Zoff um die Zähler - BEV-Urteil gegen den ESC Haßfurt

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Haben das Recht auf freie Arbeitsplatzwahl - laut BEV aber nicht im Eishockeysport: Michal Babkovic (links) und Jakub Sramek Foto: Ralf Naumann
Haben das Recht auf freie Arbeitsplatzwahl - laut BEV aber nicht im Eishockeysport: Michal Babkovic (links) und Jakub Sramek  Foto: Ralf Naumann

Der ESC Haßfurt verliert seine Punkte in der Verzahnungsrunde - vorerst. Sprecher Andreas Kurz bleibt jedoch gelassen.

Was ist der 5:4-Sieg der Haßfurt Hawks gegen Schongau wert? Momentan null Punkte, wenn es nach nach dem Bayerischen Eissport-Verband (BEV) geht. Nachdem der Eishockey-Landesligist ESC Haßfurt mit Jakub Sramek, Jan Trübenekr, Daniel Hora und Michal Babkovic mit vier statt der zwei erlaubten Kontingentspieler angetreten ist, hat der Verband seine Drohung wahr gemacht. Die Partie wird 5:0 für den Gegner gewertet. Dadurch steht Haßfurt in der Verzahnungsrunde C auf dem letzten Tabellenplatz.

"Mit dem Punktabzug habe ich ehrlich gesagt gerechnet", sagt ESC-Gesamtvorstandssprecher Andreas Kurz nach der schriftlichen Mitteilung des BEV, die am späten Dienstagabend eintrudelte. Die Entscheidung sei für ihn "nicht überraschend." Tatsache ist, dass der ESC Haßfurt bei den Partien gegen Schongau (5:4-Erfolg) und bei der 7:10-Niederlage in Kempten gegen die BEV-Durchführungsbestimmungen verstoßen hat.

Auch der ESV Burgau, der neben dem ESV Waldkirchen (nicht für die Verzahnungsrunde qualifiziert) und den Hawks die freiwillige Selbstbeschränkung auf den Einsatz von nur zwei transferkartenpflichtigen Spielern vor Saisonbeginn nicht unterschrieben hat, erhielt ein Fax. Beim 5:1-Sieg gegen den EV Moosburg standen fünf ihrer sechs Ausländer auf dem Eis. Auch diese Partie wurde seitens des BEV in ein 0:5 umgewandelt. Bei ihrer 1:5-Auftaktniederlage in Pegnitz haben sie dagegen noch auf vier Kontingentspieler verzichtet.

"Die Situation, die wir uns nicht gewünscht haben, ist eingetreten. Uns allen ist es am liebsten, wenn sportliche Entscheidungen auf dem Eis ausgetragen werden", sagt Frank Butz, Eishockey-Obmann des BEV.

ESC beauftragt Kanzlei

Bereits im Vorfeld haben die betroffenen Vereine für diesen Fall einen Einspruch ankündigt. "Jetzt werden wir gerichtlich dagegen vorgehen", sagt Andreas Kurz und bleibt dabei gelassen. "Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die Vorgaben rechtlich nicht haltbar sind", sagt er und verweist auf die EU-Vorgaben. Schon Anfang Dezember habe die vom ESC Haßfurt beauftragte Kanzlei die Durchführungsbestimmungen auf ihre rechtliche Belastbarkeit geprüft und dem Verband mitgeteilt, welche Passagen der Prüfung höchstwahrscheinlich nicht standhalten.

Daraufhin wurde der BEV laut Kurz gebeten, diese Passagen zu ändern oder zu streichen. "Passiert ist nichts", erklärt der 49-Jährige und verweist nochmals auf die Entscheidung des ständigen Schiedsgerichtes des Deutschen Eishockeybundes (DEB) von 2016. Damals wurde die Begrenzung von EU-Bürgern gekippt und auch der BEV aufgefordert, die Durchführungsbestimmungen zu ändern. "Das hat ja die letzten eineinhalb Jahre auch funktioniert. Warum soll ein solches Urteil nun nicht mehr zählen?", fragt Kurz.

Doch der Verband bleibt hart: "Haßfurt darf weiter antreten, ein Ausschluss steht nicht zur Debatte. Sollten mehr als zwei transferkartenpflichtige Spieler pro Spiel eingesetzt werden, werden die Spiele aber weiterhin für den Gegner gewertet", sagt Butz. "Das EU-Recht garantiert die freie Wahl des Arbeitsplatzes innnerhalb der EU. Aber wir sprechen von einer Eishockey-Amateurliga. Das soll ein Arbeitsplatz sein? Dann muss ich fragen: Werden die Spieler als Berufsspieler bezahlt? Das wäre ein klarer Verstoß gegen die Richtlinien. Der BEV lässt maximal einen Berufsspieler zu."

