil die derzeit laufende Wanderausstellung "Einfach Menschlich" so besonders ist, hat die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) die Schirmherrschaft und damit die offizielle Eröffnung am Donnerstagvormittag übernommen.

Landrat Wilhelm Schneider (CSU) ging bereits vor dem offiziellen Termin durch die "Ausstellung", die eher ein Erlebnisweg ist - und zeigte sich nachhaltig beeindruckt, "weil man unweigerlich nachdenkt und sich oder Bekannte und ihr Verhalten wieder findet", erklärte er.

Sucht beginnt im Alltag

Schulleiterin Heidrun Görtler stellte fest, dass Sucht meist in Alltagssituationen beginnt. Die Liste von Suchtverhalten sei lang, wie die Ausstellung zeige. Sie zeige aber auch, wo die Grundlagen gelegt werden. Für Görtler gehört es zum Erziehungsauftrag und zum Qualitätsverständnis der Berufsschule, den Schülern die Möglichkeit zu geben, sich mit diesen Themen auseinander zu setzen.

Ministerin Huml war beeindruckt von dem besonderen Ansatz der Ausstellung, die sich nicht nur an Jugendliche wendet, sondern an Menschen jeden Alters, denn das Thema Sucht sei altersunabhängig. "In der Jugend gibt es jedoch besonders viele Veränderungen, die Suchtverhalten begünstigen", erklärte sie. Es gehe auch nicht darum, Alkohol oder soziale Medien zu verbieten, sondern "zu wissen, wann man Nein sagen sollte - oder im anderen Fall zu wissen, wo man Hilfe bekommt".

Unbedingt forderte sie die anwesenden Schüler auf, dabei auch die Freunde im Auge zu haben, sie anzusprechen, auch wenn das ein sehr sensibles Thema sei. Huml bezeichnete es als eine der wichtigsten Aufgaben der gesamten Gesellschaft, junge Menschen stark zu machen. Sie dankte der Heinrich-Thein-Schule dafür, dass sie hier einen Schwerpunkt setzt.

Den Landrat beeindruckte an der Ausstellung, dass die schleichenden Übergänge deutlich werden, denn die Frage, was noch Genuss ist und wann etwas ein Problem wird, "das begleitet einen durch das ganze Leben".

Die AOK ist seit einigen Jahren Förderer des Vereins "Suchtprävention und Genesung", der die Ausstellung konzipiert hat und damit seit 20 Jahren unterwegs ist. Das Projekt sei mit seinem besonderen Ansatz als förderwürdig befunden worden, erklärte der Landrat, denn es gebe einen tiefen Blick in die Zusammenhänge und die Ausdrucksformen süchtigen Verhaltens vom Alkohol bis zur Handy- oder Arbeitssucht.

Mit 100 Betroffenen entwickelt

Freia von Hennigs hat die Ausstellung mitentwickelt und begleitet sie. Entwickelt wurde sie mit hundert Betroffenen. Vermutlich deshalb zieht sie die Besucher so in ihren Bann. Auch Schüler, die zur Ausstellung kommen, weil sie müssen, fühlten sich sehr schnell angesprochen.

Das erklärte auch Schüler Oliver Fuchs, der vor der Eröffnung mit seiner Klasse teilgenommen hatte: "So kann das ein Lehrer nie rüberbringen", erklärte er und dankte im Namen seiner Mitschüler, dass "hier an der Schule so etwas möglich ist". Dieser Effekt trete immer ein, erklärte Hennigs: "Sucht hat viel mit Lebensbewältigung zu tun . Und wir alle haben unsere Krisen." An Krisen könne man wachsen oder scheitern. "Sucht ist ein mögliches Resultat des Lebens. Quasi ein Erkranken am Leben. Aber auf keinen Fall das individuelle Versagen eines schwachen Menschen", warnte sie vor Vorverurteilungen.

Wichtig sei aufzuzeigen, dass ein selbstbestimmtes Leben es ermöglicht, diesen Weg wieder zu verlassen. Die Spirale der Sucht in der Ausstellung zeigt, wie man Autonomie verliert, aber dennoch Wahlmöglichkeiten bestehen, auch wenn es schwieriger wird, sie zu erkennen.