Starkes Netzwerk für den Tierschutz im Landkreis Haßberge

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Es dauerte etwas, bis diese Katzenfamilie ihre Scheu überwunden hatte und die Sessel bei Renate Rottmann in Besitz nahm. Foto: Rottmann
Es dauerte etwas, bis diese Katzenfamilie ihre Scheu überwunden hatte und die Sessel bei Renate Rottmann in Besitz nahm. Foto: Rottmann
Renate Rottmann Foto: Hohenberger
Renate Rottmann Foto: Hohenberger
 
Susanne Rachul Foto: Hohenberger
Susanne Rachul Foto: Hohenberger
 
Am Anfang suchte sich die scheue Katzenfamilie ihr Ruheplätzchen in zwei Eimern.  Foto: Rottmann
Am Anfang suchte sich die scheue Katzenfamilie ihr Ruheplätzchen in zwei Eimern.  Foto: Rottmann
 
Mittlerweile ist Artos gar nicht mehr scheu, vielmehr nutzt er den prächtigen Katzenbaum. Foto: Rottmann
Mittlerweile ist Artos gar nicht mehr scheu, vielmehr nutzt er den prächtigen Katzenbaum. Foto: Rottmann
 
Katerchen Artos war, als er in die Pflege zu Renate Rottmann kam, erst einmal eine Weile unsichtbar. Mehr aus Zufall kam sie darauf, dass der Bursche sich im kalten Kaminofen ein Plätzchen gesucht hatte. Foto: Rottmann
Katerchen Artos war, als er in die Pflege zu Renate Rottmann kam, erst einmal eine Weile unsichtbar. Mehr aus Zufall kam sie darauf, dass der Bursche sich im kalten Kaminofen ein Plätzchen gesucht hatte. Foto: Rottmann
 
Renate Rottmann sitzt am Computer und schaut sich die neuesten Posts an: Tierschutz läuft heute zu einem großen Teil auch im Internet. Foto: Hohenberger
Renate Rottmann sitzt am Computer und schaut sich die neuesten Posts an: Tierschutz läuft heute zu einem großen Teil auch im Internet. Foto: Hohenberger
 

Neue Wege nutzt die Tierhilfe Schweinfurt. Sie hat sich über das Internet Kontakte bis in den Landkreis Haßberge aufgebaut. Fünf Pflegestellen nehmen hier Katzen auf, so wie Renate Rottmann in Oberschleichach.

Wenn ihr jemand noch vor einem guten halben Jahr gesagt hätte, sie würde einmal Facebook nutzen, hätte sie spontan reagiert mit "so ein Quatsch!" Heute sieht Renate Rottmann das ein bisschen anders. Denn über das soziale Netzwerk steht sie in regem Kontakt mit ihren Mitstreitern von der Tierhilfe Schweinfurt.

Dieser Verein existiert seit gut 30 Jahren, seit neun Jahren engagiert sich dort Susanne Rachul. Sie hat im Katzenhaus des Vereins in Dingolshausen ihre Samstage und Sonntage verbracht. Doch der alte Vorstand war in die Jahre gekommen, mit dem Katzenhaus gab es finanzielle Probleme, ein Neuanfang stand bevor. Und er ist gelungen.

Denn die neue Vorsitzende Katrin Pfister (26) geht in der Vereinsarbeit neue Wege und öffnet damit Türen zu Menschen, die sich gerne flexibel für den Tierschutz, hier speziell für Katzen, einsetzen. Bei aktuellen Problemen verständigt man sich kurz und schnell über Facebook. Wichtiges, das allen zur Verfügung stehen sollte, finden die Mitglieder in der Cloud. Per Google Doodle macht man regelmäßige Treffen aus.


Vielseitige Arbeit

Jeder kann nachvollziehen, wie die Vereinsarbeit läuft, jeder kann sehen, wohin welche Katze gegeben wurde. In der Verwaltung engagieren sich diejenigen, die gerne eine Katze pflegen würden, aber zuhause die Möglichkeit dazu nicht haben. "Jeder kann sein Talent mit einbringen", erzählt Renate Rottmann von der Vereinsarbeit, deren Transparenz sie begeistert und beeindruckt. Die einen gestalten Weihnachtspostkarten und den Flyer, die anderen kümmern sich um Futterspende-Boxen in Geschäften oder die Wunschzettel-Aktion bei Amazon. Oder betreuen die Streunerfutterstellen im Umkreis von 50 Kilometern von Schweinfurt - eine Möglichkeit, an die wilden Katzen zu gelangen, um sie kastrieren zu können.