Jakub Sramek, Jan Trübenekr, Daniel Hora und Michal Babkovic leben nicht nur im Haßbergkreis, um beim ESC Eishockey zu spielen. Die drei Tschechen und der Slowake sind bei verschiedenen Firmen im Kreis berufstätig, haben Kontakte gefunden und bringen sich im Verein ein.

Wie geht es für den ESC Haßfurt weiter? "Wir werden, je nach Ausgang des Verfahrens, von Spiel zu Spiel entscheiden, wie viele unserer Jungs auflaufen werden", sagt Kurz. Bis eine endgültige Entscheidung getroffen wird, sind alle Angaben "ohne Gewähr" zu genießen. Punkte, die dem ESC nicht gutgeschrieben werden, könnten durch eine richterliche Entscheidung später wieder auf dem Haßfurter Konto landen. Eine für alle Eishockey-Fans untragbare Situation.

So sehen es die Eishockey-Nachbarn des ESC:

Michael Rosin, Vorsitzender EC Bad Kissingen: "Die Bestimmungen sind eindeutig. Ob sie rechtmäßig sind, müssen Gerichte entscheiden. Wir haben gute Kontakte zu Haßfurt, in der Jugend haben wir eine Spielgemeinschaft. Ich kann beide Seiten verstehen. Ob es aber sinnvoll ist, ausrangierte DEL-Spieler einzusetzen und gleichzeitig EU-Bürgern das Spielrecht zu verwähren, ist fraglich. Brauchbare Lösungen müssen her. Nicht nur im bayerischen, sondern im deutschen Eishockey."

Sergei Chevalier, Vorsitzender ERV Schweinfurt: "Ich kann verstehen, dass Haßfurt weiterhin mit vier Kontingentspielern aufläuft. Sie sollen es meiner Meinung nach auch probieren. Ich bin kein Freund dieser Beschränkung, so etwas sollte man jedem Verein selbst überlassen. Ich wäre der erste, der sagt: Hebt diese bescheuerte Regel auf! Welcher deutsche Spieler wechselt schon freiwillig in den Norden Bayerns? Andererseits habe ich auch Verständnis für den Verband. Wenn man sich vor Saisonbeginn selbst Regeln auferlegt, sollte man sie auch durchsetzen. Da muss der BEV jetzt konsequent bleiben. Trotzdem wünsche ich dem ESC Haßfurt viel Erfolg."

Kommentar von Felix Mock:

Verbote gehören in die Tonne!

Es ist der alte Nord-Süd-Konflikt: In Ober- und Niederbayern gibt's fast so viele Eishallen wie in Franken Fußballplätze. Naja, nicht ganz. Aber dass im Süden genügend Spieler mit dem "richtigen" Pass vorhanden sind, ist klar. Anders in Franken. Sollte ein Oberbayer in den Norden des Freistaats wechseln, lässt er sich das ordentlich bezahlen. Denn Angebote hat er im Süden genauso. Wollen fränkische Vereine im Amateurbereich konkurrenzfähig bleiben, geht es aus wirtschaftlicher Sicht oft nur mit Spielern aus dem EU-Ausland.

Deswegen muss die Sinnfrage gestellt werden: Was will der Verband mit einer Selbstbeschränkung auf zwei Kontingentspieler erreichen? Sicherlich keine tschechischen oder österreichischen Bürger diskriminieren. Die Antwort kann nur lauten: den deutschen Eishockey-Nachwuchs fördern. Wer den Einsatz nichtdeutscher Spieler reglementiert, schafft Kaderplätze für junge deutsche Talente - so die Logik des Verbandes. Doch da verschließt man in München die Augen vor der Realität: Wo der Einsatz von EU-Bürgern nicht erlaubt, das Portemonnaie aber dick genug ist, wird der Kader mit erfahrenen, deutschen Spielern aus den oberen Ligen ausstaffiert. Alles regelkonform, weil deutscher Pass. Mehr Spielzeit verschafft das dem Nachwuchs sicher nicht.

Es wird höchste Zeit, umzudenken - und von der Verbots-Mentalität wegzukommen. Wieso rechtlich fragwürdige Grenzen schaffen, statt aktiv den Nachwuchs einzubinden? Denkbar wäre ein Bonussystem, das den Einsatz im eigenen Verein ausgebildeter Spieler belohnt. Es wäre zumindest ein Anfang. Sowohl im Norden als auch im Süden.