Die Tierhilfe kommt mit allen anderen Tierschutzorganisationen klar und pflegt freundschaftliche Kontakte. "Wir arbeiten mit allen gut zusammen", betont Susanne Rachul. Zuletzt waren bei einem Seminar über Tierrecht in Zeil 30 Tierschützer dabei. Das Seminar hatte die Tierhilfe organisiert, weil man sich speziell über Kastrationsaktionen genauer informieren wollte: Darf man Katzen kastrieren, wenn derjenige, der die Tiere füttert, das nicht möchte?

Immerhin kostet eine Kastration bei einem Kater etwa 60 Euro, bei einer Katze das Doppelte. Geld, das die Tierhilfe Schweinfurt über ihre Vereinsarbeit und Spenden zusammenbringt.

Die Kastraktionsaktionen bilden neben der Betreuung und Vermittlung den Schwerpunkt der Arbeit. 53 Samtpfoten konnten 2014 alleine im Landkreis Haßberge kastriert werden, über 300 Tiere konnte der Verein, der aktuell 20 Pflegestellen hat - fünf davon im Landkreis Haßberge -, aufnehmen und die meisten von ihnen weitervermitteln.


Großer Helferkreis

Eine stolze Zahl. Die sich auch dadurch erklärt, dass Katzenkinder oft nicht an den Freigang gewöhnt sind und sich damit gut als Wohnungskatzen vermitteln lassen. Weil die Tierhilfe Schweinfurt leicht über Facebook erreicht werden kann, erfahren die Helfer öfters durch ein gepostetes Bild, wie es ihren früheren Schützlingen nun geht. Die vorgeschriebenen Vor- und Nachkontrollen sind auch bei weiteren Entfernungen kein unlösbares Problem: Im sozialen Netz gibt es einen großen Kreis von Helfern, die einen solchen Besuch auch einmal etwa in Gießen übernehmen.

Tierschutz kann über spezielle Vermittlungsportale die Vorzüge der digitalen Welt nutzen, ein wichtiger Bereich der Arbeit allerdings ist nach wie vor ganz handfest vor der eigenen Haustüre zu erledigen. Etwa die Überzeugungsarbeit, wenn es im Dorf darum geht, die wilden und oft kranken Katzen zu kastrieren und zu behandeln. Rottmann hat einen Draht für die Menschen auf dem Land; sie weiß, dass man da gerne ausweicht - selbst wenn es kein Geld kostet. Schließlich fangen die wilden Katzen die Mäuse weg.

Doch ab und zu ein bisschen Milch aus dem Stall und Mäuse alleine, das reicht nicht aus, damit Katzen gut versorgt und robust sind. Nässe und Kälte tun ein übriges, und so werden sie krank, haben Flöhe und Würmer. Wilde erwachsene Katzen können zu einem Teil damit leben, doch ihre Jungen tragen etwa bei einem Katzenschnupfen bleibende Schäden davon. Die Entzündungen zerstören die Augen und die Zunge, ein überaus schmerzhafter Prozess. Das Katzenleid sieht man nicht, denn kranke Katzen ziehen sich zurück, kommen höchstens zum Füttern an die Futterstelle.


Oft ist Diplomatie gefragt

Renate Rottmann traut sich, Katzenhalter anzusprechen. Mit viel Freundlichkeit, einem offenen Wesen und Diplomatie. "Oft muss ich mehrmals hingehen", meint sie, "man muss den Leuten die Zeit geben, dass es tickert". Sie setzte schon mehrfach einen Prozess in Gang, an dessen Ende, wie sie schildert, dann Erleichterung steht: Man hat das Katzenelend bemerkt, aber verdrängt. Und mit der Tierhilfe wurde die Sache endlich gut gelöst.
Eine Geschichte macht deutlich, welche Beweggründe noch im Spiel sind. Die ersten Katzen waren bei einer Kastrationsaktion problemlos in die Fallen gegangen, doch dann keine mehr. Warum? Der Opa hatte die Fallen manipuliert. Erst als ihm versichert wurde, dass er, wenn er wieder Mäusefänger bräuchte, wieder Katzen von der Tierhilfe vermittelt bekäme, hörte er damit auf. Alle Katzen konnten kastriert werden.

Ob Hofheim, Römershofen, Zeil oder Schindelsee, Katzenelend gibt es flächendeckend, ein Grund, warum die Tierhilfe wie alle anderen Tierschutz-Initiativen vehement für eine Katzenschutzverordnung eintritt. Eine solche wäre auch im Landkreis Haßberge überfällig. Doch bislang hat man sich nur im Norden Deutschlands zu solch einer Regelung durchringen können.

Und so gibt es für Renate Rottmann weiterhin ausgefüllte Abendstunden, die ihrem Ehemann Leo den Kommentar entlocken, "ach, die Katzen schon wieder...". Denn dann ist sie im sozialen Netzwerk unterwegs und stellt ihre Pflegekatzen in Internet-Vermittlungsportale oder auf die Vereinsseite.